Kreis Wesel. Radfahrer missachten oft Verkehrsregeln, so Landrat Brohl. In knapp der Hälfte der Unfälle waren sie selbst schuld. Was die Statistik noch zeigt.

  • Alle 35 Minuten geschieht im Kreis Wesel laut Polizei statistisch gesehen ein Verkehrsunfall. 2023 waren das 14.733, 14 Menschen starben.
  • Während Kinder seltener als zuvor beteiligt sind, werden besonders Senioren häufig Opfer von Unfällen.
  • 664 Mal waren Rad- oder E-Bikefahrer beteiligt, knapp die Hälfte dieser Unfälle verursachten sie selbst.
  • Eine neue Rolle in der Unfallstatistik spielen E-Scooter. Ihre Fahrer sind mit der Handhabung oft nicht vertraut.

Jahr für Jahr blickt die Kreispolizei auf das Unfallgeschehen auf den Straßen im Kreis Wesel. Und das ist lebhaft: „Rein statistisch gesehen, passiert alle 35 Minuten im Kreis Wesel ein Verkehrsunfall“, sagt Christian Klur, Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizei, 14.733 waren es im vergangenen Jahr. Positiv dabei ist, dass Unfälle mit aktiver Beteiligung von Kindern im vergangenen Jahr mit 120 leicht rückläufig waren: 80 Mädchen und Jungen waren auf dem Rad unterwegs, 21 zu Fuß, als der Unfall geschah. Die Polizei führt den Rückgang auf ihre Arbeit zurück: Sie geht mit Verkehrserziehung bereits in Kindergärten und führt sie in Schulen fort.

Senioren waren an 923 Unfällen beteiligt

Problematisch: Bei 11,4 Prozent aller Unfälle im Kreis wird jemand verletzt, 1681 Unfälle waren das 2023 mit 1812 Leicht- und 320 Schwerverletzten, 14 Menschen verloren ihr Leben. Allein acht der Unfalltoten waren älter als 65 Jahre. Senioren sind im Straßenverkehr besonders gefährdet, wie die aktuelle Statistik zeigt. An 923 Unfällen im vergangenen Jahr waren ältere Menschen beteiligt, aktiv, als Fußgänger oder Radfahrer beispielsweise, aber auch passiv als Beifahrer. 379 kamen dabei zu Schaden.

Straßenverkehrsordnung für Rad- und E-Bikefahrer unbekannt?

Gute Nachrichten gibt es im Bereich der Rad- und E-Bikefahrer: Der stetige Anstieg der Unfallzahlen in den vergangenen Jahren konnte gestoppt werden, und das, obwohl weiter Räder gekauft werden. 664 Unfälle zählte die Polizei in diesem Bereich, dabei verletzten sich 206 E-Biker und 417 Fahrradfahrer. Senioren haben an diesen Unfällen einen Anteil von 24 Prozent, die Polizei empfiehlt nicht nur ihnen, ein Sicherheitstraining zu absolvieren.

Übrigens: In 43 Prozent der Fälle waren die Rad- und E-Bikefahrer selbst Unfallverursachende, es sei eine Mär, dass immer die „bösen Autofahrer“ Schuld sind. 21 Prozent waren gar Alleinunfälle, niemand anderes war daran beteiligt. Viele Radfahrer, kritisiert Landrat Ingo Brohl, „glauben, es gibt eine extra Straßenverkehrsordnung für sie“. Sie ignorierten rote Ampeln, nutzten Radwege in der falschen Richtung etwa. Und: Es fehle ihnen an Einsicht. „Die Reaktion ist meist: ‚Habt Ihr nichts Besseres zu tun?‘“ Wer aber vom Radweg in falscher Richtung abgedrängt wird, landet sofort im Gegenverkehr, gibt Brohl zu bedenken. Und weil mit Radunfällen häufig Kopfverletzungen verbunden sind, appelliert die Polizei: Helm tragen! „Im Auto würde niemand auf die Idee kommen, den Airbag auszuschalten“, so Christian Klur.

E-Scooter häufiger in Unfälle verwickelt, 60 Verletzte im vergangenen Jahr

Helme sind auch bei E-Scooterfahrenden verpönt, deren Anzahl stetig zunimmt. Die Roller laufen in der Verkehrsunfallstatistik unter „Elektrokleinstfahrzeuge“. 75 Unfälle wurden im vergangenen Jahr gemeldet, 60 Menschen verletzten sich dabei. Laut Polizei gibt es eine hohe Zahl von Alleinunfällen: „Die Handlungssicherheit mit dem neuen Verkehrmittel fehlt. Das ist nicht nur ein Problem in den großen Städten, sondern auch bei uns.“ Wie bei den Radfahrern auch, geht die Polizei von einer hohen Dunkelziffer aus, nicht jeder Sturz findet auch Eingang in die Polizeistatistik.

Weiteres Thema für die Kreispolizei sind illegale Autorennen. Zwar habe sich im Kreis Wesel keine eigene Szene etabliert, die Nähe zum Ruhrgebiet sorgt aber auch hier für Zwischenfälle. 27 illegale Rennen sind im vergangenen Jahr registriert worden, dabei gab es sieben Unfälle, zum Glück ohne Schwerverletzte. Bereits jetzt bereitet sich die Polizei auf Karfreitag vor, den die Szene zum „Car Friday“ erkoren hat. Tuner werden sich auf den Straßen treffen, die Muskeln spielen lassen. Weil das auch für Unbeteiligte lebensgefährlich sein kann, setzt die Polizei auf Null Toleranz. „Wir stellen Führerscheine und Fahrzeuge sicher, es muss richtig weh tun“, fasst Christian Klur die Strategie zusammen.

Verkehrsunfallfluchten werden häufiger aufgeklärt

Eine Straftat ist im Kreis Wesel in den vergangenen Jahren mehr in Mode gekommen: Verkehrsunfallfluchten. 3263 Mal haben sich im Jahr 2023 Unfallverursacher einfach davongemacht, in 169 Fällen hatten sie sogar Menschen dabei verletzt. Auf jeden fünften Verkehrsunfall folgt rein statistisch eine Unfallflucht, und hier versteht die Polizei keinen Spaß. Sie investiere viel Energie, um die Täter zu fassen, in 1329 Fällen (40,74 Prozent) ist ihnen das auch gelungen. Landrat Brohl könne nur jedem raten, am Unfallort zu bleiben, „im Zweifel erwischen wir Sie!“ Bei Unfallfluchten mit Personenschaden liegt die Aufklärungsquote bei knapp 67 Prozent.

Die Unfallzahlen in den rechtsrheinischen Kommunen

1794 Unfälle zählte die Kreispolizei im vergangenen Jahr in Wesel, 289 mit Personenschaden. 302 Menschen wurden leicht verletzt, 64 schwer, zwei Menschen starben.
In Dinslaken ereigneten sich 1616 Unfälle, bei 266 kamen Menschen zu Schaden. Die Polizei zählte 306 Leicht- und 27 Schwerverletzte, es gab zwei Todesopfer.
Voerde erlebte 579 Unfälle, bei 120 Unfällen verletzten sich Personen. Ein Mensch starb, 21 wurden schwer und 122 leicht verletzt.
Drei Menschen verloren 2023 auf Hamminkelner Straßen ihr Leben, es gab 623 Unfälle, 79 davon mit verletzten Personen. 92 Verkehrsteilnehmer verletzten sich leicht, 18 schwer.
Hünxe zählte 324 Unfälle, 64 mit Personenschaden. Ein Mensch starb, 16 wurden schwer- und 69 leicht verletzt.
Auch Schermbeck hatte einen Verkehrstoten zu beklagen, es gab 275 Unfälle, bei 63 kamen Menschen zu Schaden. Zwölf Beteiligte verletzten sich schwer, 63 leicht.

Die Unfälle in den linksrheinischen Kommunen

In Moers ereigneten sich im vergangenen Jahr 2588 Verkehrsunfälle, 356 davon mit Personenschaden. Zwei Menschen kamen ums Leben, 67 wurden schwer- und 389 leicht verletzt.
Kamp-Lintfort zählte 803 Unfälle, 131 davon mit Verletzten. 137 wurden leicht- und 25 Menschen schwer verletzt.
Mit 509 ist die Zahl der Unfälle in Neukirchen-Vluyn im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. In 79 Fällen kamen Menschen zu Schaden, 13 verletzten sich schwer und 81 leicht.
Rheinberg registrierte 558 Unfälle, 84 mit Personenschaden. Zwei Menschen starben, 17 wurden schwer und 87 leicht verletzt.
359 Unfälle geschahen 2023 in Xanten, bei 57 Unfällen gab es Verletzte zu beklagen, 57 Menschen verletzten sich leicht und 15 schwer.
In Alpen gab es 265 Unfälle im vergangenen Jahr, bei 62 kamen Beteiligte zu Schaden. 16 wurden schwer und 77 leicht verletzt. Sonsbeck zählte 213 Unfälle, davon 31 mit Personenschaden. Neun Beteiligte verletzten sich schwer, 30 leicht.