Kleve. Pro-palästinensische Demo: In einem Chat an der Hochschule Rhein-Waal wurde Israel „Terror“ und „Faschismus“ vorgeworfen. Was noch gepostet wurde.
Die Pro-Palästina-Demonstration auf dem Koekkoek-Platz am Montag Abend verlief friedlich. So berichtete die Polizei. Doch hinter den Kulissen herrscht unter den Studierenden der Hochschule Rhein-Waal wenig Frieden. Es brodelt gewaltig. Der NRZ liegt ein Chatverlauf aus einer Stundierenden-WhatsApp-Gruppe vor, der über 700 Mitglieder angehören. Darin wird vor „Terror“ und „Faschismus“ durch Israel gewarnt.
Jannik Berbalk, ehemaliger Student der Hochschule Rhein-Waal, ist schockiert über die Diskussion, die sich am Montag im Hochschul-Chat entwickelt hat. In der Gruppe, die normalerweise dem Austausch von Informationen und Neuigkeiten rund um Kleve dient, wurde am Montag um 14 Uhr die Demonstration angekündigt. Schon das „Sharepic“ zur Ankündigung (Abkürzung für „Shareable Picture“ - teilbares Bild) fand Berbalk fragwürdig: „Gegen Israel-Terror und Faschismus“. Daraufhin fragte Berbalk, was mit Israel-Terror gemeint sei. „Terror gegen Unschuldige - auch Frauen und Kinder“, antwortete ein Mitglied der Gruppe.
Versteckter Antisemitismus
Nach eigenen Angaben leicht sarkastisch, schrieb Berbalk zurück, dass damit doch sicherlich die Hamas gemeint sei, die Hunderte Zivilisten umgebracht hätte. „Beide haben tatsächlich Terror verursacht, wir verurteilen die israelische Regierung“, so die Antwort. Da habe er sich schon gefragt, ob die Ereignisse der letzten Woche völlig unbekannt seien. Allein das Wort Faschismus gegen den Staat Israel zu benutzen, sei für ihn versteckter Antisemitismus. Dabei gehe es nicht darum, dass man Israel nicht kritisieren dürfe. Aber die Wahl der Worte ist entscheidend.
Im weiteren Chat-Verlauf hieß es: „Die israelische Regierung hat unschuldige Zivilisten in einer faschistischen Art und Weise anvisiert und tut dies immer noch. Die Hamas repräsentiert nicht das gesamte palästinensische Volk, und die kollektive Bestrafung, die sie verursacht hat, verstößt gegen das Völkerrecht“. Weitere Aussagen lauten: „Du kannst die internationalen Kriegsverbrechen, die von der israelischen Regierung verursacht wurden, nicht rechtfertigen.“ Und: „Die israelische Regierung fördert die ethnische Säuberung und tötet unschuldige Zivilisten täglich.“
„Gehirngewaschen“ und „ahnungslos“
Berbalk wurde in der Diskussion zwischenzeitlich als „brainwashed“ und „ahnungslos“ bezeichnet. Ein Student schrieb: „Die Todeszahlen auf beiden Seiten sind nicht einmal vergleichbar. Ich bin nicht jemand, der über ‘Politik’ spricht, aber Unwissenheit ist eine andere Geschichte“. Und: „Israel begeht seit Jahrzehnten Kriegsverbrechen in der Region, kämpft nicht einmal militärisch gegen das Militär und bombardiert direkt Zivilisten. Es ist Feuer gegen Feuer zu diesem Zeitpunkt.“
So könne man als Student einer internationalen Hochschule einfach nicht diskutieren, meint Jannik Berbalk. Internationale Beziehungen würde sogar als Studienfach angeboten, da müsse man doch eine Ahnung davon haben, was es bedeute, jemandem Faschismus vorzuwerfen. Natürlich wisse er, wovon er rede, kenne die Geschichte. Aber Aussagen wie „Bring Beweise mit zu deiner Solidaritätskundgebung. Propaganda zählt nicht. Wenn du wirklich glaubst, im Recht zu sein, suche nach ‘Nakbah’ und lass mich wissen, was du davon hältst“, seien völlig fehl am Platz.
Keine Unterstützung durch andere Mitglieder der Gruppe
Berbalk: „Dafür fehlen mir die Worte. Das ist fast ein Problem der Studentenschaft. Warum hat da niemand rebelliert?“ Mit über 700 Mitgliedern habe die Gruppe schon eine gewisse Reichweite. Etwa zwölf Studierende beteiligen sich an der Diskussion, Jannik Berbalk wundert sich über die mangelnde Unterstützung der anderen Studierenden.
Das sagt die Hochschule Rhein Waal
Auf Nachfrage der Redaktion äußert sich die Leitung der Hochschule Rhein Waal: „Wir verurteilen jegliches antidemokratisches Handeln und weisen Äußerungen, die sich gegen die Herkunft oder die Religion einzelner richten, aufs Schärfste zurück“, heißt es im Statement.
An der Hochschule seien in diesem Wintersemester 6500 Studierende aus mehr als 120 Nationen. Die Integration aller dieser jungen Menschen sei Kern des Handelns, unter anderem würden jährlich die „Days of Antidiscrimination“ (Tage der Antidiskriminierung) gemeinsam mit der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) organisiert.
Antisemitismus wird zur Anzeige gebracht
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Die Hochschulleitung will in den kommenden Wochen und Monaten aktiv werden und zum Thema Veranstaltungen organisieren. Man sei sich der historischen Verantwortung bewusst. „Sollten unserer Hochschule Fälle von Antisemitismus bekannt werden, werden diese – wie andere Straftaten auch – uneingeschränkt zur Anzeige gebracht“, so die Hochschulleitung.
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