Haldern Pop 2022: Der Post-Punk dominierte am Freitagabend
•
Lesezeit: 4 Minuten
Rees-Haldern. Am Freitagabend kamen Post-Punk-Fans beim Haldern Pop Festival mit diesen Bands auf ihre Kosten. Shortparis – ein Höhepunkt in der Nacht.
Jene, die gerne Post-Punk oder ähnliche Stilrichtungen hören, kamen am Freitagabend beim 39. Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ – voll auf ihre Kosten. Fünf Bands frönten der Abriss-Stimmung in unterschiedlichen Facetten. Einen bärenstarken Eindruck dabei hinterließ wohl die Noise-Rock-Gruppe Gilla Band aus Irland. Die Qual ist der neue Genuss. Das Publikum im Spiegelzelt war völlig aus dem… Zeltchen.
Die total aggressive Teufelsmusik ertönt jenseits von bekannten Pop-Strukturen. Gerne bauen die Lieder Erwartungen auf, die nicht belohnt werden. Meistens. Aber wenn es dann doch mal die Explosion gibt… der Himmel sei mit euch. Sänger Dara Kiely hat so eine verstörende Art zu singen, das passt hervorragend. Repetitiv im Klang, immer am Ende geht der Ton runter. Als ob er Enttäuschung ausdrücken möchte. Die Band erntete jedenfalls Begeisterung.
Nichts für Harmonie-Süchtige
Schweiß und schräger Glamour waren am frühen Abend bei Gustaf im Spiegelzelt angesagt. Der Post-Punk der New Yorker kommt tanzbar daher, voller Selbstironie. Frontfrau Lydia Gammil, die vor allem mit Sprechgesang arbeitet, driftet zwischenzeitlich ab in ihr Psycho-Aggro-Alterego. Alles für die Show. Das Publikum fühlte sich bestens unterhalten.
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Emmerich und Umgebung
Post-Punk geht auch auf der Hauptbühne. Shame entzündeten einen satten Pogo im Sonnenschein. Das war nichts für Harmonie-Süchtige, derbe und dreckig brutalisierten die Gitarren den Festivalplatz. Charlie Steen, Sänger der englischen Formation, nutzte die Musik, um mit nackten Oberkörper schwitzend die Wut heraus zu lassen. Kam gut an, der Auftritt.
Wer hält durch bis Black Midi?
Fotos vom zweiten Tag beim Haldern Pop 2022
1/29
Squid könnte man in einer Talking Heads-Tradition sehen, vor allem in den Liedern, in denen die Gitarren und der Gesang von Ollie Judges im Fokus stehen. Aber der Auftritt war von einer Vielseitigkeit geprägt. Manche Phasen wirkten wie ein ewiges Intro, dann wurde es mal beatlastiger. Auch hier ließen sich viele begeistern.
Die fünfte Formation sollte Black Midi sein, nachts um 1.45 Uhr – bis dahin hat es die Redaktion nicht mehr geschafft. Etliche Festivalbesucher drückten aber ihre Hoffnung aus, bis dahin noch Kraft zu haben.
Shortparis – eine einmalige Band
Als Kontrastprogramm zu dieser Zerstörungsserie sorgte Curtis Harding mit seiner handwerklich hervorragenden Band für versöhnenden Soul. Jene, die diese Musik ohnehin mögen, werden es geliebt haben, aber für auch für die breite Masse war das ein gelungenes Konzert auf der Hauptbühne. Da wippt jeder geschmeidig mit.
Ein Höhepunkt in der Nacht waren Shortparis. Der Elektropunk der regimekritischen Russen versetzt die Zuhörer in einen anderen Kulturkreis. Die extrem hohe Stimme von Nikolay Komyagin wird von wummernden Beats, Synthesizer und Gitarre begleitet. Komyagin und Pavel Lesnikov, der vorne auf der Bühne die Percussions spielt, boten eine kraftvolle Tanzperformance. Zweifelsohne gibt keine zweite Band wie Shortparis. Das ist einmalig. Und einmalig gut.
Dreistöckige Pudelfrisur
Beste Laune im Spiegelzelt erzeugten auch die Seratones aus Louisiana. Sängerin AJ Haynes kam mit einer dreistöckigen Pudelfrisur daher und wusste das Publikum zu fesseln. Der Retro-Rock, Funk und Soul wird von ihrer starken Stimme geführt. Da tanzten viele mit. Und AJ Haynes war gerne mal mittendrin.
Zur besten Zeit am Abend gehörte Anna Calvi die Hauptbühne, die eine düstere Eleganz mitbringt. Die Band verschwindet im Nebel, im Fokus steht diese Persönlichkeit mit einer fast chanson-artigen Stimme. Dazu der ausdrucksstarke Gitarrensound, der sich aber oftmals lange aufbaut. Hat seine Fans, ist aber nicht so eingängig, dass die Massen total begeistert wären.
Haldern Pop ist für Thus Owls eine Herzensangelegenheit
Für Thus Owls ist die Rückkehr zum Haldern Pop eine sehr persönliche Geschichte. Denn 2007 spielten Erika (bei Loney Dear) und Simon Angell (bei Patrick Watson) noch in anderen Bands, lernten sich kennen und lieben und sind heute ein Paar: „Deswegen ist Haldern Pop für uns immer eine Herzensangelegenheit“, führte Erika Angell zum Auftakt des Konzerts im Niederrhein-Zelt die Zuhörer ein. Ihre Musik baut jazzige, avantgardistische Klangteppiche auf. Saxophon und vielseitige Percussions sorgen für das besondere Etwas.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.