Kreis Wesel. Drei Dürresommer haben im Kreis-Weseler Wald Spuren hinterlassen. Auch 2021 hat die Probleme nicht gelöst. Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Gefühlt hat es im vergangenen Jahr viel geregnet – vor allem den alten Bäumen im Wald hat das aber wenig gebracht. Dennoch: Der Waldumbau ist in vollem Gange, sagt Julian Mauerhof, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein. „Damit ist bereits vor 50 Jahren begonnen worden“, so der 41-Jährige. Das Bild in der Öffentlichkeit, dass man ganz am Anfang stehe, sei falsch. Beim Thema Wald geht eben nichts von heute auf Morgen und man sei schon sehr weit. Doch drei Dürresommer hintereinander haben ihre Spuren hinterlassen. „Wir müssen überall dringend etwas tun.“

Mauerhof rechnet damit, dass vor allem alte Buchen in diesem und dem kommenden Jahr noch absterben werden, eine späte Reaktion auf den Dürrestress. Seine Bilanz 2021: „Die oberere Bodenschicht von 20 Zentimetern war im vergangenen Jahr schnell aufgefüllt. Die tieferen erst Ende Juli, das kam für viele Bäume zu spät.“ Die Lage habe sich verbessert, Mauerhof bezeichnet sie aber noch als „ziemlich besorgniserregend“. „2019 habe ich noch gesagt, dass wir einen geeigneten Baukasten zum Waldumbau haben“, sagt der Fachmann. „2020 wurde mir dann angesichts der Entwicklung sehr mulmig. Heute bin ich wieder etwas entspannter.“

Die Hälfte der Freiflächen hat sich natürlich verjüngt

300 Hektar sogenannte Kalamitätsflächen, also durch Sturm und Borkenkäfer verursachte Freiflächen im Wald, gab es am Niederrhein, „zumindest sind das die, von denen wir wissen“. Mehr als die Hälfte davon habe sich bereits auf natürliche Weise verjüngt, „jetzt müssen wir noch rund 150 Hektar aufforsten.“

Welche Bäume stehen im Wald der Zukunft? Zumindest wohl keine Fichten, soviel scheint klar. Ein Allheilmittel sieht Mauerhof nicht. Es gibt den fachlichen Ansatz, den Wald zu verjüngen. Die Idee: „Wenn jemand aus Deutschland nach Italien zieht, kommen die dort geborenen Kinder besser mit dem Klima zurecht als ihre Eltern. Bei Bäumen ist das ähnlich.“ Jungpflanzen können sich an die Verhältnisse besser gewöhnen als 150 Jahre alte Baumriesen. „Ohne Wasser können sie aber auch nicht leben.“

Roteiche und Douglasie leiden kaum unter dem Klima

In der Leucht haben die Bäume sehr unter der Trockenheit gelitten. Das Foto ist im Dürresommer 2020 auf Kamp-Lintforter Gebiet entstanden.
In der Leucht haben die Bäume sehr unter der Trockenheit gelitten. Das Foto ist im Dürresommer 2020 auf Kamp-Lintforter Gebiet entstanden. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Dass Baumarten sich durchaus anpassen, zeige sich im Diersfordter Wald: Kiefern, die eigentlich trocken stehen wollen, haben sich hier an nasse Böden gewöhnt. Genutzt hat es nicht, die plötzliche Trockenheit hat sie umgebracht. Neben der Verjüngung gilt es daher, andere Sorten zu testen. „In der Leucht haben wir nach Kyrill einen Klimawald gepflanzt“, berichtet Mauerhof. Arten wie Mammutbaum, Roteiche, Robinie, Douglasie, Küstentanne und Esskastanie - sie steht zwar überall im Kreis Wesel, ist aber eigentlich nicht heimisch - wurden hier 2008 bei Alpen gesetzt. Für Erkenntnisse sei es noch viel zu früh.

Eines weiß man aber: „Die Roteiche ist der einzige Baum, der so gut wie gar nicht unter der Trockenheit gelitten hat“, sagt Mauerhof. Der Baum wachse relativ schnell und biete gutes Holz, ähnlich dem der Eiche. „Als Bauholz ist es sogar besser geeignet, weil es biegefester ist. Recht offenporig, ist es auch gutes Brennholz.“ Die Fichte als Standardbauholz sei schon vor 2018 Geschichte gewesen, „sie war früher der klassische Brotbaum, weil sie schnell wuchs“. Nur noch sieben bis acht Prozent gab es im Kreis Wesel, die Douglasie dagegen ist im Kommen, weil sie gutes Bauholz auch für den Außenbereich liefert.

Waldumbau, das wird eine kleinteilige Angelegenheit: Man muss schauen, in welcher Höhenlage gepflanzt wird, ist der Boden sandig, lehmig oder tiefgründig? Welche Niederschläge gibt es? „Wir müssen kleinflächig denken: Hier eigenen sich Eichen in Kombination mit Hainbuchen, dort eher Douglasien“, erläutert Mauerhof. In sandigen Böden gedeihe die Kiefer gut, die Buche nicht.

Für Privateigentümer ist der Umbau ein Kraftakt

„Wenn Sie in den Hochwald gehen, scheint dort die Welt noch in Ordnung“, sagt Mauerhof, hier in der Sonsbecker Schweiz und im Tüschenwald sei die Wasserversorgung gut. Im Schermbecker Dämmerwald hingegen seien die Böden traditionell nass. In den Dürresommern gingen daher Fichte und Lärche ein, die die Trockenheit nicht gewohnt waren. In der Leucht in Kamp-Lintfort waren vor allem Kiefern betroffen.

Rund 50 Prozent des Waldes im Kreis Wesel ist Privatwald. „Den Wald umzubauen ist ein hoher finanzieller Aufwand“, nennt er eines der Probleme, die es künftig zu lösen gilt. Ein Ertrag lasse sich erst in rund 100 Jahren erwarten. „Wald ist ein Generationenvertrag: Wir tun, was die Großväter und Väter auch getan haben“, so der Forstamtschef. „Nur: Die Menschen müssen sich das auch leisten können.“ In Wäldern, die dem Land gehören, ist das kein Thema, obwohl auch sie Erträge erzielen. Aber es gibt mehr Freiraum. „Der Klimawald beispielsweise dient allein der Forschung.“