Mülheim. Sie leben in prekären Verhältnissen am Rande des Existenzminimums. Deshalb half unsere Benefiz-Aktion Klienten von Mülheims Arbeitslosenzentrum.
Überwältigend war die Hilfsbereitschaft vieler Mülheimerinnen und Mülheimer, die im abgelaufenen Jahr unsere Benefiz-Aktion Jolanthe unterstützten, deren Erlös Bedürftigen zugutekam, die beim Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) in der Beratung sind. Dass die mit den Spenden Bedachten trotz teils mehrerer Jobs nicht ausreichend für ihre Familien sorgen können, zeigt, dass die Armut in Mülheim mitunter direkt nebenan wohnt. Bevor die neue Jolanthe-Aktion zugunsten des Vereins „Rolli Rockers Sprösslinge“ mit dem traditionsreichen „Neujährchen“ - diesmal am 7. Januar auf Schloß Broich - Fahrt aufnimmt, kommt hier ein Rückblick auf ein spendenreiches Jahr.
Ausgelöst hatte die riesengroße Anteilnahme und Spendenbereitschaft unsere Berichterstattung über die mittellose Rentnerin Renate S., deren Schicksal wir kurz vor Weihnachten 2022 schilderten. Die Mülheimerin, noch keine 60 Jahre alt, muss von Erwerbsminderungsrente leben, hatte deshalb unter Teuerungen bei Lebensmitteln und Energie besonders zu leiden, kochte seit Monaten nicht mehr, schaltete das Licht kaum noch an und drehte die Heizung auf Minimum herunter, saß stattdessen dick eingepackt mit Oberbett auf dem Sofa.
Bedürftige aus Mülheim wie Alleinerziehende von vier Jungs profitieren von Spenden-Aktion
Weil Renate S. bei Weitem nicht die einzige Mülheimerin ist, die ihr Leben unter derartigen Entbehrungen fristen muss, öffneten wir zum vergangenen Jahreswechsel unsere Benefiz-Aktion Jolanthe, um Gelder auch an weitere Klientinnen und Klienten des Mülheimer Arbeitslosenzentrums (Malz) geben zu können. Denn dessen Beraterin Gabi Spitmann sagt: „Mehr als 80 Prozent unserer rund 900 bis 1000 Klienten leben am Existenzminimum.“ Und das, obwohl die meisten gar nicht arbeitslos sind, sondern sich mitunter mit mehreren Jobs - häufig nicht mal auf Mindestlohn-Basis - über Wasser halten.
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Den Weg zum Amt, um Sozialleistungen zu beantragen, scheuen viele - dann fühlten sie sich stigmatisiert, wo sie es doch alleine schaffen wollen. Eine fünfstellige Summe ist für die vom Malz betreuten Bedürftigen bei der letzten Jolanthe-Aktion zusammengekommen, von der auch in 2024 noch etwas an bedürftige Malz-Klienten geht.
Profitiert davon hat im letzten Jahr Nani, die vierfache Mutter, die ihre Söhne alleine großzieht und trotz Uni-Abschluss nur Helferjobs angeboten bekommt. Neben ihrer Vollzeitstelle als Integrationshelferin in der OGS an einer Schule, jobbt sie am Wochenende in der Küche eines Pflegeheims, damit sie ihre vier Jungs durchbringen kann. Um der Familie unter die Arme zu greifen, wurde aus dem Jolanthe-Topf die Klassenfahrt des ältesten Sohnes bezuschusst – die Abschlussfahrt vor dem Abitur nach Rom. Die Dankbarkeit der Alleinerziehenden war riesengroß, hatte sie doch zuvor nicht gewusst, woher sie das Geld hätte nehmen sollen.
Depressionen werfen Mülheimer aus der Bahn - und bringen sie in finanzielle Not - Jolanthe hilft
Nicht länger auf einem ehemals gespendeten, mittlerweile instabilen Bettgestell samt durchgelegener Matratze schlafen muss dank Jolanthe Yeliz K.. Die Mülheimerin, die Anfang 50 ist, kann nicht mehr arbeiten gehen, um ihren Lebensunterhalt für sich und ihre drei Söhne zu verdienen. Nicht nur ihr Körper streikt, sondern vor allem ihre Seele. Mit Jobs versuchte sie, ihre Familie zu ernähren, erlebte Erniedrigung bei Ämtern, wie sie erzählt und sparte sich alles vom Mund ab, damit es ihre Söhne so gut wie eben möglich hatten. Nun aber war sie selbst mal an der Reihe, nachdem ihr Bett, das sei vor rund 20 Jahren aus dem Haushalt einer verstorbenen Dame geschenkt bekommen hatte - und es zu Fuß mit ihren Jungs nach Hause getragen hatte - nur noch mittels unter gestapelter Bücher hielt. Durch die Spenden unserer Leserinnen und Leser konnte sie endlich ein neues Bett anschaffen.
Immer wieder begegneten uns im abgelaufenen Jolanthe-Jahr Menschen, die beim Malz in der Betreuung sind, weil sie aufgrund von Krankheit nicht mehr arbeiten können und in finanzielle Nöte geraten. Depressionen sind es etwa bei Sophia S. und Tobias Maibach - beide in ihren Vierzigern - die sie aus der Bahn geworfen haben. Ist es bei Sophia S. der Kampf mit der Krankenkasse, die nicht zahlt, so zermürbt die Perspektivlosigkeit und der schwindende Lebenswille Tobias Maibach. Der Vater von drei Kindern, ehemals Busfahrer, kann aufgrund seiner Krankheit nicht mehr für den Lebensunterhalt seiner Familie sorgen kann.
Geflüchtete Familien leben in Mülheim am Rande des Existenzminimums
Aber auch körperliche Gebrechen, die sich nach Jahrzehnten schwerstem Schuften einstellen, bringen Familien in finanzielle Schieflage, wie bei Vichard Golden Antony, der aus Sri Lanka nach Mülheim kam auf der Suche nach einem besseren Leben und jeden Job annahm - bis ihn mehrere Bandscheibenvorfälle aus der Bahn warfen. Auch bei Familie Madi, die einst vor blutigem Bürgerkrieg aus dem Kongo floh, war es eine Verletzung, die die Mutter von drei Kindern monatelang daran hinderte, ihrem Job in einem Pflegeheim nachzugehen. Das Gehalt des Vaters, der in einer Schule putzt, reichte hinten und vorne nicht. Auch hier stopfte Geld aus dem Jolanthe-Topf die größte Lücke.
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Genau wie bei Dieter Birkenkamp, dem alleinerziehenden Vater eines Sohnes mit besonderem Betreuungsbedarf. Auch er gesundheitlich eingeschränkt, macht einen Job auf Mindestlohnbasis und lebt so gemeinsam mit seinem Jungen am Rande des Existenzminimums. Als dann sein Auto kaputtgeht, das für den Mittvierziger die einzige Möglichkeit darstellt, um zur Arbeit zu kommen, muss er um seinen Job bangen. Auch das kein Einzelfall unter den Malz-Klienten, wie Beraterin Gabi Spitmann erklärt: „Sie nehmen jeden Job an, auch wenn der weit weg ist und zu ungünstigen Zeiten liegt - da ist ein Auto oft nötig, um die Arbeitsstelle zu erreichen.“ Beinahe entschuldigend hatte Geringverdiener Birkenkamp gesagt: „Das Auto ist der einzige Luxus, den ich mir gönne. Da steckt all mein Erspartes drin.“
Mülheimerin konnte nur durch Jolanthe-Spenden am Grab der Eltern stehen
Und dann sind es Geschichten vom Abschiednehmen, das nicht möglich gewesen wären, wenn unsere Leserinnen und Leser nicht so großzügig für unsere Benefiz-Aktion gespendet hätten. Petra N. ist nur eine der Malz-Klientinnen, der es durch die Spendengelder der ermöglicht wurde, zurückzureisen in ihre Heimat, um Abschied zu nehmen von ihren verstorbenen Eltern. Zurückzureisen in ihr Heimatland, das im „früheren Ostblock“ liegt - genaueres will die Frau Mitte 60 dazu nicht sagen aus Angst vor Stigmatisierung - kostet eine Stange Geld, das sie nicht hat. Dank Jolanthe konnte sie zurückkehren an den Ort ihrer Kindheit und die Gräber ihrer Eltern besuchen.
Finanzielle Unterstützung erfuhr auch Familie Khan, damit die beiden jugendlichen Kinder ungestörter lernen bekommen. Aymma und Haris, heute 15 und 13 Jahre alt, haben ihre ersten Lebensjahre noch in Pakistan verbracht, bevor sie mit ihrer Mutter zu ihrem Vater nach Mülheim kommen konnten. Hier lebt die vierköpfige Familie in einer beengten Wohnung, die Geschwister teilen sich nicht nur ein Zimmer, sondern auch ein Bett und einen Schreibtisch - weil weder Platz noch Geld für eine andere Lösung da ist. Dabei wissen Aymma und ihr jüngerer Bruder ganz genau, dass sie nur eine bessere Zukunft haben, wenn sie in der Schule weiterkommen. Die 15-Jährige hat schon ein Ziel vor Augen: „Ich will Anwältin werden.“ Dass sie künftig mehr Raum und Ruhe zum Lernen haben wird, dazu haben ihr Jolanthe-Spender verholfen.
Endlich wieder: Mülheims Neujährchen für die Jolanthe-Aktion an neuem Ort und neuem Datum
Auch von der aktuellen Jolanthe-Aktion der WAZ/NRZ sollen Mülheimerinnen und Mülheimer profitieren, die es nicht leicht haben im Leben: Familien, die der Verein „Rolli Rockers Sprösslinge“ unterstützt - seinem Engagement soll der Erlös aus unserer diesjährigen Spendenaktion zugutekommen. Endlich kann dazu nach dreijähriger Corona-Pause auch wieder ein „Neujährchen“ stattfinden. Dazu laden wir am Sonntag, 7. Januar, alle Mülheimerinnen und Mülheimer von 12 bis 14 Uhr an den neuen Veranstaltungsort, den Innenhof von Schloß Broich, ein. Unterstützt wird die Veranstaltung von unseren Partnern, die Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft (MST), die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) sowie Edeka Paschmann und Gastronom Jörg Thon. Für die musikalische Untermalung sorgt traditionsgemäß die Ruhr-River-Jazzband.
Neben der Tombola, bei der die Besucher viele tolle Preise gewinnen und gleichzeitig etwas für den guten Zweck spenden können, wird es eine amerikanische Versteigerung geben. Versteigert werden ein Präsentkorb und eine detailreiche Zeichnung von Schloß Broich des Mülheimer Zeichners Gregor Keppel.
Möchten Sie im Rahmen unserer Aktion Jolanthe spenden? Das Spendenkonto ist ab sofort freigeschaltet (Verwendungszweck „Rolli Rockers“): DE05 3625 0000 0175 0342 77, Sparkasse Mülheim.
Mehr über die Benefiz-Aktion Jolanthe in Mülheim:
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