Düsseldorf. Am Sonntag fand in Düsseldorf ein Friedensmarsch gegen Antisemitismus statt. Was die Teilnehmenden auf die Straße trieb.
Mitte der Woche hatte die Jüdische Gemeinde Düsseldorf zu einem Friedensmarsch unter dem Motto „Gegen jeden Antisemitismus – Solidarität mit Israel“ aufgerufen, die am Sonntagnachmittag durch die Stadt zog. Nach Angaben der Veranstalter waren trotz des Regens 1800 Teilnehmende in der Landeshauptstadt unterwegs. Nach einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kamen sogar ganze 2500 Menschen zusammen. Oded Horowitz, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, zeigte sich auf der Abschlusskundgebung am Theodor-Heuss-Platz sichtlich erfreut über die am Ende hohe Teilnehmerzahl.
Gefolgt waren der Einladung unter anderem Vertreter des Düsseldorfer DGB, der Düsseldorfer Appell und Mitglieder der evangelischen und katholischen Kirchen. Auch Politiker waren dabei, etwa NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) und Düsseldorfs Bürgermeister Josef Hinkel (CDU). Grünen-Landtagsabgeordneter Stefan Engstfeld nahm ebenso teil: „Ich freue mich sehr, dass heute aus Düsseldorf ein klares Signal der Solidarität an das israelische Volk geht“, erklärte er. „Abgesehen von dieser Solidarität setzen wir heute auch ein Zeichen gegen jede Form von Antisemitismus.“
Beim Friedensmarsch blieb es ruhig
So lief der Demonstrationszug, ausgestattet mit Bannern und vielen Israel-Fahnen, am Nachmittag vom Platz der Deutschen Einheit in der Düsseldorfer Innenstadt los und endete in Sichtweite des Landtags. Ausgesprochen ruhig blieb es dabei auf dem „Friedensmarsch“, lautere Rufe oder Sprechchöre gab es keine. Erst bei der Abschlusskundgebung wurde es einmal lauter, als junge Menschen auf der Bühne das hebräische Lied „Am Yisrael Chai“ („Das Volk Israel lebt“) anstimmten.
Dafür wurde auf dem Demozug viel untereinander gesprochen. Etwa über das Entsetzen angesichts antisemitischer Straftaten und auch über den Nahostkonflikt. „Mich macht das echt fertig, dass die Hamas diese Leute noch immer festhält“, erklärte Beate aus Düsseldorf, die durch ihr Kommen ebenfalls ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen wollte. So auch Nino aus Jüchen, der ein „‘Nie wieder‘ ist jetzt“-Schild mitgebracht hatte. „Ich denke einfach, dass jeder in Deutschland dafür eine Verantwortung hat, jetzt etwas gegen Antisemitismus zu tun“, so der Oberstufenschüler.
„Ich habe vor kurzem eine Doku im Fernsehen gesehen, über das Leben von Juden in Deutschland“, erzähle Nadia, die mit zwei Freunden an der Demo teilnahm. Dass viele jüdische Menschen in Deutschland aktuell Angst haben, sich als Juden erkennen zu geben, habe sie schockiert. „Ich dachte, Jüdinnen und Juden in Deutschland seien geschützt.“ Die Demo sei daher eine gute Gelegenheit gewesen, die Zustände nicht nur vom Sofa aus zu kritisieren, sondern tatsächlich ein Signal zu senden.
Kritik an Berichterstattung
Christian aus Düsseldorf wollte mit einem selbstgemachten Schild „Doppelstandards“ in Presseberichten kritisieren: „Man muss seine Quellen überprüfen.“ Oftmals würden Informationen aus dem Umfeld der palästinensischen Autonomiebehörde unhinterfragt in Berichterstattung übernommen, Informationen von israelischer Seite aber mit Distanz behandelt. Auch, dass das Problem antisemitischer Inhalte in palästinensischen Schulbüchern erst seit kurzem ein Thema in der europäischen Politik sei, kreidet er an. „Jahrzehnte wurde darüber geschwiegen.“ Es gebe unter der palästinensischen Bevölkerung viele, die Frieden wollen, er wolle nicht über einen Kamm scheren, aber dennoch bestehe dort noch immer eine große Zustimmung gegenüber der Hamas. Und das würde nicht ausreichend thematisiert, betonte der Düsseldorfer.
Auch Oded Horowitz übte Kritik an der journalistischen Berichterstattung und wünschte sich von den öffentlich-rechtlichen Medien eine „klare Haltung“. So kreidete der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf an, dass Informationen der Hamas dort „für bare Münze genommen“ würden. Dabei sei im Nachgang zu den Anschlägen des 7. Oktober auch ein „Krieg im Internet“ entbrannt, in dem die Täter Falschinformationen verbreiten würden. „Teilweise wird dabei die Wahrheit komplett umgekehrt – plötzlich ist Israel der Aggressor, und nicht die Terrororganisation Hamas!“ Die Bundesregierung lasse gleichzeitig, trotz entsprechender Bekenntnisse, den konsequenten Einsatz für Israels auf Ebene der UNO vermissen.
Gerade jetzt gebe es unter Jüdinnen und Juden in Deutschland eine zunehmende Angst, sich als jüdisch zu erkennen zu geben, wie er nach eigenen Angaben in vielen Gesprächen mit Menschen aus der Gemeinde immer wieder mitbekommen habe. Doch: „Was ich feststellen möchte: Das Judentum gehört zu Deutschland!“ Deswegen fordert Horowitz nun: „Wir müssen klare Haltung zeigen“.