Emmerich. Die NRZ sprach mit LBS-Gebietsleiter Thomas Stachowski über gebrauchte Immobilien in Emmerich. Wie heute die Finanzierung geplant werden sollte.
In die Glaskugel kann Thomas Stachowski natürlich nicht gucken. Aber der Gebietsleiter der LBS in Wesel, der für Emmerich zuständig ist, erwartet, dass die Preise für Gebrauchtimmobilien weiter runtergehen werden: „Wir gehen davon aus, dass es sich regulieren wird.“ Das ist auch dringend nötig, denn sonst wird es für die Bürger allgemein schwer sein, sich noch eigene Immobilien zu kaufen und diese seriös zu finanzieren. Ist Emmerich in einer Übergangsphase? „Das würde ich so sehen, ja. Die Kaufinteressenten sind in Abwarte-Stellung“, sagt Stachowski.
Seit der Finanzkrise, die 2008 ihren Lauf nahm, stürzten die Zinsen immer weiter nach unten. Zeitweise mit null Prozent Zinsen. In der Folge stiegen die Preise für Immobilien auch in Emmerich. Denn: „Geld hat kein Geld mehr gekostet“, spricht Stachowski hier als Baufinanzierer. Es herrschte geradezu eine „Goldrauschstimmung“. Und was angeboten wurde, verkaufte sich auch. Kostete eine Doppelhaushälfte vor zehn Jahren noch 250.000 bis 280.000 Euro, so konnte der Verkäufer in den vergangenen beiden Jahren mit 100.000 Euro zusätzlich planen.
LBS-Gebietsleiter geht nicht von einer Hochzinsphase aus
Inzwischen ist das Zinsniveau wieder gestiegen. 3,5 bis vier Prozent sind heute der Stand: „Von einer Hochzinsphase gehe ich nicht aus“, wagt Stachowski eine Prognose. Zeiten, in denen das Eigenheim mit zweistelligen Zinsen finanziert wurden, sind noch nicht komplett in Vergessenheit geraten. Aber die aktuelle Zinsentwicklung ist noch frisch. Noch gehen die Verkäufer zögerlich mit den Preisen runter.
Die Ursache dafür, dass der Immobilienmarkt sich derart zugespitzt hat, sieht Stachowski bei der Europäischen Zentralbank, die für die Leitzinsen zuständig ist. „Die EZB war erst sehr zögerlich mit der Zinsanhebung. Machte es dann aber im Trab. Der Markt kam nicht hinterher!“
Verkäufer werden ihre Preise nach unten korrigieren müssen
Immerhin: Die LBS berichtete jüngst von einer ersten Entlastung bei Gebrauchtimmobilien. Ein Einfamilienhaus kostete Ende 2022 im Schnitt 345.000 Euro; minus 13 Prozent zum Juni 2022. Ein Reihenhaus lag bei 249.000 Euro, minus zehn Prozent. Eine Eigentumswohnung allerdings bei 2235 €/m2; plus drei Prozent. Noch greife die Zinsentwicklung nicht nachhaltig genug, aber bald würden Verkäufer merken, dass sie ihre Wunschpreise korrigieren müssen. Hier sei auch eine Moderation zwischen Käufer und Verkäufer nötig.
Bei den Neubauprojekten, unterstreicht Stachowski hingegen, sehe die Lage ganz anders aus: „Da ist es krass im Moment. Alle stellen ihre Projekte zurück.“ Im vergangenen Quartal stellte sich die Frage, wo es mit den Nebenkosten hingeht. Und dann noch die gestiegenen Materialkosten. Da kommt einiges zusammen. Häufig würden geplante Maßnahmen überdacht und kleiner ausgelegt. Dann halt eine Eigentumswohnung...
Der Hauskauf ist noch zu finanzieren – aber bitte mit Sicherungsmodulen planen
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Trotz allem rät Thomas Stachowski auch jetzt noch zum Immobilienkauf: „Ich würde nicht hinterm Berg halten. Gestorben und geschieden wird immer. Jetzt muss die Finanzierung halt passen.“ So könnten Sicherungsmodule eingebaut werden, sodass man nicht nach zehn oder 15 Jahren für die Restschuld schmerzhafte Zinsen zahlen muss.
Der schon totgesagte Bausparvertrag „ist jetzt wieder interessant. Auch nachträglich für die, die schon finanziert haben“, glaubt der LBS-Gebietsleiter. Zugleich seien immer öffentliche Mittel vom Kreis Kleve oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu prüfen.
Thomas Stachowski wünscht sich wieder staatliche Förderung
Es gab Zeiten, in denen Bausparen dreifach gefördert wurde: mit dem Wohnriesterzuschuss, der Arbeitnehmersparzulage und der Wohnbauprämie: „Ich wünsche mir, dass der Staat wieder eine staatliche Förderung installiert.“ Ein Instrument ähnlich der Eigenheimzulage würde er empfehlen. Und eine vernünftige Abschreibung.
Jedenfalls müssen die Bürger die Grundidee mit der eigenen Immobilie schön zu wohnen und fürs Alter vorzusorgen nicht abschreiben. „Man sollte halt mit Fachleuten sprechen und perspektivisch planen. In den vergangenen Jahren ist wenig über den Eigenkapitalaufbau gesprochen worden. Das wird jetzt wieder mehr Thema“, so Stachowski, der bei der Finanzierung einen Eigenanteil von 20 Prozent empfiehlt.
Junge Leute lernen Baufinanzierung nicht in der Schule
Eine seriöse Beratung denke weiter als Kaufpreis und Nebenkosten. Da werden der Zustand der Immobilie sowie Rückstellungen für künftige Investitionen mit bedacht. Potenziale zur Energieeinsparung werden aufgezeigt und bitte nicht die Versicherungen vergessen.
Die junge Generation müsse diese Art der Vorsorge wohl erst wieder kennenlernen. Hochzinsphasen kennen sie gar nicht. Den Umgang mit der Finanzierung vom Eigenheim: „Das lernt man nicht in der Schule.“ Hier könne man auch trainieren. Wer sich beim Hauskauf 800 Euro im Monat für die Finanzierung leisten möchte und vorher 400 bis 500 Euro zur Miete zahlt, „der kann perspektivisch ja den Rest mal auf Seite legen und schauen, wie es im Alltag funktioniert“, erklärt der LBS-Mann, der dies mit vielen Kunden, die im Moment noch überfordert seien, auch so handhabe.
>> Besondere geografische Lage von Emmerich
Thomas Stachowski ist 1994 bei der LBS in Emmerich und Rees angefangen. Inzwischen ist er seit 2016 als Gebietsleiter wieder für Emmerich und Rees zuständig.
Emmerich sieht der Finanzierungsberater als eine Stadt, die bei der Landflucht der Großstädter relevant sei. Für jene, die sich die Immobilien in den Großstädten nicht mehr leisten können. Es gebe eine gute Autobahnanbindung und eine funktionierende Infrastruktur. Zudem sei Emmerich eine Randzone. Sprich: Es gebe grenzüberschreitende Anfragen.