Kreis Wesel. Ein Junge von Wölfin Gloria hat in Niedersachsen offenbar mehr als 21 Schafe gerissen. Wie es um ihn und das Rudel steht, zeigt eine Grafik.

Es ist der 5. Januar, als ein Wolf bei Löningen im Landkreis Cloppenburg 16 Schafe reißt und tötet, nicht einmal eine Woche später sterben sogar 25 Schafe, ein Tier gilt laut Niedersächsischem Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz als verschollen. Wie sich später herausstellt ist der Wolf mit der Kennung GW2596m dafür verantwortlich, 2021 im Schermbecker Wolfsgebiet geboren, seine Mutter ist Wölfin Gloria. Bei beiden Vorfällen sei ein wolfsabweisender Grundschutz vorhanden gewesen, so das Ministerium in Niedersachsen auf Nachfrage.

Wie ist dort das Prozedere? Sobald Risse gemeldet werden, fahre ein Förster oder eine Försterin raus, „vor Ort wird der Schaden detailliert dokumentiert (Herde, betroffene Nutztiere, Zaun, eventuell weiterer Herdenschutz, etc.) und regelmäßig der Verursacher anhand der vorgefundenen Rissbildes festgestellt“. Eine DNS-Probe werde in jedem Fall entnommen, „allerdings nur nach Bedarf ausgewertet“, heißt es zum Vorgehen. Etwa bei einem uneindeutigem Bild oder bei zu erwartenden Genetik-Ergebnissen zwecks Überwachung.

Wolfsrudel Schermbeck: So viele Schafe hat Gloria schon mal gerissen

Die Zahl der getöteten Tiere im Landkreis Cloppenburg scheint auf den ersten Blick sehr hoch. Die Daten des in Nordrhein-Westfalen zuständigen Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) allerdings zeigen: Auch Wölfin Gloria hat hier schon mal innerhalb einer Woche 15 Schafe in Hünxe (Juni 2019) gerissen, 16 Schafe und Ziegen wurden im Dezember 2019 in Oberhausen verletzt oder getötet. Bei weiteren Übergriffen auf Schafe durch dieses Rudel werden die gerissenen Tiere in der Regel im einstelligen Bereich beziffert. Aktuell untersucht das Lanuv einen Übergriff auf Schafe, der sich vergangene Woche in Dorsten ereignet hat. Die Bilanz: zwölf tote Tiere, ein verletztes Lamm. Und auch an der Grenze zwischen Oberhausen und Dinslaken hat es einen großen Übergriff gegeben: 20 trächtige Tiere wurden getötet, verletzt oder verjagt.

„Jedes Tier ist eins zu viel“, betont Wilhelm Deitermann, Sprecher beim Launv. Das sei der Instinkt, im Vergleich zur freilebenden Natur könnten die Tiere in einer eingezäunten Herde nicht fliehen, erläutert er das Verhalten. Wie wahrscheinlich es ist, dass das Tier aus dem Schermbecker Wolfsrudel, das sich derzeit in Norddeutschland aufhält, wieder zurückkehrt? Dazu lehnt der Lanuv-Sprecher jegliche Spekulation ab und sagt nur: „Wir wissen nicht, wohin ein Tier geht.“ Es sei frei- und wildlebend und treffe eigene Entscheidungen.

Wann weibliche Wölfe Nachwuchs erwarten

Der Wolf mit der Kennung GW2596m ist eins von insgesamt neun bekannten Nachkommen aus dem Schermbecker Wolfsrudel. Was aus den einzelnen Tieren geworden ist, zeigt die Grafik. Ein bereits 2020 geborenes Männchen ist ebenfalls abgewandert. Der Verbleib von drei Welpen aus dem Jahr 2021 ist unklar – eins davon ist als„Shampoo-Wölfchen“ bekannt geworden. Spaziergänger hielten den Welpen zunächst fälschlicherweise für einen entkräfteten Hund, nahmen ihn mit nach Hause, duschten und shampoonierten ihn ehe sie ihren Irrtum feststellten. 2022 soll Gloria noch mindestens vier Mal Nachwuchs bekommen haben, ein Tier ist bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn A 31 getötet worden. Ob sich der Vaterrüde weiter im Territorium aufhält, ist derweil unklar.

Aktuell besteht das Rudel somit mindestens aus Gloria und ihren drei Welpen GW3043f, GW3044f und GW3042m. Weibliche Wölfe sind den Experten zufolge anders als Hündinnen nur einmal im Jahr paarungsbereit, Nachwuchs bekommen sie meist zwischen Mai und Anfang Juni.

Über das Rudel hinaus gilt noch ein männlicher Wolf im Kreis Borken als territorial. Ob das Wolfsgebiet vergrößert oder ein neues ausgewiesen wird, soll sich laut Lanuv im ersten Quartal dieses Jahres entscheiden. Ebenfalls im Wolfsgebiet Schermbeck identifiziert wurde im vergangenen Jahr ein weiteres Wolfspaar, außerhalb des Streifgebiets des Rudels. Denn sonst würde dieses es verteidigen, so Deitermann. Um diese zwei Tiere ist es zuletzt ruhig geworden. Es könne schon vorkommen, dass ein Pärchen auch weiter wandere, sagt der Lanuv-Sprecher. Sollten hier noch weitere Nachweise gefunden werden, könnte es bald auch als sesshaft gelten.

Wolfsrudel, Paar und Einzeltier: Grafik gibt Überblick über mögliche Tiere in der Region: