Kreis Wesel. Im Juli und August ist die Zahl der tödlichen Unfälle im Kreis Wesel massiv nach oben gegangen. Der Wert vom Vorjahr ist schon jetzt erreicht.
Die Polizei ist vieles gewohnt, doch auch sie spricht von einer „extremen Zahl“. Fünf Menschen starben allein im Juli und in der ersten Augusthälfte bei Autounfällen auf den Straßen im Kreis Wesel – und damit genauso viele wie im gesamten ersten Halbjahr. Macht zehn tote Menschen nach gerade einmal siebeneinhalb Monaten, das entspricht der Gesamtzahl aus dem vergangenen Jahr 2022. Dazu kommen zwei Tote auf der A 3 bei Hamminkeln, die aber nicht in die Statistik der Kreispolizei einfließen.
Anfang Juli kommt ein 63-jähriger Motorradfahrer in Hünxe an einer Kreuzung ums Leben, Ende Juli stirbt ein 83-jähriger Fahrradfahrer auf der Hünxer Straße in Dinslaken. Anfang August gerät ein 75-jähriger Autofahrer auf der Dinslakener Landstraße in den Gegenverkehr und stößt frontal mit dem Wagen eines 61-jährigen Hünxers zusammen. Der 75-Jährige verstirbt noch am Unfallort. Einen Tag zuvor wird auf der Landstraße B 473 zwischen Wesel und Hamminkeln ein 59-Jähriger Mann gefunden, der offenbar überfahren wurde. Der Lkw-Fahrer, der den Fund meldete, war nicht der Verursacher, wie sich erst im Nachhinein herausstellt. Nach dem oder der tatsächlichen Unfallbeteiligten wird noch gesucht. Rund eine Woche später stirbt ein 61-Jähriger Pedelec-Fahrer in Wesel beim Versuch, von der Straße Heikes Berg auf die Neue Hünxer Straße abzubiegen.
Unfälle mit Personenschaden: So oft sind Pedelecs im Kreis Wesel beteiligt
Abgesehen von dem Fall des 75-Jährigen auf der Dinslakener Landstraße, bei dem eine medizinische Ursache nicht ausgeschlossen werden kann, und dem Fall des 59-jährigen Mannes auf der Bundesstraße B 473, bei dem vieles noch unklar ist, sind die tödlichen Unfälle laut Polizei auf eines zurückzuführen: individuelles Fehlverhalten.
Und auch der Anteil der Unfälle mit Personenschaden unter Beteiligung von Pedelec- und Radfahrenden im Kreis Wesel ist extrem hoch. Laut Kreispolizei gab es 2022 insgesamt 1487 Unfälle mit Personenschaden - an 44 Prozent dieser Unfälle waren Fahrräder und Pedelecs beteiligt. In der ersten Hälfte des laufenden Jahres lag die Quote laut Polizei bei rund 39 Prozent.
Polizei und Kreisverkehrswacht wissen um die Gefahr, die elektronisch unterstützten Fahrräder zu unterschätzen und bieten regelmäßig kostenlose Pedelec-Trainingsstunden an. Zwar versprächen die Pedelecs besonders Seniorinnen und Senioren eine Mobilitätsgarantie, die ein Auto nicht mehr nutzten, so die Kreispolizei, doch viele setzten sich auch auf den Sattel, ohne sich vorher eingehend mit dem Gefährt vertraut zu machen. Positiv aber sei, dass die angebotenen Kurse mittlerweile gut besucht seien und mehr und mehr nachgefragt würden. Dabei gehe es neben der technischen auch um die mentale Auseinandersetzung, etwa durch Simulationen, was beim Pedelec-Fahren alles passieren könne.
Auf die Frage, ob das Training zur Pflicht für die Pedelec-Nutzung gemacht oder gar ein Führerschein eingeführt werden sollte, reagiert die Polizei zurückhaltend. Beides wäre eine politische Entscheidung. Aber eines sei klar: „Sinn ergeben diese Kurse auf jeden Fall.“ Man müsse darauf setzen, dass immer mehr Menschen die Trainings freiwillig besuchen.