Kleve. Nach der lauten Soundbox-Kritik an der Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen in Kleve reagiert die Stadt. Was Kämmerer Keysers vorschlägt.
Im Streit um die Erhebung der Vergnügungssteuer für kommerzielle Partys in Kleve bahnt sich eine Lösung an. Stadtkämmerer Klaus Keysers kündigte am Rande der Einbringung des Haushalts für das Jahr 2024 an, dass derzeit eine Ratsvorlage für den nächsten Liegenschafts- und Steuerausschuss am 29. November vorbereitet werde. Darin werde die Verwaltung vorschlagen, die 2002 vom Klever Rat beschlossene Vergnügungssteuersatzung an die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes anzupassen.
Konkret bedeutet dies: „Wir würden Tanzveranstaltungen dann nicht mehr besteuern“, sagte Keysers. Die Größenordnung sei finanziell zu vernachlässigen. Aus der Vergnügungssteuer insgesamt rechnet der Kämmerer für 2024 mit einem Ertrag in Höhe von 930.000 Euro.
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Soundbox kündigte Veranstaltungsabsagen an
Das Thema hat große Aufmerksamkeit erfahren, weil die Soundbox und ihr Technikpartner Klever Sound & Light jüngst wegen der Vergnügungssteuer öffentlich angekündigt hatten, die Planung für zahlreiche Events auf Eis zu legen. Drei Veranstaltungen seien bereits abgesagt worden. Soundbox-Inhaber Tim Verfondern kritisierte, dass es trotz Ankündigungen und Gesprächen seit einem Jahr keine Einigung mit der Stadt Kleve gebe.
Udo Weinrich (Offene Klever) forderte, dass die Stadt Kleve den Vorwurf, es habe eine Steuererhöhung gegeben, nicht auf sich sitzen lassen dürfe. Gerd Driever (CDU) nannte die Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltung ein „Bagatellproblem“. Änderungen in der Satzung seien schließlich jederzeit möglich.
+++ So berichteten wir am 26. Oktober über die Diskussion zur Vergnügungssteuer in Kleve +++
Der Party- und Kulturszene in Kleve drohen massive Einschnitte. Die seit 25 Jahren in der Branche fest etablierte Soundbox und ihr Technikpartner Klever Sound & Light (KSL) haben bereits drei Veranstaltungen abgesagt und die Planung für 13 weitere Events und das Public Viewing zur Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2024 vorerst auf Eis gelegt. „Wir mussten die Notbremse ziehen“, sagte Soundbox-Macher Tim Verfondern bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Der Grund: die von der Stadt Kleve erhobene Vergnügungssteuer.
Offene Forderung von knapp 3300 Euro
Aktuell sehen sich die beiden Klever Veranstaltungsunternehmen mit einer offenen Vergnügungssteuerforderung in Gesamthöhe von 3286,62 Euro für vier Verdamp-lang-her-Partys und einer World-Center-Revival-Party im Schützenhaus Keeken in den Jahren 2022 und 2023 konfrontiert. Für eine Party im Casa Cleve in 2021 hätten die Veranstalter zudem bereits rund 2200 Euro an Vergnügungssteuer beglichen, so Tim Verfondern, der erzürnt ist und die Stadt Kleve hart angeht: „Wer Geld braucht, geht über Leichen – in dem Fall über unsere. So wird die Existenz von mindestens zwei Firmen gefährdet. Aber es hängt ja daran auch noch ein ganzer Rattenschwanz von Schützenvereinen, die wegen der Absagen keine Mieten erhalten, Bierlieferant, Personal und so weiter.“ Klever Bürgern würde so Kultur weggenommen werden.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Ende des Jahres 2002 vom Stadtrat beschlossene Vergnügungssteuersatzung, nach der neben Spielhallen unter anderem auch Tanzveranstaltungen der Besteuerung unterliegen. Während etwa Brauchtum-Events als steuerfreie Veranstaltungen gelten, wird für kommerzielle Partys in Kleve eine Vergnügungssteuer von 22 Prozent auf die Bruttoeintrittsgelder fällig. Auch zwischen Konzerten mit einer Band und Partys mit DJs werden Unterschiede gemacht. „Warum muss ein tanzendes Publikum besteuert werden und ein jubelndes Publikum nicht?“, fragte Tim Verfondern. „Parookaville würde besteuert werden – wenn die Gemeinde Weeze es nicht besser wüsste.“ In dieser Form sei es in Kleve jedenfalls eine völlig fehlgeleitete Steuer.
Tim Verfondern: „Eine Kampfansage an die Veranstalter“
Jahrelang habe er nahezu keine Berührungspunkte zur Vergnügungssteuer gehabt, er kenne auch niemanden, der diese Abgabe gezahlt hätte, meinte der Veranstaltungsprofi. 2022 habe sich dies geändert. Verfondern macht dafür die Einstellung einer Mitarbeiterin in der Verwaltung der Stadt Kleve verantwortlich, die die Steuer akribisch eintreiben solle. Er nannte dies „eine Kampfansage an die Veranstalter“.
„Die Satzung ist wirklich lückenlos und der bürokratische Aufwand ist der totale Wahnsinn“, sagte Tim Verfondern. Er sehe sich wegen der geforderten Nummerierung der Tickets nun gezwungen, Eintrittskarten bei Druckereien in großem Umfang in Auftrag zu geben statt sie wie bislang in der heimischen Druckerei selbst zu produzieren. „Das ist auch ökologisch ein Super-GAU.“
Auf Grundlage der verkauften Eintrittskarten für die Veranstaltungen 2022/2023 wurde die Vergnügungssteuer berechnet. Aus dem Bescheid, der der NRZ vorliegt, geht hervor, dass auch die drei Gläser Gratis-Wasser pro Besucher zur Hälfte besteuert werden – „da die Anzahl der eingelösten Wertmarken nicht zu ermitteln ist“.
Eine Partyreihe ist schon nach Goch abgewandert
Tim Verfondern empfindet das Vorgehen der Stadt Kleve als „skurril“, zumal andere Kommunen im Kreis Kleve keine Vergnügungssteuer erheben. „Die Veranstaltungsreihe Al Nite Long haben wir deshalb bereits komplett nach Goch verlegt“, stellte der Partymacher fest. Auch die Veranstaltung zum Weltfrauentag, die die Soundbox bereits mehrfach mit Yvonne Tertilte-Rübo, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Kleve, organisiert hat, steht für 2024 auf der Kippe.
Bereits seit mehr als einem Jahr versuche er, mit der Stadt Kleve eine Einigung zu finden, sagte der Soundbox-Inhaber. In einem Gespräch im Rathaus, an dem unter anderem Bürgermeister Wolfgang Gebing teilgenommen hat, wurde das Problem am 1. März 2023 besprochen. Laut eines Protokolls, das Verfondern präsentierte, sicherte der Bürgermeister zu, eine Beschlussvorlage für den Rat der Stadt Kleve vorzubereiten, um die Vergnügungssteuersatzung zu ändern und Tanzveranstaltung von der Steuer zu befreien. Auch auf Nachfrage habe er bislang jedoch keine Antwort zum aktuellen Stand erhalten. „Deshalb trete ich jetzt erstmals öffentlich gegen die Stadt auf“, sagte Verfondern.
Das fordern die Veranstalter
Gemeinsam mit Frank Storm und Ralf Schmal, den KSL-Geschäftsführern, fordert er ein „sofortiges Aussetzen der Vergnügungssteuer und die Rücknahme des aktuellen Bescheides“. Ansonsten bleibe keine andere Wahl, als alle Veranstaltungen einzustellen. Lukrativ sei das Partygeschäft nach der Pandemie ohnehin schon nicht, „doch wir haben Spaß daran und möchten etwas für die Kultur in der Region machen“, sagt Tim Verfondern. „Bei 22 Prozent Vergnügungssteuer müssten wir allerdings draufzahlen oder die Eintrittspreise von 15 auf 20 Euro im Vorverkauf erhöhen. Das werden wir nicht tun.“
Das sagt die Stadt Kleve
„Aus Gründen des Steuergeheimnisses können keine Informationen zu diesem Einzelfall öffentlich mitgeteilt werden“, antwortete die Stadt Kleve am Donnerstagnachmittag auf eine entsprechende NRZ-Anfrage. „Jedem Bürger stehen Rechtsmittel zur Verfügung, um sich gegen die Festsetzung von Vergnügungssteuern zu wenden.“
Die Stadtverwaltung bestätigte, dass Tim Verfondern vor einigen Monaten in einem Gespräch mit dem Bürgermeister Bedenken gegen die Besteuerung von Tanzveranstaltungen vorgetragen habe. „Die Verwaltung hat dies zum Anlass genommen, die aktuell gültige Vergnügungssteuersatzung bezüglich vorbezeichneter Bedenken zu überprüfen und dem Rat der Stadt Kleve eine Änderung der Vergnügungssteuersatzung vorzuschlagen“, heißt es weiter in der Stellungnahme.