Kreis Wesel. Wald und Klima – das Thema begleitet uns noch Jahre. Aktuell beschäftigt Förster ein Problem, das Besuchern sehr gefährlich werden kann.

Tagelang hat es in den vergangenen Wochen geregnet, da müsste der Waldboden doch inzwischen gesättigt sein? Ja und nein, sagen die Förster und Waldbauern. Zwar sind die oberen Schichten derzeit gut versorgt – das hilft vorübergehend. Die tieferen Schichten aber haben ihre Reserven noch nicht wieder aufgefüllt, um auf einen weiteren trockenen Sommer vorbereitet zu sein. Und da liegt ein weiteres Problem: Bäume, vor allem alte Buchen, aber auch Feuchtigkeit liebende Birken, fallen plötzlich und ohne Vorwarnung um. Ein Phänomen, das auch Christoph Erkens kennt, der auf der linken Rheinseite unter anderem in der Leucht, im Winkelschen Busch Sonsbeck, Latzenbusch Alpen, Niederkamp Kamp-Lintfort, Kamper Wald, Vluyner Busch und Littard arbeitet. „Jetzt bekommen wir die Spätfolgen der Trockenheit zu spüren“, sagt er: Die Feinwurzeln alter Buchen seien abgestorben, die Bäume überleben das nicht.

Den Grund erklärt Förster Michael Herbrecht, dessen Revier von Wesel bis Dormagen reicht. Buchen verdunsten demnach über ihre mächtigen Kronen viel Feuchtigkeit, kommen aber mit ihren Wurzeln nicht mehr an die tiefen Wasserschichten heran, es fehlt der Nachschub. Das führt zu Sicherheitsproblemen: Mächtige Baumriesen brechen zusammen, ohne dass man ihnen ihren Zustand angesehen hätte. An belebten Waldwegen bemüht sich der Landesbetrieb Wald und Holz, gefährliche Bäume zu entfernen. „Viele Menschen haben dafür kein Verständnis und machen uns Vorwürfe“, sagt Herbrecht. So wie bei den Rodungen hinter dem Rotbachsee in Dinslaken, „der Wald war überaltert, die Trockenheit hat ihm den Todesstoß gegeben“.

Inzwischen seien die Zeiten kompletter Kahlschläge aber vorbei. Die Forstwirtschaft bemühe sich, immer zwei bis drei Generationen Bäume gleichzeitig im Wald zu haben, so dass nur die älteste gefällt werde. Das sei zwar nicht so wirtschaftlich, hindere aber Wind und Wasser daran, den nährstoffreichen Boden abzutragen.

Totholz als praller Lebensraum für Hirschkäfer & Co

Innerhalb dichter Bereiche lassen die Förster tote Bäume liegen, „in ihnen ist häufig mehr Leben als in lebendigen Bäumen“. Im Scholtenbusch habe man das so gemacht. Und im Hiesfelder Wald, der liegt bereits auf Oberhausener Gebiet, habe man aus Sicherheitsgründen jetzt Waldwege gesperrt. Private Waldbesitzer vermarkten umgestürzte Bäume aus ihren Wäldern eher und führen neben dem wirtschaftlichen Aspekt auch den Umweltschutz an: Verrottendes Holz, so Reinhard Krebber, Vorsitzender der Kreis Weseler Waldbauern, setze das lebenslang gebundene CO2 wieder frei.

Wie geht es weiter mit dem heimischen Wald? Ob die Sommer wieder regnerischer werden, das weiß niemand so genau zu sagen. Doch alle setzen jetzt auf eine gute Mischung bei Aufforstungen: „Wir wissen nicht genau, wie ein klimastabiler Wald aussehen wird“, sagt auch Reinhard Krebber. Rund die Hälfte des Waldes im Kreis Wesel ist in Privatbesitz. Ihn für das veränderte Klima fit zu machen, ist teuer, doch es gibt Fördermittel dafür. Beispielsweise gab es 100 Euro pro Hektar Soforthilfe, weitere Mittel sind mit einem ziemlichen Bürokratieaufwand verbunden.

Neue Baumarten austesten, alten eine neue Chance geben

„Im Moment weiß man nicht, was richtig ist“, sagt Krebber. Waldbesitzer aber auch der Landesbetrieb setzen unterschiedliche, teils gewohnte, teils ungewohnte Baumarten: Pinie, Mammutbaum, Douglasie und Roteiche, Edelkastanie, Linde, aber auch Kiefer und Buche. Einige davon neuerdings, andere bereits seit Jahrzehnten. Buchen sind aus den heimischen Wäldern nicht wegzudenken. Es dauert noch 80 bis 150 Jahre, bis der „neue Wald“ steht.

Auch alte Baumriesen kämpfen mit den Folgen des Klimawandels.
Auch alte Baumriesen kämpfen mit den Folgen des Klimawandels. © FFS | Kai Kitschenberg

Private Waldbauern und der Landesbetrieb Wald und Holz NRW gehen beim Umbau ähnlich vor: Sie setzen mindestens vier bis fünf Arten an einem Standort, so dass bei Ausfällen immer noch Wald erhalten bleibt, Monokulturen sind zu anfällig. Eines sei aber klar, sagt Krebber. „Der dunkle Winterwald, wie wir ihn kennen, den gibt es nicht mehr.“ Und die Prognose, wird das mit dem Waldumbau funktionieren? „Wenn man uns lässt, ja“, ist Krebber zuversichtlich. Und Michal Herbrecht meint tröstlich: „Eigentlich kriegt den Wald so schnell niemand kaputt.“

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