Kreis Wesel. Im Wolfsgebiet Schermbeck wurden zwei weitere Wölfe nachgewiesen. Noch fehlen Daten dazu. Wie Schafhalter im Kreis Wesel darauf reagieren.
- Kürzlich hat das Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) mitgeteilt, dass ein weiteres Wolfspaar im Kreis Wesel nachgewiesen wurde. Noch ist nicht klar, ob die Tiere wirklich hier bleiben.
- Für Schafhalter im Kreisgebiet bedeutet der Herdenschutz seit einigen Jahren viel Arbeit.
- Wir haben uns bei drei Haltern umgehört: Was sie zur neuen Entwicklung sagen.
Bleiben die im Raum Schermbeck nachgewiesenen Wölfe in der Region oder wandern sie weiter? Noch gibt es dazu seitens des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) keine neuen Erkenntnisse. Auch weitere Nachweise gibt es bisher nicht. Ob die Tiere wirklich heimisch werden, lasse sich erst sagen, wenn über ein halbes Jahr hinweg immer mal wieder im gleichen Gebiet mehrere Nachweise erfolgen, heißt es dazu aus der Lanuv-Pressestelle. Schafhalter in der Region, die in den vergangenen Jahren vor allem mit Wölfin Gloria und ihrem Rudel Erfahrungen gemacht haben, werden bei der Nachricht vor einem Monat allerdings dennoch aufgehorcht haben.
Wirklich überrascht sind sie davon aber nicht. „Dass mehr Wölfe kommen, ist klar. Wir befinden uns da grad erst am Anfang in NRW“, meint Maik Dünow, Vorsitzender der Schafhalter im Kreis Wesel. Die zwei zuletzt nachgewiesenen Tiere in Schermbeck seien bisher noch nicht mit Nutztierrissen aufgefallen, sagt der Berufsschäfer. Bei Gloria und ihrem Rudel sei das anders gewesen: Als sich die Wölfin 2018 im Kreis Wesel niederließ, waren die Schafhalter noch nicht darauf vorbereitet, Gloria lernte so, dass sie erfolgreich über Zäune gehen und Schafe reißen kann. Das dürfe gar nicht erst passieren. Dünow wirft der Politik vor, dass viel zu spät reagiert werde. Eigentlich müsse das ganze Land Wolfsgebiet sein und Herdenschutz gefördert werden, damit die Tiere das nicht lernten.
„Schafhalter im Kreis Wesel sind durch den Wolf zusammengerückt“
Im Fall von Christiane Rittmann, die mit ihrer Familie in Schermbeck-Gahlen rund 40 Tiere – Ostfriesisches Milchschaf und Bentheimer Landschaf – hält, habe der vom Lanuv empfohlene Herdenschutz bei Wölfin Gloria allerdings nicht ausgereicht. Ob sie zwischenzeitlich darüber nachgedacht hat, die Haltung aufzugeben? Ja, nach dem dritten Übergriff habe sie gedacht: Passiert mir das noch einmal, dann höre ich auf. Als es dann tatsächlich dazu kam, wollten sie und ihre Familie sich aber nicht unterkriegen lassen: „Wir laufen doch jetzt nicht vor dem Wolf davon.“ Immerhin: Die Halter seien durch den Wolf zusammengerückt, sagt sie.
Bezüglich der zuletzt nachgewiesenen Tiere in Schermbeck sagt Rittmann: „Ich glaube schon, dass die sesshaft sind.“ Wenn diese Wölfe aber so unauffällig blieben und Halter sich zugleich um den Schutz, der ihnen zusteht, kümmerten, sieht sie darin nicht so ein großes Problem.
Für viele ist der Aufwand zu groß - Nicht jeder kann sich Herdenschutzhunde leisten
Inzwischen setzt Christiane Rittmann Herdenschutzhunde ein. Diese Tiere sowie die Instandhaltung der Zäune kosten sie mindestens eine Stunde Mehrarbeit, pro Hund fallen zudem im Jahr Kosten von etwa 2000 Euro an. „Im Moment ist das effektiv. Wir können nur hoffen, dass es so bleibt.“ Rittmann betont aber auch: Nicht jeder Schafhalter könne sich diese Hunde leisten oder sie einsetzen. Die Tiere könnten auch zu Konflikten führen: die Schafe müssten sich an die Hunde gewöhnen, die Umgebung müsse sich auf sie einstellen. Für alle Halter wünscht sich Rittmann mehr Unterstützung bei Umsetzung und Beratung, „man muss auch die kleinen Haltungen mitnehmen“. Denn sie weiß: „Viele Hobbyhalter gibt es nicht mehr, die haben ihre Haltungen abgeschafft.“ Der Aufwand sei für viele einfach zu groß, sie hätten resigniert.
„Wir brauchen die Hobbyhalter dringend“, sagt Erich Specht, der zusammen mit seinem Sohn eine Schafzucht in Hünxe betreibt und Halter in ganz Deutschland beliefert – auch kleinere Haltungen. Specht verweist auf die Bedeutung für die Biodiversität. Vermutlich ist aufgrund ihrer Lage seine Zucht bislang glücklicherweise von Wolfsübergriffen verschont geblieben. „Wir liegen genau zwischen Kanal und Lippe“, sagt Specht. Mit den zwei neuen Wölfen würden die rund 140 Tiere, die Specht hält, von einer zweiten Seite bedroht werden. Dafür müssten die Wölfe allerdings die Lippe überqueren. Herdenhunde kann der Schafzüchter aus Hünxe nicht einsetzen, er habe zu viele Zuchtgruppen, „das können wir nicht bewältigen. Ansonsten sind diese Hunde die sicherste Maßnahme.“
Weiter Prüfung zum Wolf im Kreis Borken - Tiere kommen nicht in fremde Streifgebiete
- Zum Wolfsrüden mit der Kennung GW2347m, der seit einiger Zeit in der Hohen Mark im Kreis Borken als territorial gilt, gibt es keine neuen Nachweise. Unabhängig davon werde weiter geprüft, ob ein neues Wolfsgebiet ausgewiesen oder das bestehende erweitert wird, heißt es dazu vom Umweltministerium. In diesem Zusammenhang hatte das Lanuv erläutert, dass ein neuer Wolf nicht im Streifgebiet eines anderen Wolfes, also zum Beispiel in dem von Gloria und ihrem Rudel aufschlagen könne. Sollten sich die verschiedenen Wölfe begegnen, entscheide die Natur.
- Wölfe markieren ihr Revier durch Duftmarken und signalisieren sowohl durchwandernden als auch benachbarten Wölfen so, dass es besetzt ist, heißt es dazu von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf.