Rees-Haldern. Am Samstagnachmittag hatten die Besucher des Haldern Pop mit der Hitze zu kämpfen. Danach konnten diese Bands die Aufmerksamkeit zurück gewinnen.
Das 39. Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ – ist Geschichte. Es war die große Versöhnung. Nach dem Corona-Ausfall 2020 und dem kleineren Event in 2021 gab es dieses Jahr das große Wiedersehen mit allem, was das Haldern Pop-Herz begehrt: Hervorragende Musik, entspannte Atmosphäre und viel Geselligkeit.
Was bleibt hängen? Drei Tage Sonnenschein pur. Am Samstagmittag hat man gespürt, dass die Hitze der Masse zu schaffen machte. Kaum einer traute sich aus dem Schatten. Im Spiegelzelt musste man nur eine Minute verharren und schon lief einem der Schweiß hinunter. Abkühlungen an Wasser-Düsen wurden gerne angenommen. Im Biergarten stellten Besucher Tische und Bänke hochkant auf, um Schatten zu erzeugen. In Feierstimmung kamen die Festivalbesucher an allen drei Tagen vor allem in den Abendstunden, als der Sommer sich von seiner schönsten Seite zeigte. In Jahren wie diesen wird deutlich: Eigentlich reichen auch 50 Bands statt über 65, denn so viel Ausdauer für diese langen Tage voller Musik hat kaum jemand.
Parquet Courts überzeugten am Samstag
Der Höhepunkt für die Massen war zweifelsohne schon Donnerstag der großartige Auftritt der Beatsteaks. Wir berichteten. Aber auch Samstag gab es reichlich gute Musik. Die New Yorker Parquet Courts, die ihre Musik als Americana Punk bezeichnen, trafen den Geschmack vieler Besucher. Ein inbrünstiger Auftritt. Richtig gut wurde es, als ab dem Hit „Walking at a Downtown Pace“ neben der Stammquartett ein zweiter Perkussionist einstieg. Der Sound wurde dadurch noch vielseitiger.
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Mit Spannung wurde der Auftritt von Black Country New Road erwartet, denn erst im Februar hat mit Isaac Wood die so prägnante Stimme die Band verlassen. Die alten Lieder, die teils auch in Haldern aufgenommen wurden, sollten keine Rolle mehr spielen. Fazit: Die englische Art-Rock-Band präsentierte sich ganz hervorragend. Das Sextett spielte mit vielseitiger Instrumentierung sehr durchdachte Kompositionen. Den Gesang teilten sich die übrig gebliebenen Bandmitglieder – sehr überzeugend. Ein romantisches Duett von Tyler Hyde und Lewis Evans stach hier als Feuerprobe sozusagen heraus.
Bad Bad Not Good überzeugen nur in ihrer Nische
Bad Bad Not Good sind und bleiben eine Nischenband. Ihr instrumentaler Jazz-Rock spricht zur besten Sendezeit nicht die große Menge an. Einige Liebhaber feierten die Musik ab, für andere wurde es zum Geplänkel nebenher. Völlig missraten war die Idee aufs Licht komplett zu verzichten und nur einen Film auf den weißen Hintergrund zu projizieren. Dafür war es lange zu hell, man sah den Film gar nicht.
Als positive Überraschung erachteten viele den Auftritt von King Hannah im Spiegelzelt. Der finstere Blues-Rock baute langsam Stimmungen auf, zog den Zuhörer mit hinein. Um sich dann voll und ganz das beseelten Gitarrenspiel zu fokussieren. Großartig.
Erdmöbel spielten den Soundtrack zur Hitze
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Am frühen Nachmittag hatten es die Bands schwer, gegen die Hitze anzuspielen. Die Horse Lords spielten mit ihrem instrumentalen, experimentellen Jazz-Rock aber auch harte Kost, die kaum jemanden zur Hauptbühne lockte. Da waren Erdmöbel im Spiegelzelt viel zugänglicher. Die 1993 in Münster gegründete Gruppe setzt weniger auf alte Hits, sondern erfindet sich immer neu.
In Haldern spielten sie Stücke aus dem neuen, 14. Album „Guten Morgen, Ragazzi“: „Da geht es viel um Physik“, kündigte Sänger Markus Berges an. Vor allem schien alles zur Situation zu passen: „Mein Leben klebt an mir wie ein Duschvorhang“, lautete eine Textzeile. Das konnten die durchgeschwitzten Besucher sozusagen live nachempfinden. „Die Welt ist ein warmer Ort“, hieß es in einem anderen Lied. Was Du nicht sagst?! Musikalisch half der locker-leichte Indie-Pop mit all seinen Geschwistern gegen die schweren Füße. Gerade die Posaunen-Klänge sorgten für eine schöne Stimmung.
Thumper brachten das Spiegelzelt zum Tanzen
Als Anaïs Mitchell dann die Hauptbühne betrat, hatte sich in Sachen Hitze noch nichts gebessert. Sie und ihre Band gaben alles. Die melancholischen Stücke aus den Genres Indie Folk, Americana und Country werden getragen durch die liebliche Stimme der Sängerin. Wirklich gefühlvoll. Und dabei stand sie mitten in der Sonne. Hitzefrei gab’s hier nicht.
Danach bei Thumper im Spiegelzelt war wohl in Sachen Schweiß eh alles egal. Bei den Iren ging plötzlich die Post ab. Ihr Punk- und Alternative-Rock war sehr flott, baute mit drei Gitarren, zwei Schlagzeugen und dem Bass eine deftige Sound-Wand auf – da musste man einfach mitgehen. Die Band zeigte sich spielfreudig und genoss den Moment; auch mitten im Publikum.
Ethan P. Flynn hätte mehr Zuhörer verdient
Das britische Quartett Chartreuse spielte einen feinen, facettenreichen Indie-Rock. Die hervorragende Harmonie von Michael Wagstaffs dunkler Stimme mit der hellen Stimme von Harriet Wilson fiel auf. Bei der Liedauswahl überraschte die Band mit vor allem langen Stücken, die geduldig Stimmungen entwickelten. Allerdings fielen dadurch einige griffigere Stücke weg.
Ethan P. Flynn hätte am Samstagabend mehr Zuschauer im Spiegelzelt verdient – waren wohl gerade viele zum Abendessen. Denn der melancholische Indie-Rock, getragen von Flynns starker, prägnanter Stimme, ist wirklich stark. Gelungene Übergänge und Tempiwechsel zogen die Zuhörer in den Bann.
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