Goch-Kessel. Bei einer Diskussion in Kessel wurde öffentlich: Planungen für 11 Windräder im Reichswald laufen bereits seit langem auf Hochtouren.
Eine Diskussion ohne Gegner? Anfangs war es bisschen so am Mittwochabend im Haus am See in Kessel. Die Initiative Internationalpark Reichswald hatte zur Podiumsdiskussion eingeladen, auf dem Podium saßen mit NRW-Umweltminister Oliver Krischer und Regierungspräsident Thomas Schürmann zwei Landesvertreter, die geduldig über die Chancen eines Nationalparks Reichswald aufklärten. Gegner, etwa von lokaler CDU oder von den Stadtwerken, wollten trotz Einladung hingegen nicht teilnehmen. Am Ende wagte sich dann doch einer auf die Bühne und zündete auch gleich die sprichwörtliche Bombe. Ein Projektierer von ABO-Wind erklärte, dass er am Kartenspielerweg im Reichswald bei Kranenburg elf Windräder mit einer Höhe von 179 Metern plant. Käme der Nationalpark, würde aus dem Projekt allerdings nichts. „Jede Entscheidung für etwas ist auch eine Entscheidung gegen etwas“, sagte er.
Regionalrat prüft zurzeit Windkraftstandorte
Und so kam es nach zwei Stunden dann doch noch zu viel offen geäußerten Emotionen aus dem gut 250-köpfigen Publikum. Hatte man mit den Anti-Windkraft-Initiativen vor einigen Jahren nicht Erfolg gehabt? Und jetzt fängt alles wieder von vorne an? „Dann muss man sich nicht wundern, wenn einige Parteien wählen, die wir eigentlich nicht haben wollen“, sagte ein älterer Besucher.
Regierungspräsident Thomas Schürmann wies darauf hin, dass derzeit die Regionalräte prüfen, wo in NRW der Bau von Windkraftanlagen möglich sei. „Meines Wissens gibt es genügend Flächen außerhalb des Reichswaldes, wo Anlagen entstehen können“, sagte er. Zeitlich liegt eine Entscheidung für oder gegen den Naturpark Reichswald vor einer Entscheidung über den Standort von Windkraftanlagen – sofern der Kreistag sich am 23. April überhaupt für einen Antrag ausspricht und sofern er dann den Zuschlag bekäme.
Ein Booster für die Biodiversität
Anfangs ging es noch um das eigentliche Thema: Was so ein Nationalpark eigentlich bedeutet. „Der wichtigste Vorteil aus Sicht der Heimatvereine wäre Naturschutz und die Verstärkung der Biodiversität“, sagte einleitend Bernd Thönissen vom Verkehrs- und Heimatverein Kessel. Der Kranenburger Artenschutzgutachter Hans Steinhäuser erläuterte, wie entwicklungsfähig der Reichswald ist, wenn etwa Bäume in hohem Alter absterben und Lebensraum für zahlreiche Arten schaffen. Minister Krischer wies auf den Nationalpark Eifel hin, den es seit 20 Jahren gibt und der ein Booster für die Biodiversität sei.
Diskussionen über Reitwege
Wie so ein Nationalpark konkret aussieht, wo gezielt etwas verändert wird und wo man die Natur sich selbst überlässt, wäre dann von der Nationalparkverwaltung in Abstimmung mit den Kommunen sowie Vereinen und Gruppen vor Ort zu klären. „Das sind dann immer spannende Diskussionen, in denen die verschiedenen Interessen miteinander ausgehandelt werden müssen“, sagte Krischer.
„Davon Gebrauch zu machen, ist aber bislang niemals auch nur erwogen worden.“
Das betrifft beispielsweise die Reiter. Während eine Reiterin die Befürchtung äußerte, es werde im Ergebnis weniger Reitwege im Reichswald geben, hoffte eine andere, dass dann statt der bisher schnurgeraden und langweiligen Wege deutlich spannendere entstehen könnten. Im Nationalpark Eifel hat der Beirat der Kommunen sogar ein Vetorecht: „Davon Gebrauch zu machen, ist aber bislang niemals auch nur erwogen worden“, so Krischer.
Trinkwassersorgen sind unbegründet
Das wirkte alles so, als müsse die Landespolitik die Lokalpolitik zum Jagen tragen. Bleibt die Frage nach dem Trinkwasser. Moderator Andreas Gebbink, Leiter der NRZ-Kreisredaktion Kleve, zitierte die Befürchtungen der Stadtwerke, Trinkwasseranlagen könnten in einem Nationalpark womöglich nicht mehr ausgebaut werden oder Zuwege wären nicht mehr befahrbar. Regierungspräsident Thomas Schürmann wies das zurück. Genehmigungen für Trinkwasseranlagen seien immer zeitlich befristet, daran ändere auch ein Nationalpark nichts. Ob und wieviel Trinkwasser entnommen werden könne, hänge von ganz anderen Faktoren ab, etwa von der Menge oder der Qualität. Jetzt sind die Lokalpolitiker am Zug.
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