Mülheim. In Mülheims wohl prominentestem Leerstand tut sich was: Das Stadtquartier Schloßstraße wird fünf, offenbar mit neuem Mieter. Eine Zwischenbilanz.
Nach langen Jahren des Ringens um eine Zukunft für das Innenstadt-Filetgrundstück des längst geschlossenen Kaufhofs war es 2019 so weit: Das neue Stadtquartier Schloßstraße war gebaut. Bis heute allerdings gibt es riesige Flächen in einem Teil des Quartiers mit unschönem Leerstand. Jetzt tut sich endlich was.
Die langwierige Suche nach Investoren für das Kaufhof-Areal hatte es seinerzeit in sich. Schließlich taten sich die Wohnungsbaugenossenschaft Mülheimer Wohnungsbau und eine Projektgesellschaft, die getragen wurde von der Fortress Immobilien AG und der GRS Beteiligungen GmbH, beide aus Düsseldorf, zusammen, um den Kaufhof abreißen zu lassen und an Ort und Stelle etwas wuchtig Neues entstehen zu lassen.
Mülheimer Wohnungsbau: Voll vermietet und sehr zufrieden
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Der Mülheimer Wohnungsbau (MWB), dem der Komplex zur Rathaus-Seite hin gehört, konnte seinerzeit schnell vollen Erfolg vermelden: Alles vermietet, teilte die Genossenschaft im Mai 2019 mit. Sie selbst hat sich im Neubau mit ihrer Zentrale niedergelassen. Langfristige Mietverträge gebe es bis heute für die städtische Tourist-Info, die ansässige Pflegestation und die Restaurant-Betriebe „Thema“ und „Mezzomar“, so MWB-Vorstand Frank Esser. Daneben bietet die Genossenschaft betreutes Wohnen in der Immobilie an. Das hat seinen Preis, stößt aber doch auf entsprechende Nachfrage. Im Prinzip könne man hier auch von Vollvermietung sprechen, so Esser - auch wenn frei werdende Wohnungen heute nicht immer sofort neu vergeben werden könnten, weil sich Mieter angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten scheuten, zwei oder drei Monate doppelt Miete zu zahlen bei einem Umzug.
Alles in allem sei die Investition ins Stadtquartier für den MWB „ein erfolgreiches Projekt, es läuft von der Wirtschaftlichkeit her richtig gut“, sagt Esser. Einzig bedauerlich bleibe, dass die Passage zwischen den Bauten, die zur Ruhrbania führt, nicht grüner gestaltet werden könne wegen der Feuerwehr-Aufstellflächen. MWB-Sprecher Andreas Winkler ergänzt, dass sich aber Befürchtungen von Bürgerinnen und Bürgern, hier entstehe ein neuer Angstraum, nicht bestätigt hätten.
Gastronomie-Flächen in 1a-Lage Mülheims seit fünf Jahren verwaist
Nicht bestätigt wurden allerdings die Hoffnungen des Co-Investors Fortress, im anderen Teil des Stadtquartiers ebenfalls attraktive Gastronomie für eine Innenstadt-Belebung ansiedeln zu können. Auch nach fünf Jahren sind zahlreiche Flächen im Erdgeschoss verwaist - und tatsächlich noch im Rohbauzustand, wie ein Blick durch die abgedunkelten Verglasungen zeigt.
Zuletzt waren selbst die Plakate von Maklern aus den Schaufenstern verschwunden, die die Mietflächen provisionsfrei anboten. Kopfschütteln war in der Immobilienszene zu vernehmen, dass die Eigentümerin offenbar nicht einmal daran gedacht hatten, ortsnahe und -kundige Makler mit der Mietersuche zu beauftragen. Nichts mehr deutete darauf hin, dass sich etwas tun sollte. Die Corona-Pandemie hatte sicher auch bremsend gewirkt.
Ab Herbst bekommt Eigentümerin ihre Mietausfälle nicht mehr kompensiert
Vielleicht aber auch eine Regelung beim Weiterverkauf der Immobilie. Als die Patrizia AG (Augsburg) Ende September 2019 den Komplex mit 34.000 Quadratmetern Mietfläche übernahm, sicherte ihr die Vorbesitzerin eine vollständige Mietgarantie für die nächsten fünf Jahre zu. Heißt: Patrizia erhält bis in diesen Herbst hinein für jeden Quadratmter, der leersteht, eine Kompensationszahlung der ehemaligen Eigentümer. „Ein übliches Vorgehen, wenn ein Objekt zum Ankaufszeitpunkt noch nicht voll vermietet ist“, so Patrizia-Sprecherin Simone Wipplinger dazu auf Anfrage dieser Redaktion.
So hatten auch die Anleger, bei denen Immobilieninvestorin Patrizia Geld eingeworben hatte für den Kauf der zwei Drittel vom Stadtquartier, keine Einbußen. Ihnen hatte Patrizia im Publikumsfonds „Die Stadtmitte Mülheim“ einst eine durchschnittliche Verzinsung von jährlich 4,5 Prozent vor Steuern versprochen. Man habe seither „mindestens plangemäß ausgeschüttet“, in Summe liege der Fonds mit insgesamt 23 Prozent Auszahlung sogar leicht oberhalb der Prognose, so die Patrizia-Sprecherin.
Vermieterin des Mülheimer Stadtquartiers kam Mietern in Krisenzeit entgegen
Dass der Fonds gar noch besser performe als geplant, spreche für den Erfolg der Immobilie, zieht Wipplinger den Leerständen zum Trotz nach fast fünf Jahren eine positive Bilanz. Man habe durch aktives Zutun auch die Herausforderungen der Corona-Pandemie und der Energiekrise ohne Mieterverlust bewältigen können. So ist etwa im Jahresabschluss 2020 zu lesen, dass Patrizia unter anderem dem Hotelbetreiber des Holiday Inn umfangreich bei der Miete entgegengekommen ist. Im Gegenzug verpflichtete sich Hotelbetreiberin Tristar zur Verlängerung des Mietvertrages bis 2044.
Das Holiday Inn zählt neben der Alloheim Senioren Residenz, dem Fitnessstudio FitX, Netto und dem Personalamt der Stadt zu den größten Mietern von Patrizia im Stadtquartier. Deren Mietzahlungen machten rund drei Viertel der Einnahmen aus. Weitere Mieter sind etwa eine Apotheke, Netto, ein Nagelstudio und seit geraumer Zeit, nach ihrem Umzug vom Hauptbahnhof, auch die Postbank.
Endlich Vollzug: Italienisches Restaurant soll im Mülheimer Stadtquartier einziehen
Entgegen ihrer Mitteilung vor fünf Jahren, 34.000 Quadratmeter Mietfläche im Stadtquartier zu haben, spricht Patrizia heute nur noch von 22.000 Quadratmetern vermietbarer Fläche. Lediglich drei Prozent davon seien in der Vermarktung, so Wipplinger auf die Frage nach den Leerständen im Erdgeschoss.
Zum fünften Geburtstag kann Patrizia einen Erfolg vermelden. Handwerkerbetrieb am Ende der Passage zeugen aktuell schon davon, dass sich auf der Seite zur Schollenstraße was tut. Tatsächlich ist die Gastrofläche vermietet, in der einst „Three Sixty“ aus Bochum eine Sportsbar eröffnen wollte, dann aber den Mietvertrag rückabgewickelt hatte. Viel zu erfahren ist aktuell noch nicht. Patrizia-Sprecherin Wipplinger will dem Pächter nicht vorgreifen, verrät aber, dass eine italienische Küche angeboten werden soll.
420 Quadratmeter Fläche waren für das Ecklokal einst angegeben. Wipplinger sagt, der Gastronom habe auch die dazugehörige Dachterrasse übernommen. „Wir gehen davon aus, dass die Eröffnung des Restaurants zur Sommersaison erfolgt.“
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