Kreis Wesel. Hightech und polizeiliche Experten sichern Beweise nach schweren Verkehrsunfällen, auch im Kreis Wesel. So gehen Verkehrsunfallaufnahmeteams vor.
Spuren erzählen Geschichten, geben häufig Aufschluss darüber, was wirklich geschehen ist. Das ist nicht nur bei Gewaltverbrechen so, auch schwere Verkehrsunfälle machen eine akribische Spurensicherung notwendig. Im Jahr 2021 wurden bei der NRW-Polizei hoch spezialisierte Verkehrsunfallaufnahmeteams gegründet, 17 von ihnen gibt es inzwischen landesweit. Im Kreis Wesel kamen im vergangenen Jahr 29 Mal solche Teams zum Einsatz. Zwar hat die Kreispolizei keine eigene Einheit, sie fordert die Spezialisten aber aus dem Kreis Kleve, aus Essen, Recklinghausen und sogar aus Bielefeld an, wenn sie sie braucht.
Christina Rabs vom Klever „VU-Aufnahmeteam“ erläuterte jetzt bei der Jahresbilanzkonferenz der Kreispolizei Wesel, was diese Polizeibeamten leisten und wann sie zum Einsatz kommen. Ein einfacher Blechschaden rechtfertigt den hohen Aufwand nicht: „Wir kommen, wenn es einen Unfall mit Toten gab oder jemand in akuter Lebensgefahr schwebt, wenn jemand schwerverletzt ist und es eine Unfallflucht gab“, ebenso bei einem illegalen Rennen mit Personenschaden oder bei einem Verkehrsunfall, wenn ein besonderes öffentliches Interesse bestehe, erklärte die Leiterin des Kreis Klever Aufnahmeteams.
Spuren bringen Antworten – Ermittlern, aber auch Angehörigen
Sie und ihre Leute sprechen nicht mit Zeugen oder Beteiligten, ihnen geht es allein um die Qualität der Spuren- und Beweissicherung. „Das ist wichtig für mögliche Strafverfahren oder auch Zivilverfahren, falls es zu bleibenden Schäden gekommen ist“, sagte sie. Häufig gehe es bei ihrer Arbeit um Opferschutz: Die Familien der Verkehrstoten und -verletzten erhalten Antworten auf Fragen, die sie quälen. Nicht zuletzt geht es darum, Unfallursachen zu ermitteln, um mit diesen Erkenntnissen vorbeugend arbeiten zu können. „Ziel unserer Arbeit ist immer ein objektiver Befund“, so Rabs.
Den zu erhalten, erfordert akribische Arbeit. Was tun diese polizeilichen Spurenspezialisten? Zuerst, erläuterte Rabs, gilt es, sich mit Rettungskräften am Unfallort auszutauschen. Ist etwas verändert worden? Hat jemand einen Gegenstand aus dem Weg geräumt, um zu helfen? „Das ist wichtig zu wissen, um Trugschlüsse zu vermeiden.“
Beweise mit hohem technischen Aufwand sichern
Dann geht es in die Feinarbeit, mit Know-how, aber auch mit einem enormen technischen Equipment. Spuren auf der Fahrbahn, an Gegenständen, an Fahrzeugen werden gesichtet, markiert und dokumentiert. Kamen früher für nächtliche Arbeiten die Feuerwehren zum Einsatz, um das Geschehen auszuleuchten, sind die VU-Aufnahmeteams nun autark, sie haben eine LED-Beleuchtungsanlage dabei. Außerdem eine Foto- und Videoausrüstung und einen 3D-Laserscanner. Auch zwei Drohnen mit speziell ausgebildeten Drohnenpiloten gibt es für die „Aero-Dokumentation“, wie Rabs es bezeichnet, die Ermittler können das Unfallgeschehen aus der Vogelperspektive betrachten und vermessen.
In modernen Fahrzeugen hinterlassen Unfälle digitale Spuren
Schließlich sichern die Teams auch digitale Spuren im Fahrzeug, lesen das Airbag-Steuergerät aus und alles, was die Digitaltechnik des Autos sonst hergibt. Und das wird immer mehr, so die Polizistin. Ihr Team besteht aus sieben Polizisten und Polizistinnen und drei Regierungsbeschäftigten – letztere sind Kfz-Meister, was sehr wertvoll für die Arbeit sei. Am Ende der Arbeit vor Ort können die Ereignisse am Computer millimeter- und mitunter sekundengenau nachgestellt werden, Fahrwege und Geschwindigkeiten rekonstruiert, Sichtachsen überprüft und weitere Faktoren beleuchtet werden.
Die Spezialisten sind allein auf die Spuren fokussiert und tragen eine große Menge detaillierter Daten zusammen. „Unsere Ergebnisse schicken wir an das zuständige Verkehrskommissariat. Es muss die Spuren und die Zeugenaussagen dann zusammenbringen“, erklärt Rabs – die Ermittlungsarbeit ist mit dem Einsatz ihres Teams noch lange nicht beendet.
Allein im vergangenen Jahr war dieses Aufnahmeteam an mehr als 80 Unfallorten landesweit im Einsatz. Nach welchen Kriterien werden die Teams angefordert? „Es geht darum, wer am schnellsten vor Ort sein kann.“
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