Goch. Ulrich Knickrehm wies öffentlich das AfD-Ratsmitglied Klaus-Dieter Haefs zurecht. Warum Gochs Bürgermeister sehr deutliche Worte wählte.
„Diffamierende Hetze“, „perfide persönliche Beleidigung“ und „bodenlose Unverschämtheit“: Ulrich Knickrehm hat zum Ende des öffentlichen Teils der Ratssitzung am Dienstagabend, 5. März, eine Rede gehalten, die in Erinnerung bleiben dürfte. Gochs Bürgermeister reagierte mit seinen an Deutlichkeit nicht zu überbietenden Worten auf einen Facebook-Kommentar des AfD-Ratsmitglieds Klaus-Dieter Haefs, den dieser im Nachgang der Demonstration gegen Rechtsextremismus in Goch am 28. Januar im Sozialen Netzwerk veröffentlicht hatte.
Darin stellte Haefs einige haltlose Behauptungen auf. Unter anderem schrieb er davon, dass Verwaltungs- und Stadtwerke-Mitarbeiter „quasi zwangsrekrutiert“ worden seien. „So eine Massenrekrutierung durch die Machthaber und deren Vasallen, den Medien, kenne ich in Deutschland eigentlich nur aus grauen Vorzeiten“, hieß es wörtlich in dem mittlerweile gelöschten Kommentar, von dem der NRZ ein Screenshot vorliegt.
Knickrehm: „Falsch und frei erfunden“
„Herr Haefs, ich weiß nicht, was Sie geritten hat, diesen Post zu schreiben“, sprach Knickrehm, den nur wenige Meter zu seiner Rechten sitzenden AfD-Mann direkt an. Sämtliche Tatsachenbehauptungen seien falsch und frei erfunden, sagte der Bürgermeister klar und deutlich. Kein Mitarbeiter der Verwaltung oder der Stadtwerke sei zwangsrekrutiert worden, um an der Veranstaltung teilzunehmen. „Ebenso wenig gibt es den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass andere Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes zwangsrekrutiert wurden oder ganzen Schulklassen Konsequenzen bei Nichterscheinen angedroht wurden.“ Auch dies hatte Haefs auf Facebook geschrieben.
Als Dienstvorgesetzter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und des Vermögensbetriebs weise er eine derartige Behauptung als dreiste Lüge mit Nachdruck zurück, so Knickrehm. „Gleiches kann ich für Carlo Marks als Arbeitgeber der Mitarbeiter der Stadtwerke tun.“
„Nahegelegter Vergleich zur Nazidiktatur“: „Bodenlose Unverschämtheit“
Auch im weiteren Verlauf der Rede blieb Ulrich Knickrehm bemerkenswert unmissverständlich: „Ich empfinde es zudem als perfide persönliche Beleidigung, als Bürgermeister unserer Stadt nicht nur Opfer dieser dreisten Lügen zu werden, sondern auch als ,Machthaber‘ bezeichnet zu werden, dessen Verhalten man in Deutschland eigentlich nur aus grauen Vorzeiten kenne. Dieser erkennbar nahegelegte Vergleich zur Nazidiktatur ist abscheuliche Diffamierung und eine bodenlose Unverschämtheit.“ Der Facebook-Post sei ein „typisches Beispiel für diffamierende Hetze, die Lügen benutzt, um auf vermeintliche Missstände, die es tatsächlich gar nicht gibt, hinzuweisen, um die Wahrheit zu verbiegen, selbst das Offensichtliche zu leugnen, Unzufriedenheit zu schüren und damit unsere Werteordnung zu untergraben“.
Knickrehm erinnerte Klaus-Dieter Haefs daran, dass Bürgermeister wie Ratsmitglieder unter anderem an das Sachlichkeitsgebot gebunden seien. „Unsachliche, diskriminierende oder diffamierende Äußerungen entsprechen nicht dem Sachlichkeitsgebot“, stellte er klar. Zudem würden das Gesetz und die Bürgerschaft zurecht eine Pflicht zur Selbstbeschränkung und zu loyaler Rücksichtnahme erwarten.
Der Bürgermeister weiter: „Den Respekt, den wir Ihnen in diesen Gremien als gewählten Vertreter unserer Bürgerschaft in den vergangenen zweieinhalb Jahren entgegengebracht haben, diesen Respekt haben Sie verhöhnt und mit Füßen getreten. Es wäre gut, wenn Sie dies einsehen, einen Fehler eingestehen und die daraus resultierenden Konsequenzen ziehen könnten. Dies könnte zu dem Versuch beitragen, zu der loyalen Rücksichtnahme und einer Sachlichkeit zurückzukehren.“ Nach diesem Schlusswort gab es lang anhaltenden Applaus von den übrigen Ratsfraktionen und von der Zuschauertribüne.
Das sagt die AfD zur Rede des Bürgermeisters
Auf NRZ-Anfrage antwortete Klaus-Dieter Haefs schriftlich, dass er im nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzung Stellung genommen habe und dazu keine genauen Aussagen machen könne. „Ich kann lediglich erwähnen, dass der Rat und der Bürgermeister offensichtlich meine Äußerungen zur Kenntnis genommen haben und dass die Rückkehr zu einer konstruktiven Zusammenarbeit weiterhin vollumfänglich gegeben ist.“
Er gestehe in diesem Fall einen Fehler ein. „Meine Entschuldigung an die betroffenen Personen wurde akzeptiert, womit die Angelegenheit vom Tisch sein sollte“, so Haefs. Den betreffenden Kommentar habe er bereits vor geraumer Zeit gelöscht, „da ich mit meiner Wortwahl etwas über das Ziel hinausgeschossen bin“, so das Ratsmitglied.
Gustav Kade, Vorsitzender der Gocher AfD-Fraktion, distanzierte sich im Gespräch mit der NRZ deutlich von dem Post seines Fraktionskollegen: „Ich wusste davon nichts und hätte es sonst sofort vehement abgelehnt. Das geht für mich überhaupt nicht und widerspricht meinem Politikverständnis.“
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und dem Umland