Emmerich. Grenzüberschreitendes Interreg-Projekt Werkplatz könnte Situation der Leiharbeiter auch in Emmerich verbessern. Im Sozialausschuss vorgestellt.

Durch die Großrazzia in vier Emmericher Leiharbeiter-Sammelunterkünften am Sonntag bekam ein Thema im Sozialausschuss am Dienstag nochmal gestiegene Aktualität: das grenzüberschreitende Projekt Werkplatz. In eine Pilotprojekt wird mit den Behörden in Zevenaar und Montferland erörtert, wo es in der Leiharbeit gemeinsame Ansätze in der Unterbringung, der Arbeit und der Integration gibt. Bestätigt sich dies, könnte ein geförderte EU-Interreg-Projekt entstehen über einige Jahre.

Die Stadt Emmerich hat mit Bernd Pastoors, ehemaliger Geschäftsführer Theodor-Brauer-Haus, einen gut vernetzten Experten gewinnen können, der viel Erfahrung mit solchen grenzüberschreitenden Projekten vorweisen kann und im Pilotprojekt nun die Federführung übernommen hat. Er stellte im Ausschuss den aktuellen Stand vor.

Von 8000 Leiharbeitern im Achterhoek leben nur 1500 dort

Sammelunterkünfte- So leben die Emmericher Arbeitsmigranten

Dieser Wintergarten ist mit schwarzem Schimmel befallen.
Dieser Wintergarten ist mit schwarzem Schimmel befallen. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
In der Decke und in der Wand gibt es hier Risse.
In der Decke und in der Wand gibt es hier Risse. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Die Feuerwehr hat provisorisch eine Holztreppe gestützt, die nicht mehr stabil ist.
Die Feuerwehr hat provisorisch eine Holztreppe gestützt, die nicht mehr stabil ist. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Auf engstem Raum richten sich Leiharbeiter in ihren Zimmern ein. Dieses Dachgeschosszimmer ist nicht genehmigt. Die Feuerwehr könnte im Brandfall den Bewohner nicht bergen.
Auf engstem Raum richten sich Leiharbeiter in ihren Zimmern ein. Dieses Dachgeschosszimmer ist nicht genehmigt. Die Feuerwehr könnte im Brandfall den Bewohner nicht bergen. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Die Razzia in Emmerich fand am Sonntag statt.
Die Razzia in Emmerich fand am Sonntag statt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Der völlig versaute Herd wird noch zum Kochen benutzt.
Der völlig versaute Herd wird noch zum Kochen benutzt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Totes Ungeziefer wurde hier in den Türrahmen gefegt.
Totes Ungeziefer wurde hier in den Türrahmen gefegt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Die Außenanlagen sind zum Teil zugemüllt. Die Außenfassade aus Holz nicht gut verarbeitet. Wenn es hier brennt, dann richtig.
Die Außenanlagen sind zum Teil zugemüllt. Die Außenfassade aus Holz nicht gut verarbeitet. Wenn es hier brennt, dann richtig. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
An dem Klebestreifen kleben Schaben.
An dem Klebestreifen kleben Schaben. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Es handelte sich um eine grenzüberschreitende Razzia in Emmerich, an der auch niederländische Behörden beteiligt waren.
Es handelte sich um eine grenzüberschreitende Razzia in Emmerich, an der auch niederländische Behörden beteiligt waren. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Auf engstem Raum leben die Leiharbeiter in Emmerich.
Auf engstem Raum leben die Leiharbeiter in Emmerich. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Bürgermeister Peter Hinze (2.v.r.) war in Emmerich mit dabei, als die Razzia durchgeführt wurde.
Bürgermeister Peter Hinze (2.v.r.) war in Emmerich mit dabei, als die Razzia durchgeführt wurde. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Schimmel an der Decke.
Schimmel an der Decke. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Dieser Küchenboden ist von Schimmel befallen.
Dieser Küchenboden ist von Schimmel befallen. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Manche Räume haben keine Heizung. Hier wird mit einem Raclette-Grill geheizt.
Manche Räume haben keine Heizung. Hier wird mit einem Raclette-Grill geheizt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Die Zusammenarbeit mit der Polizei lief hervorragend, so die Stadt Emmerich.
Die Zusammenarbeit mit der Polizei lief hervorragend, so die Stadt Emmerich. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Oftmals werden mehrere Geräte mit Mehrfachsteckdosen über eine Stromleitung versorgt.
Oftmals werden mehrere Geräte mit Mehrfachsteckdosen über eine Stromleitung versorgt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Statt Tapete klebt Geschenkpapier an der Wand. Dahinter verbirgt sich Schimmel.
Statt Tapete klebt Geschenkpapier an der Wand. Dahinter verbirgt sich Schimmel. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Oftmals findet das ganze Leben in einem Raum statt.
Oftmals findet das ganze Leben in einem Raum statt. © Stadt Emmerich | Stadt Emmerich
Neben Geldern fand die Razzia in Leiharbeiter-Unterkünften am Wochenende in Emmerich statt.
Neben Geldern fand die Razzia in Leiharbeiter-Unterkünften am Wochenende in Emmerich statt. © dpa | dpa
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Neben den Behörden habe man die Fleischfabrik Compaxo aus Zevenaar und den Regionalen Sozialen Dienst Zevenaar (ein Zweckverband) mit ins Boot geholt. Gemeinsam möchte man eine Strategie im Umgang mit osteuropäischen Leiharbeitern finden. „In der Regio Achterhoek arbeiten 8000 Leiharbeiter. Und das ist die Untergrenze. Aber nur 1500 wohnen dort“, erklärt Pastoors. Entsprechend ist davon auszugehen, dass viele davon auf der deutschen Seite der Grenze leben.

Eine erste Abfrage zeige auf, dass es auf beiden Seiten der Grenze Interesse gibt. „Das schlechte Image der Branche stört in der Region“, sagt Pastoors. Bei der Suche nach der gemeinsamen Schnittmenge stünden diese Fragen im Fokus: Wie kann man auf die Menschen zugehen? Ist eine Plattform für kommunale Akteure für den kleinen Dienstweg möglich? Wir kann man Wanderarbeiter dazu bringen, sich Hilfe zu holen?

Mehr mit den Fleischfabriken direkt sprechen

Schimmel im Wintergarten, zerrissene Sofasitzfläche, Wäsche, die dort trocknen soll – die Razzia am Sonntag in Emmerich hat etliche solcher bedenklichen Impressionen geliefert.
Schimmel im Wintergarten, zerrissene Sofasitzfläche, Wäsche, die dort trocknen soll – die Razzia am Sonntag in Emmerich hat etliche solcher bedenklichen Impressionen geliefert. © (...) | Stadt Emmerich

Und zwar nicht bei den Uitzendbureaus, denn die niederländische Sozialberatung sei eher schwach aufgestellt. Häufig stünde nur der Vorarbeiter des Uitzendbureaus zur Verfügung: „Und wer den wegen Hilfen anspricht ist oft nur einen Schritt von der nächsten internationalen Bushaltestelle entfernt“, berichtete Pastoors.

Beim Projekt Werkplatz solle weniger mit den Uitzendbureaus gesprochen werden und mehr direkt mit den Betrieben, denn auch diese müssten ein Interesse an einem besseren Image haben. Es werde nun eine Fragenkatalog entwickelt, um betriebliche Interessen abzufragen. Dann könne man bewerten, ob ein Interreg-Projekt möglich ist, das zum einen auf ordnungsbehördliche Maßnahmen und zum anderen auf Maßnahmen für die Menschen abziele.

Die Politik hatte Nachfragen

Jürgen Brockmann, Grüne, fragte, ob der Integrationsrat eingebunden werde. Die Integrationsbeauftragte Dr. Rodoula Matziari werde das Thema in den Integrationsrat tragen, versicherte Stadtsprecher Tim Terhorst.

Erik Arntzen, CDU, wollte wissen, ob die Leiharbeiter denn inzwischen länger in Emmerich bleiben. Dies konnte Tim Terhorst bestätigen: „Wir wissen von Leiharbeitern, die zwölf oder 18 Monate bleiben.“

Christopher Papendorf, BGE: „Könnte der grenzüberschreitende Austausch nicht auch dauerhaft eingerichtet werden? Auch um präventiv tätig zu sein?“ Das konnte Terhorst nicht konkret beantworten, aber: „Die Zuständigkeiten sind in den Niederlanden und Deutschland nicht immer gleich.“

>> Uitzendbureaus zahlen für Unterbringung

Nach der Razzia werden bekanntlich Leiharbeiter in städtischen Unterkünften untergebracht, da die Sammelunterkünfte nicht mehr bewohnbar sind. Christopher Papendorf, BGE, fragte nach, ob die Uitzendbureaus (die niederländischen Leiharbeitsfirmen) denn für die Kosten der Unterbringung aufkommen müssten? „Selbstverständlich werden die Kosten den Uitzendbureaus zugestellt. Wir werden den Zeitarbeitsfirmen keinen Euro schenken. Bei der Sauerei, die wir da vorgefunden haben, sehe ich keinen Spielraum für Kompromisse“, erklärte Bürgermeister Peter Hinze.

Ferner fragte Papendorf, ob mit möglichen Raumproblemen zu rechnen sei, wenn denn Emmerich weitere Flüchtlinge zugewiesen bekommen könnte. Markus Dahms erklärte, dass vor allem mit Flüchtlingen zu rechnen sei, die schon Angehörige in Emmerich hätten. Die würden bei den Familien unterkommen. Aber, wie Hinze ergänzte, die Uitzendbureaus hätten den Auftrag bekommen, so schnell wie möglich eigene Unterkünfte zu organisieren für die Leiharbeiter.