Kreis Wesel. Der Kreis Wesel hat den Müll analysiert: Bioabfälle, somit potenzielles Energie- und Recyclingmaterial, landen in der Müllverbrennung.

  • Was landet in der grauen Restmülltonne? Der Kreis Wesel wollte es genauer wissen und hat den Abfall analysieren lassen
  • Das Ergebnis: Ein Großteil wäre eigentlich recyclebar
  • Was außerdem auffällt und welche Lösungsmöglichkeiten der Kreis sieht

Rund 142 Kilo Restmüll produzieren die Einwohner des Kreises Wesel pro Jahr und Kopf, weniger als noch im Jahr 2010 (157 Kilo). Doch was landet alles in der grauen Tonne? Der Ausschuss für Bauen und Abfallwirtschaft des Kreistages wollte das genauer wissen und bat die Verwaltung um eine Analyse. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse der Untersuchung vor, die das Institut für Abfall, Abwasser und Infrastrukturmanagement (INFA) im Auftrag der Kreis Weseler Abfallgesellschaft durchgeführt hat.

Ergebnis: Knapp 60 Prozent des Restmülls wäre eigentlich recycelbar, wandert aber letztlich in die Verbrennung. Die Leute werfen organische Abfälle in die graue Tonne, trockene Wertstoffe und auch Elektrogeräte. Würde das Material ins Recycling gehen, bliebe ein Restmüllaufkommen von lediglich 28.000 Tonnen im Jahr, heute sind es 64.500 kreisweit. Pro Kopf fallen jährlich nur 61 Kilo nicht verwertbare Abfälle an, also tatsächlicher Restmüll.

Wertvolle Ressourcen für die Energieproduktion

Am meisten schmerzt hier das wertvolle organische Material, das die Kreis Weseler Abfallgesellschaft lieber in der Biotonne sehen würde, um es zu Kompost, Biogas und letztlich Strom zu verarbeiten. Hier ergab die Analyse, dass 45 Prozent aus der grauen Tonne organisch sind, Grün- und Küchenabfall, darunter verpackte Lebensmittel. Letztere machen etwa zehn Prozent aus. Um dieses Material am Asdonkshof in Gas und Strom umwandeln zu können, müsste die Verpackung entfernt werden, ihr Inhalt in die Biotonne wandern, die Verpackung in die gelbe Tonne. „Diese Mühe machen sich nur wenig Menschen“, sagt der zuständige Dezernent Helmut Czichy. Für die Gasproduktion besonders wertvoll sind kohlenhydrat- und fettreiche Küchenabfälle.

Nur 62 Prozent des anfallenden Grünschnitts und Küchenabfalls landen kreisweit in der Biotonne. Diesen Anteil gilt es zu erhöhen, denn das Material ist wertvoll, doch das ist nicht einfach. Der Inhalt der braunen Tonnen hat aktuell eine recht hohe Qualität, „die Störstoffe liegen unter den Grenzwerten der neuen Bioabfallverordnung, die jetzt kommt“ erläutert Czichy. Gerade beim organischen Abfall geht es dem Kreis um Klasse statt Masse, das Kompostwerk am Asdonkshof benötigt Material ohne Störstoffe, sonst büßt der Kompost an Qualität ein und die Landwirtschaft nimmt ihn nicht mehr ab.

Ländlicher Bereich liefert bessere Bioqualität als Ballungsräume

Die jüngste Analyse hat gezeigt, dass zwei Drittel des gesammelten Bioabfalls aus den Ein- und Zweifamilienhäusern an Stadträndern und auf dem Land stammt. Hier ist die Qualität besonders gut, erläutert Michael Wolf vom Fachbereich Abfallwirtschaft der Kreisverwaltung. Es haben aber nur sechs von zehn Haushalten die braune Tonne, die übrigen gilt es noch zu überzeugen. In diese Rechnung fließt ein, dass nur elf von 13 kreisangehörigen Kommunen die Biotonne überhaupt anbieten.

Wer eine Biotonne hat und seinen Abfall sauber trennt, behält nur noch wenig tatsächlichen Restmüll übrig. Könnte das nicht ein Argument für die Biotonne pro Haushalt und gegen die eigene Restmülltonne sein, und somit von Gebühren entlasten? Etwa bei gemeinsamer Nutzung mit dem Nachbarn? Ganz so einfach ist es leider nicht, es gibt eine verpflichtende Restmüllmenge, die jedem Verbraucher zugewiesen wird. Denn es gibt für die Abfallentsorgung Fixkosten: die Wagen, die Mitarbeiter, die Infrastruktur. Das bleibt, auch wenn die Müllmenge sinkt, und auch die Entsorgung der braunen Tonne kostet. Schwierig zu bewerkstelligen also, erläutert Michael Wolf.

Nun könnte man auch eine Kampagne starten, um mehr Mehrfamilienhäuser mit Biotonnen auszustatten. Allerdings zeigt ein weiteres Ergebnis der Analyse, die Manfred Santjer von INVA dem Fachausschuss vorstellte: Je dichter die Bebauung und je größer die Häuser, umso schlechter die Qualität des Biomaterials. Mülltrennung wird in Ballungsräumen und in größeren Einheiten offenbar nicht mehr so ernst genommen, das betreffe auch die Bereiche Verbundverpackungen, Papier und Altglas. Besonders problematisch ist dieses Phänomen aber für das organische Material, das unter Umständen unbrauchbar wird. „Es stellt sich daher die Frage: Bis zu welchem Maß wollen wir den organischen Anteil aus den Restmülltonnen für die Biotonne gewinnen?“, so Czichy, der lieber auf Qualität setzt.

Es stellt sich daher die Frage: Bis zu welchem Maß wollen wir den organischen Anteil aus den Restmülltonnen für die Biotonne gewinnen?
Helmut Czichy - Zuständiger Verwaltungsvorstand für Abfall

Neben dem Bioabfall landet allerlei anderer Müll in der grauen Tonne und damit in der Müllverbrennung, der eigentlich recycelbar wäre. 21 Prozent des Inhalts fallen unter die Kategorie trockene Wertstoffe, für die es im Kreisgebiet gesonderte Sammelstrukturen gibt, das sind immerhin 27 Kilo pro Kopf und Jahr. Meist handelt es sich laut Analyseergebnissen dabei um Papier, Altglas und Kunst- beziehungsweise Verbundkunststoffe. Und die Analyse zeigt: Der Mensch ist faul. Bei Altpapier und Verpackungsmüll, die entsprechenden Tonnen stehen vor der Tür, funktioniert es zu 75 bis 95 Prozent, dass die Tonnen wie geplant befüllt werden. Dinge wie Altkleider, Glas und Elektrogeräte müssten die Verbraucher zur Sammelstelle bringen, der Weg erscheint mitunter schon zu weit.

Jetzt geht es darum, die Menschen zu überzeugen

Was will der Kreis Wesel mit diesen Erkenntnissen anfangen? Zunächst einmal für mehr Mülltrennung werben, damit die Sammelsysteme besser angenommen werden, eine groß angelegte Kampagne zusammen mit den Kommunen ist geplant. Diese sind letztlich zuständig für die Sammlung der Abfälle.

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