Düsseldorf. Auch in diesem Jahr steigt die Rheinkirmes. Das Volksfest hat in Düsseldorf eine lange Tradition. Doch Standort und Name waren nicht immer fix.
Wie jedes Jahr steigt auch in diesem Sommer auf den Wiesen auf der Oberkasseler Rheinseite ein Spektakel, das Millionen von Besuchern anzieht. Während der zehn Tage, in denen das Fest stattfindet, strömen rund vier Millionen Schaulustige auf die linksrheinische Rheinfront. Die Rede ist von der Rheinkirmes. In 2024 findet das beliebte Volksfest vom 12. bis zum 21. Juli in Düsseldorf statt.
Doch fand die Rheinkirmes schon immer am Rhein statt? Warum findet die Kirmes immer im Juli statt? Und wer veranstaltet die Rheinkirmes? Ein Blick in die wechselvolle Geschichte des Rummels.
Religiöser Ursprung der Rheinkirmes im 14. Jahrhundert
Es gibt einen Grund, warum die Kirmes fast immer zur selben Zeit im Jahr veranstaltet wird, nämlich immer um den 20. Juli herum: Dieser Tag ist der Gedenktag des Stadtpatrons St. Apollinaris von Ravenna. Während der Kirmes-Zeit findet deshalb auch ein Gottesdienst in der Kirche St. Lambertus in der Düsseldorfer Altstadt statt. Anschließend wird der Apollinaris-Schrein in einer Reliquien-Prozession präsentiert.
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Zusätzlich zum Gedenktag wird das Kirchweihfest der katholischen Kirche St. Lambertus gefeiert. Das wird bereits seit dem 14. Jahrhundert gefeiert. Im Rahmen des jährlichen Kirchweihfestes wurde ein (Holz-)Vogelschießen zur Ermittlung eines Schützenkönigs veranstaltet, an dem bis ins 17. Jahrhundert hinein auch Frauen teilgenommen haben. Die ersten Belege für das Vogelschießen stammen aus dem Jahr 1435. Im 16. Jahrhundert war das Volksfest sogar Anlass für die Brautwerber des englischen Königs Heinrich VIII., dessen künftige Ehefrau Anna von Kleve in Augenschein zu nehmen.
Daraus entwickelte sich ein Jahrmarkt, den wir heute als Rheinkirmes kennen. Heute wird der Schützenkönig auf der Kirmes ebenfalls durch ein Wett-Schießen ermittelt.
St.-Sebastianus-Schützenverein Düsseldorf 1316 hat als Veranstalter ein Alleinstellungsmerkmal
Viele großen Volksfeste werden von den Tourismusbehörden der jeweiligen Stadt organisiert und verantwortet, nicht aber die „Rheinkirmes“. Ausgerichtet wird das Fest vom St.-Sebastianus-Schützenverein Düsseldorf 1316. Die Schützen richten das Fest ehrenamtlich in ihrer Freizeit aus.
1500 Mitglieder zählt das „Regiment Stadtmitte“ der Sebastianer zu seinen aktiven Mitgliedern. Davon kümmern sich ca. 300 ehrenamtlich um die Planung und die Ausführung des Rummels am Rhein. Ab sechs Jahren kann man dem Schützenverein beitreten.
Der Veranstaltungsort der Rheinkirmes wechselte mehrfach
Die Rheinkirmes hat zahlreiche Umzüge in seiner langen Geschichte hinter sich. Immer fand sie an prominenten Orten in Düsseldorf statt. Ursprünglich wurde das Vogelschießen plus Jahrmarkt in der Düsseldorfer Altstadt ausgetragen. Im 18. Jahrhundert wurde es aus der Altstadt in den Hofgarten verlegt. Die Spuren sind bis heute in der Stadt zu finden: Bis heute heißt die große Wiese zwischen NRW-Forum und dem Standesamt „Schützenwiese“.
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Aufgrund von Kanalarbeiten im Hofgarten wurde der Jahrmarkt 1875 erneut verlegt: vom Hofgarten auf die sogenannte „Golzheimer Insel“, dem heutigen Rheinpark zwischen Rheinterrasse und Theodor-Heuss-Brücke. Diese Verlegung stieß nicht auf großen Gefallen in der Bevölkerung. Gegen die Verlegung wurden seitens der Bürger Petitionen eingereicht.
Nachdem 1898 die Oberkasseler Brücke errichtet wurde, zog die Rheinkirmes dahin, wo sie bis heute steht: auf die linke Rheinseite nach Oberkassel. Seit 1901 findet sie, mit Ausnahme der Nachkriegsjahre, auf den Festwiesen statt.
Nach dem Krieg: Zu viele Besucher für provisorische Brücke
In den Jahren des Zweiten Weltkrieges fand keine Kirmes statt. 1946 wagte man es, die Kirmes wieder stattfinden zu lassen. Doch die Rheinbrücken waren nach dem Krieg zerstört. Provisorisch wurde von den Briten eine Schwimmbrücke eingerichtet. Die britische Besatzungsbehörde verweigerte die Genehmigung für die Kirmes, weil man nach dem Krieg einen Massenansturm befürchtete. Die Brücke konnte die Last der vielen Besucher und der Schausteller nicht tragen. Daher fand das erste Schützenfest nach dem Krieg auf dem Staufenplatz statt – mit Essensmarken und Dünnbier.
Nach zwei Jahren Auslagerung fand im Jahr 1948 das Schützenfest das erste Mal wieder auf den Rheinwiesen statt. Nachdem die neue Oberkasseler Brücke 1948 offiziell eingeweiht wurde, zog der Festzug –das erste Mal seit 1939 – wieder über die Rheinbrücke zur Oberkasseler Wiese. Vorher waren provisorische Fähren oder die britische Pionierbrücke die einzige Möglichkeit, den Rhein zu überqueren.
Düsseldorf: Historische Bilder der Rheinkirmes
Gesundheitsschutz: Es gab schon weit vor 2020 und 2021 Pandemie bedingte Absagen
Nahtlos konnte die Kirmes nicht jedes Jahr stattfinden. In den Jahren der Covid-19 Pandemie musste das beliebte Fest in den Jahren 2020 und 2021 ausfallen. Doch das war nicht das erste Mal in ihrer langen Tradition, dass die Kirmes aufgrund einer Pandemie nicht wie geplant stattfinden konnte. 1961 hat die Stadtverwaltung alle Schützenfeste für die Dauer des Monats Juli verboten. Auch damals wollte man die Verbreitung einer gefährlichen Krankheit verhindern: die Polio-Krankheit, die häufig zu Lähmungen bei Kindern führte. Daher musste die Kirmes im Oktober statt wie gewohnt im Juli nachgeholt werden.
Namensstreit aus religiösen Gründen
Der Namensstreit um die Kirmes hat schon lange Tradition: Die katholische Kirche wünschte eine offizielle Umbenennung in „Apollinaris-Kirmes“, um den religiösen Hintergrund des Festes zu betonen. Doch die Ausrichter waren bisher dagegen. Der Name „Größte Kirmes am Rhein“ hatte sich in den Köpfen der Leute verankert. Diesen Titel trug die Kirmes seit den 1970er Jahren. Diese Bezeichnung wurde von der neuen Bezeichnung „Rheinkirmes“ 2023 offiziell abgelöst.
Rheinkirmes ist zweitgrößtes Volksfest in Deutschland
Die Düsseldorfer Rheinkirmes ist nach dem Münchener Oktoberfest das zweitgrößte Volksfest in Deutschland. Aufgrund seiner Beliebtheit wurde die Kirmes in den 1970er Jahren auf zehn Tage ausgedehnt. Jährlich strömen rund vier Millionen Besucher zu dem Ereignis zu den linksrheinischen Wiesen. Das macht die Kirmes zusätzlich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor.
Der „Pink Monday“ ist seit jeher eine Besonderheit der Rheinkirmes
Üblicherweise beginnt die Kirmes jedes Jahr zum Start des Wochenendes an einem Freitag. Am darauffolgenden Montag wird der neue Schützenkönig auf dem Balkon des Rathauses in sein Amt eingeführt. Das nennt sich Investitur. Es ist zur Tradition geworden, dass am gleichen Tag, dem Montag nach Beginn der Kirmes, der „Pink Monday“ stattfindet. Dafür treffen sich auf der Kirmes gleichgeschlechtlich Liebende und feiern das Fest gemeinsam. Den Brauch des „Pink Monday“ gibt es seit 20 Jahren und mittlerweile ist mit dem Eintreffen von rund 50.000 Menschen zu rechnen.
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