Emmerich. Bianca Temath ist Hausdame im Stadttheater Emmerich. Die Alleinerziehende liebt ihren Job. Und weiß, was sich Stars hinter der Bühne wünschen.
Kein gutes Zeichen, wenn man am Boden ist. Zumindest nicht sprichwörtlich gesehen. Wörtlich genommen aber ist es genau das, was die 47-jährige Bianca Temath so an ihrem Job liebt. Denn sie ist Hausdame im Stadttheater Emmerich. Sprich: Sie trägt die Mitverantwortung für die einwandfreie Sauberkeit im gesamten Hausbereich.
Vor, hinter, in den Kulissen und darüber hinaus. Gemeinsam mit drei weiteren Kräften im Team ist sie für die Reinigung und Instandhaltung „ihres“ Theaters zuständig. Und dabei liegt oder kniet sie oft am Boden. Nicht auf irgendeinem Boden, sondern auf dem alt-ehrwürdigen Parkettboden der Bühne und in den Rängen unter den 564 tiefroten Sitzen.
Bianca Temath liebt das was sie tut
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Denn der braucht ganz besondere Aufmerksamkeit und Pflege um so beeindruckend zu glänzen, wie er es auf weiten Teilen bereits tut. „Ich liebe das, was ich tue“, verrät Temath glaubhaft. Sie ist eben hier gerne am Boden.
„Auch weil ich alte Dinge sehr schätze. Deswegen liebe und sammel ich übrigens auch uralte Steine. Und auch der Theaterboden ist wirklich alt“, betont sie im Gespräch mit der NRZ. Aber zu den Aufgaben der drahtig wirkenden, langhaarigen Frau mit den sympathischen Lachgrübchen auf den Wangen zählt noch viel mehr.
Das wollen Stars hinter der Bühne vorfinden
„Die Arbeiten haben wir aufgeteilt. Die beiden Männer im Team sind Hausmeister und für den Ablauf und Auf- und Abbau verantwortlich, außerdem kümmern sie sich ums handwerkliche Instandsetzen des Theaters. Meine Kollegin um alles, was zum Gästebereich gehört. Ich bin für den gesamten Künstlerbereich verantwortlich. Also den Saal, die Bühne, die Büros, VIP-Lounge und mehr.“
Zum „und mehr“ gehört beispielsweise auch die Erfüllung der Bühnenanweisungen der Schauspieler. Temath freut sich: „Das geht jetzt wieder los, denn die Sommerpause ist vorbei. Am Wochenende, 9. September, 20 Uhr, tritt Sebastian Schnoy hier mit seinem politischen Kabarett auf. Er hat sich Süßigkeiten, Obst und belegte Brötchen erbeten. Das werde ich alles entsprechend hier in der ViP-Lounge platzieren.“ Es gibt durchaus anspruchsvollere Stars, so wie Hermann van Veen, der gerne sehr viele Teesorten zur Auswahl hat – in seiner Bühnenanweisung steht: 25 Sorten.
Handwerkliches Geschick vom Vater erlernt
„Aber eine Auswahl reichte dann doch“, erinnert sich Temath. Sie weiß genau, warum sie ihre Arbeit so liebt, die sie seit 2019 macht: „Ich steh da schon voll dahinter. Es ist nie langweilig, nie eintönig. Theater lebt!“
Bianca Temath war nicht immer Hausdame, hat aber immer viel in ihrem Leben gearbeitet. Auch als alleinerziehende Mutter. „Das kann ich gut“, erklärt sie. Arbeiten. Und immer gerne. Hat sie wohl auch von ihrem Vater gelernt, der ihr handwerklich einiges mit auf den Weg gab. „Ich bin ein Papakind“, so die Hausdame heute. Sie steht als Frau ihren Mann und macht lieber, als nur zu reden. „Aber das tue ich schon auch gerne, reden“, lacht Temath.
Im Musikfachgeschäft Jupiter eine Ausbildung gemacht
Sie weiß sich und vor allen Dingen auch anderen zu helfen, bittet aber selbst andere eher wenig um Hilfe. Ursprünglich wollte die gebürtige Weselerin, die in Rees-Bienen aufwuchs und zur Schule ging, Friseurin werden. Aber nach zwei Jahren musste sie aus gesundheitlichen Gründen die Lehre an den Nagel hängen. Eine schwere Allergie auf die saure Dauerwelle war nicht anders in den Griff zu kriegen. Dann ging’s nach Emmerich, wo sie erfolgreich im damaligen Musikfachgeschäft Jupiter eine Lehre zur Einzelhandelsfachfrau absolvierte.
Nach der Ausbildung kamen verschiedene Jobs – Waschstraße, Wettbüro und vier Jahre Beschäftigung im Sozialkaufhaus, wo sie für die Flüchtlingshilfe gearbeitet hat. „Das hat mich geprägt. Der intensive Kontakt mit so vielen unterschiedlichen Kulturen. Die Menschen sind gar nicht so verschieden. Sie haben mich vor allen Dingen positiv beeindruckt. Das war eine sehr, sehr schöne Zeit“, schwärmt Temath, die sich dort als emotionaler Mensch, der aber zuzupacken weiß, wirklich wohl gefühlt hat. „Eine syrische Familie, die vor sieben Jahren in Emmerich ankam, wurde mir besonders vertraut. Wir sind mehr als nur Freunde, wir sind eine Familie.“
Große Familie mit viel Unterstützung
Auch wenn sie nun schon seit 2019 im Stadttheater Emmerich arbeitet und mit ihrer heute 12-jährigen Tochter und dem langhaarigen Siamkater Chaco alleine in der gemeinsamen Wohnung lebt, so hat sie mit ihrer eigenen Familie und den Syrern doch eine ziemlich große Familie, die sich regelmäßig trifft und gegenseitig unterstützt. Am Boden ist sie schon deswegen nie im sprichwörtlichen Sinne.
>>> Theater in Emmerich startet bald wieder
Am Boden ist sie gerne und engagiert, um letztendlich die Bretter, die die Welt bedeuten, auf der Bühne und im Zuschauersaal im besten Licht zu präsentieren. Wie gut ihr das gelingt ist für alle Interessierte ab dem kommenden Wochenende wieder zu sehen, wenn das Theaterprogramm Emmerich in die neue Spielzeit startet. Infos: www.kulturpur.de/buehnen/stadttheater-emmerich.