Moers. Jahrzehnte nach Schließung der Zechen bleibt die Bergmannskultur interessant. Am Schacht IV spürten Besucher der Extraschicht das Besondere.
Das illuminierte Fördergerüst am ehemaligen Zechengelände Rheinpreußen Schacht IV an der Zechenstraße erstrahlte am Samstagabend von Weitem. Ehemalige Bergleute begrüßten Gäste mit dem Bergmannsgruß „Glück auf“. Tausende Besucherinnen und Besucher gingen auf eine besondere Schicht. Zum achten Mal fand auf dem denkmalgeschützten Schacht IV die „Extraschicht“, auch bekannt als „Nacht der Industriekultur“, statt. Die „Extraschicht“ feiert seit 2001 jährlich an Spielstätten im Ruhrgebiet das industriekulturelle Erbe. Dieses Jahr machten 20 Städte mit. Auch Kamp-Lintfort.
„Schön, dass sie so zahlreich hier sind“, sagte Frank Heinrich vom Grafschafter Museums- und Geschichtsverein, dessen Mitglieder die „Extraschicht“ federführend organisierten. „Die Veranstaltung wird rein ehrenamtlich gestemmt. Rund 70 Ehrenamtliche helfen mit, vom Aufbau bis zu den Führungen durch den sonst nicht öffentlichen Tagesbetrieb. Diese haben ehemalige Bergleute und Stadtführer extra für den heutigen Tag geplant.“
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Lob gab’s direkt am Eingang: „Dass in der Eintrittskarte Zugang zu allen Spielorten und Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Shuttlebussen inbegriffen sind, finden wir klasse“, sagten die 53-jährige Michaela und ihre Freundinnen, die aus Duisburg nach Moers kamen. Wie viele andere Gäste nahmen sie an Führungen unter dem Motto „Mit Kumpel auf Kohle“ teil, die unter anderem durch die Fördermaschinenhalle führten – inklusive spannender Informationen.
Beispielsweise, dass Bergbau- und Hüttenmagnat Franz Haniel das 93 Millionen Quadratmeter große Grubenfeld Rheinpreußen 1857 erwarb, 1904 die Fördertätigkeit begann und 1920 über 9800 Mitarbeitende 1.900.000 Tonnen Kohle zutage beförderten. 1962 endete hier die Kohleförderung. Das Interesse bleibt, wie auch die vollen Shuttlebusse zur Meerbecker Zechenkolonie und erstmals zur Halde Rheinpreußen zeigten.
Auf 103 Höhenmetern erkundeten Gäste das rot angestrahlte Geleucht des Künstlers Otto Piene. „Auch für unsere Kinder ein echtes Abenteuer. Sie begeistern sich für die Helme und Hemden, die die ehemaligen Bergleute heute extra tragen“, sagte die Moerserin Elif, deren Großvater bereits als türkischer Gastarbeiter im Bergbau tätig war und heute in Moers lebt.
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Freudentränen flossen, als auf Schacht IV der Gelderner Bergknappenspielmannszug mit dem bergmännischen Knappenchor Rheinland Bergmannslieder sang: „Das Steigerlied singe ich immer mit. Es erinnert mich an meinen besten Freund, der am Niederrhein als Bergmann tätig war“, sagte ein 71-jähriger Niederländer, der das abwechslungsreiche Kulturprogramm und die „tolle Organisation“ lobte.
Bergbau-Zusammenhalt spürbar machten die Band „Abbakustik“ und der Moerser Kneipenchor mit grandiosen Auftritten. Kurz vor Mitternacht schoss am Fördergerüst farbenfrohes und viel fotografiertes und gefilmtes Höhenfeuerwehr in den Himmel. Der Gesang des Ruhrkohlechors als größter Knappenchor Deutschlands sorgte für Gänsehautmomente und unterstrich den Gemeinschaftsgedanken, den die Moerser „Extraschicht“ erfolgreich aufzeigte.