Kreis Kleve. Viele Kindergärten machen zurzeit ein Minusgeschäft. Die ersten Kitas in Kleve sparen schon bei Personalstunden und Neu-Einstellungen.
Das SOS-Kinderdorf in Kleve funkt Alarm in Sachen Kita-Finanzierung. Einrichtungsleiter Peter Schönrock sagte, dass die Kindertagesstätten im Land mit deutlich gestiegenen Kosten zu kämpfen haben, die nicht von der Kibiz-Finanzierung gedeckt sind. Das Thema sei bereits bei der Landesregierung platziert, aber es sei Eile geboten. Das SOS Kinderdorf Niederrhein habe für sieben Gruppen eine Unterdeckung von zirka 140.000 Euro. In Moers schließen bereits die ersten Einrichtungen einer Großtagespflege.
Einmalzahlung in Höhe von 1240 Euro
Ursächlich für diese Entwicklung sind die hohen Tarifabschlüsse. So erhalten die Mitarbeitenden in den Kitas seit dem 1. Juli 2022 eine Zulage von 130 Euro und zwei Regenerationstage pro Jahr. Im Juni 2023 erhalten die Mitarbeitenden dann eine Einmalzahlung in Höhe von 1240 Euro und von Juli 2023 bis Februar 2024 jeweils 220 Euro und zum 1. März 2024 200 Euro zusätzlich. Ab dem 1. April 2024 steigt das Entgelt um 5,5 Prozent - und mindestens um 340 Euro.
Viel zusätzliches Geld, welches vom Land NRW bislang noch nicht gedeckt wird. Die Erhöhung der Kindpauschalen betrug für das Kita-Jahr 2022/23 1,02 Prozent und wird für das kommende Jahr 3,46 Prozent betragen. Die tatsächlichen Kostensteigerungen würden aber bei über zehn Prozent liegen, sagt Thomas Selders, Geschäftsführer der Katholischen Waisenhausstiftung in Emmerich. Die Stiftung unterhält die Kitas Sterntaler und Arche Noah in Emmerich und Wiesenhüpfer in Rees. Auch die Waisenhausstiftung rechnet mit einem Defizit zwischen 140.000 und 150.000 Euro.
Elterninitiativen haben es schwer
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„Besonders problematisch ist die Situation für die Elterninitiativen, die keine Rücklagen haben“, so Schönrock vom SOS Kinderdorf Niederrhein. Diese Initiativen hätten schon arge Probleme, die Einmalzahlungen in Höhe von 1240 Euro zu stemmen. „Die Situation ist brenzlig“, sagte Schönrock. Kleinere Elterninitiativen würden schnell in Liquiditätsprobleme geraten und müssten dann schließen. „Es muss jetzt etwas passieren. Es braucht eine Steigerung der Kindspauschale.“
Thomas Selders, der mit der Waisenhausstiftung auch Elterninitiativen unterstützt, geht davon aus, dass im Notfall eine Regelung mit dem Kreis Kleve getroffen werden kann. Von Kita-Schließungen geht er nicht aus. „Die Lage ist wirklich ernst, aber ich gehe davon aus, dass das Land NRW eine Regelung treffen wird.“
Elterninitiative kann kein benötigtes Personal einstellen
Julia Marks, Vorsitzende des Montessori Kinderhauses in Kleve-Kellen (eine Elterninitiative) sieht noch keine Zeichen seitens der Regierung, die eine Besserung in Aussicht stellen. Sie berichtet, dass die Einmalzahlung von 1240 Euro jetzt im Juli ausgezahlt wird und dass man diese dank Rücklagen auch bezahlen könne.
Einen zusätzliche Stelle, die für das Kinderhaus dringend nötig wäre, sei aber aktuell nicht drin. Den passenden Bewerber könne man nicht einstellen: „Bei uns sind zwei Erzieher in Elternzeit und leider ist es so, dass unsere Mitarbeitenden jetzt vorerst keine Verstärkung bekommen“, sagt sie. Die gestiegenen Fixkosten für Energie habe man dank guter Verträge noch im Griff.
Kita-Finanzierung muss schnell geregelt werden
Volkhard Wille, stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im NRW-Landtag, sieht auch, dass jetzt schnell etwas passieren muss. Allerdings weiß er um die prekäre Haushaltslage. In diesem Jahr greift zum ersten Mal die Schuldenbremse, so dass das Geld an anderer Stelle reingeholt werden muss. „Wir können nicht immer weiter Schulden machen“, so der Grüne.
Im Gespräch mit der NRZ sagte der Abgeordnete aus Kleve, dass jetzt akut in den Sommermonaten eine Entscheidung getroffen werden muss.
Wie diese aussehen kann, wollte er nicht sagen, da die Kita-Finanzierung auch nicht in seinem Bereich fällt. „Aber ich mache bei den Kollegen der Regierung Druck“, verspricht Wille. „Da ist noch viel zu klären. Aber klar ist, dass jetzt kurzfristig eine Lösung getroffen werden muss.“ Seiner Meinung nach müsse eine Debatte darüber erfolgen, wo das Geld herkommen soll. Irgendjemand müsse letztlich dafür bezahlen.
Tariferhöhungen seien grundsätzlich in Ordnung
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Grundsätzlich hält Schönrock die Erhöhung der Gehälter für gerechtfertigt, denn schließlich müssten die Mitarbeitenden auch mit deutlich gestiegenen Kosten klarkommen. Das sieht auch Wille so: „Alle Angestellten haben Anspruch darauf, dass die Einkommensentwicklung besser wird.“ Die Tariferhöhungen seien angemessen. „Ich sehe nicht, dass irgendjemand übermäßig einen Schluck aus der Pulle genommen hat“, so Wille.
Dass die Situation nicht nur für Elterninitiativen brenzlig ist, macht Ellen Rütter, Verbundleiterin der katholischen Kitas in Kleve deutlich: „Wir können nicht mehr so viele Personalstunden vergeben“, sagt sie.
Zwar müsse man noch nicht Öffnungszeiten reduzieren, aber bei Krankheitsfällen können die wegfallenden Stunden nicht mehr so ohne weiteres vergeben werden. „Es gibt da schon Einbußen in der Personalstruktur“, so Rütter.