Moers. Die Diskussion, wie das Millionenloch im Moerser Haushalt 2024 gestopft werden kann, geht weiter. Lob und scharfe Kritik an neuer Vorlage.

Die Diskussionen um den Moerser Haushalt für 2024 gehen in die nächste Runde. Als Bürgermeister Christoph Fleischhauer und Kämmerer Wolfgang Thoenes am vergangenen Donnerstag (7. März) eine neue Vorlage präsentierten, die Änderungen zum Haushaltsplanentwurf für 2024 umfasste (wir berichteten), da wählten sie einen augenscheinlich ungewöhnlichen Weg. Noch bevor die Vorlage öffentlich einsehbar war - und somit von den Ratsmitgliedern begutachtet werden konnte - suchten sie das Gespräch mit der Presse, um ihre Ideen zu präsentieren. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Schon jetzt steht fest: Der Haushalt wird nicht wie zunächst angenommen im März verabschiedet. Nach Informationen unserer Redaktion gab es die fraktionsübergreifende Bitte, die Angelegenheit in den Mai zu verschieben.

Ein Kern der Vorlage: Das Thema Erhöhung der Grundsteuer B. Hatten Bürgermeister und Kämmerer Ende vergangenen Jahres noch Szenarien präsentiert, die beide einen starken Anstieg vorsahen, ist in der neuen Vorlage von einer deutlich moderateren Erhöhung die Rede. Konkret: Um 166 Punkte auf dann 906 Punkte. Eine moderate Erhöhung sah auch der 8-Punkte-Plan der CDU-Fraktion vor, den die Christdemokraten im Februar präsentierten.

Haushalt 2024 in Moers: CDU-Fraktion Moers kritisiert die Sozialdemokraten

Dass sich das jetzt in der Vorlage widerspiegelt, sorgt für Eigenlob bei der Fraktion. „Da hat die CDU-Fraktion einen wirklich tollen Job gemacht“, kommentiert Fraktionsvorsitzender Michael Gawlik. Der eigene 8-Punkte-Plan hätte nach seiner Einschätzung für „Turbulenzen in der Stadtverwaltung und den anderen Fraktionen“ gesorgt. „Die ein oder andere Fraktion hat dann auch angefangen zu arbeiten, hat eigene Vorschläge unterbreitet, die sich in Teilen sogar an unseren anlehnen.“

Die ein oder andere Fraktion hat dann auch angefangen zu arbeiten, hat eigene Vorschläge unterbreitet, die sich in Teilen sogar an unseren anlehnen.
Michael Gawlik, CDU-Fraktionsvorsitzender in Moers

Mit Kritik spart die CDU-Fraktion hingegen nicht mit Blick auf die SPD. Die Sozialdemokraten hätten „bisher noch keinen Beitrag geleistet, außer einer reflexartigen Kritik und den Aussagen, dass unsere Vorschläge ohnehin völlig unrealistisch wären und nicht funktionieren würden“, so Gawlik.

Die Sozialdemokraten sehen in der Vorlage Populismus. Sie kritisieren vor allem die Idee, abrechnungsfähige Fraktionssitzungen von Ratsmitgliedern zu reduzieren. Auf die Zahl der Sitzungen zu schauen, darüber gebe es innerhalb der Politik ein entsprechendes Bewusstsein, teilt die Fraktion mit. „In der eigenen Fraktion handele man in dieser Frage bereits mit Augenmaß“, so Fraktionsvorsitzender Atilla Cikoglu. Bei diesem Thema sollten sich die Fraktionen in Abstimmung miteinander neu positionieren und Vorschläge machen. „Hätte Bürgermeister Fleischhauer gesagt: Politik, beschäftigt Euch doch bitte mit dieser Frage, dann hätte das einen anderen Zungenschlag“, so Cikoglu.

Moerser SPD-Fraktion lehnt Steuererhöhung nach wie vor ab

Dass der Bürgermeister jetzt aktiv einen solchen Vorschlag macht, erwecke den Eindruck, die Politik würde zu viel Geld erhalten. Aus Sicht der SPD-Fraktion sei das ein „ganz schlechter Stil“. Frei nach dem Motto: „Wenn die Politik das nicht mitmacht, heißt das, der Bürger muss mehr Grundsteuer B bezahlen. Dieser erzeugte Eindruck, der ist schadhaft für das öffentliche Ansehen von Politik und Demokratie.“

Dieser erzeugte Eindruck, der ist schadhaft für das öffentliche Ansehen von Politik und Demokratie.
Atilla Cikoglu, SPD-Fraktionsvorsitzender in Moers

Für die anderen Haushaltsvorschläge zeige sich die SPD-Fraktion in Teilen offen, unter anderem bei den Themen höhere Ausschüttungen durch Stadttöchter und Einsparungen bei Personalkosten. Die Erhöhung der Grundsteuer lehne man aber nach wie vor ab: „In Zeiten, wo die Menschen eh schon viele Belastungen tragen müssen, wollen wir alles versuchen, um weitere Belastungen zu vermeiden. Der Motor dieser Stadt sind die Bürgerinnen und Bürger “, so Cikoglu.

„Die Grafschafter“ in Moers sprechen von einer „Unverschämtheit“

Von „Unverschämtheiten“ und „Frechheiten“ spricht Claus Peter Küster, Fraktionsvorsitzender bei „Die Grafschafter“, mit Blick auf die laufenden Entwicklungen. So kritisiert er nicht nur die Landesregierung für die Entscheidung, dass Kommunen durch Krisen entstandene Kosten, etwa Corona oder den Ukraine-Krieg, nicht mehr isolieren können. Auch, dass der Kreistag Wesel wohl an der Kreisumlage festhalte, „die zwar prozentual stabil ist, uns aber jedoch in Moers 6 Millionen Euro mehr kostet“, kritisiert Küster scharf.

Weitere aktuelle Nachrichten aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn:

Als „Schlag ins Gesicht“ betitelt er zudem die Beratungen zur Kreisumlage der CDU-Kreistagsfraktion. Diese schrieb in einem Post auf Facebook unter anderen: „Dass fast alle Kommunen im Kreis trotz des Rekord-niedrigen Hebesatzes unter dem Strich mehr Geld an den Kreis überweisen, ist übrigens letztlich ein gutes Zeichen: Die gestiegene ‚Zahllast‘ ist Ausdruck wirtschaftlicher Stärke der betreffenden Städte und Gemeinden.“ Lese man sich die Stellungnahmen der einzelnen Kreiskommunen durch, „kommt man zu ganz anderen Schlüssen“, so Küster.

Grundsteuererhöhung in Moers sei „unverträglich“

Kritik richtet der Fraktionsvorsitzende auch an Christoph Fleischhauer und die CDU-Fraktion. Dass der Bürgermeister zunächst einen „fantasielosen“ Haushalt mit „erheblichen Steuererhöhungen“ einbringt, die Christdemokraten anschließend eigene Vorschläge präsentieren, die der Bürgermeister unterstütze und jetzt auch berücksichtige, „schlägt dem Fass den Boden aus“, sagt Küster und fragt: „Und dafür feiert sich die CDU-Fraktion auch noch?“

Am 7. März präsentierte der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer zusammen mit Kämmerer Wolfgang Thoenes eine neue Vorlage, die Änderungen zum Haushaltsplanentwurf für 2024 umfasste.
Am 7. März präsentierte der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer zusammen mit Kämmerer Wolfgang Thoenes eine neue Vorlage, die Änderungen zum Haushaltsplanentwurf für 2024 umfasste. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die von der CDU und der Verwaltung unterstütze Erhöhung der Grundsteuer B sei für die Grafschafter „unverträglich“ und „unnötig“ - „zumal mit der Grundsteuerreform in 2025 teilweise weitere Belastungen auf die Bevölkerung zukommen“, so Küster. Die Fraktion kündigt an, sich erneut zu beraten und einen neuen Antrag zum Haushalt einzubringen, der ohne Steuererhöhungen auskommt.

Moerser Einzelratsmitglied befürwortet moderate Erhöhung der Grundsteuer B

Verwundert über das Vorgehen von Bürgermeister und Kämmerer zeigt sich auch Paul Süßer, seit der Zerschlagung der „Für Moers“-Fraktion 2023 Einzelratsmitglied. „Dass man das aus der Presse erfährt, finde ich sehr befremdlich“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Er sieht in dem Vorgehen der Verwaltung „mangelnden Respekt gegenüber der Politik“. So manche Vorschläge, die diverse Fraktionen in den vergangenen Tagen einbrachten, hätten ihn zudem irritiert. So unter anderem die Ideen der Liberalen Union, das Terheydenhaus zu veräußern („Wer kauft eine marode Immobilie?“) oder das Kulturbudget um 25 Prozent zu kürzen („Wo will man da sparen?“).

Eine moderate Erhöhung der Grundsteuer B befürwortet Süßer. „Welche anderen Möglichkeiten haben wir?“, fragt er. Wenn Strukturen und Qualitäten in anderen Bereichen erhalten bleiben sollen, sei eine Erhöhung angebracht. Und auch die Idee, die abrechnungsfähigen Fraktionssitzungen von Ratsmitgliedern zu reduzieren, befürwortet Süßer im Kern - und geht noch darüber hinaus. Er fordert, die Kostenvergütung für Fraktionssitzungen für Ratsmitglieder komplett zu streichen. Zwar wäre er selbst als fraktionsloses Einzelratsmitglied nicht davon betroffen, aber: „Diesen Punkt habe ich schon vergangenes Jahr angebracht, da waren wir noch eine Fraktion. Das wurde abgelehnt.“

Der Hauptausschuss diskutiert über die Vorlage in der öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 13. März. Los geht es um 16 Uhr im Ratssaal.