Kamp-Lintfort. Autorin Henrike Scriverius und der Landtagsabgeordnete René Schneider berichten über die Lust am Grusel, einsame Filmabende und Schlafstörungen.
Halloween ist Gruselzeit – auch für Lesefans auf der warmen Couch? Romanautorin und Landschaftsarchitektin Henrike Scriverius und der SPD-Landtagsabgeordnete und LesArt-VorsitzendeRené Schneider erzählen, wie sie es mit dem Grusel halten...:
„Tatsächlich grusele ich mich sehr gerne, als Kind noch viel lieber als heute. Mit zunehmendem Alter werde ich dünnhäutiger für Schauriges, wahrscheinlich aus Angst, es könnte mir tatsächlich mal etwas Vergleichbares passieren. Als Kind ist da noch dieses unerschütterliche Urvertrauen. Ich erinnere mich noch gut an einen Italienurlaub mit meinen Eltern, es war August und brüllend heiß, und das Einzige, was es im Minimarket an der Strandpromenade an deutscher Literatur zu kaufen gab, waren „Gruselgeschichten“ vom Bastei Lübbe Verlag. Ich war Acht, um mich herum roch es nach Pizza und Sonnencreme, und ich las Daphne du Mauriers Novelle „Die Vögel“ und gruselte mich fürchterlich.
Die Angst geht um in England und an der Adria-Küste
Später wurden die Inspector Lynley Krimis von Elisabeth George mein herbstlicher Gruselfavorit -- draußen heult der Wind, im Fenster ein paar Kerzen, und am Ufer der nebeligen Themse wird eine grausam entstellte Leiche entdeckt: Einfach unschlagbar. Auch die wunderbaren Veit Heinichen Krimis um Commissario Laurenti aus Triest haben Gruselpotenzial. Vor allem, wenn die eiskalte Bora über die Adria bläst und grausige Geschichten aus der Vergangenheit ans Tageslicht befördert, wie in „Die Toten vom Karst“.
Aber mein persönliches Nummer 1-Gruselritual ist nicht literarisch, sondern cineastisch: Immer in der Nacht zum 1. November lege ich mir die DVD „The Blair Witch Project“ ein. Mit der Nasenspitze unter der Decke schaue ich mir dann diesen Film an, der mein Verhältnis zum Wald gründlich verändert hat, leider immer allein: Nichts hasst mein Mann mehr als amerikanischen Grusel. Ich aber schlottere mich danach in den Schlaf, zucke bei jedem Geräusch zusammen und gehe in dieser Nacht garantiert nicht aufs Klo ohne allgemeine Festbeleuchtung. Ich freue mich jetzt schon wieder darauf!“ (Henrike Scriverius)
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„Meine ersten Gruselgeschichten bekam ich im Ferienlager der katholischen Kirche vorgelesen. Abends vor dem Einschlafen. Sie waren aus dem Band „Kille Kille“ von E.W. Heine und erzählten von ekligen Küchenschaben und hinterlistigen Mördern. Schlafen konnte ich danach nicht mehr, dafür hatten die älteren Gruppenleiter ihren Spaß.
Weg vom Thriller, ein guter Krimi tut es auch
Später als Teenager zogen mich die frühen Bücher von Stephen King in den Bann. In „Langoliers - Das geheime Fenster“ (später verfilmt mit Johnny Depp) fühlt sich ein Schriftsteller von einem Fremden bedroht. Der Twist am Ende ist so raffiniert, dass Sebastian Fitzek diesen später in seinem ersten Bestseller „Die Therapie“ nutzt. Auch das Buch habe ich verschlungen. Weil ich heute vor allem abends zum Einschlafen lese, verzichte ich auf gruselige Geschichten und schmökere lieber durch einen guten Krimi. Dann klappt es auch wieder mit dem Schlafen.“ (René Schneider)