Düsseldorf. Die Düsseldorferin Sabrina Proschmann (SPD) kandidiert für das EU-Parlament. Warum die Wahl im Junifür die 31-Jährige eine „Schicksalswahl“ ist

Seit 2020 sitzt Sabrina Proschmann (SPD) im Rat der Stadt Düsseldorf. Jetzt kandidiert die 31-Jährige für ein Mandat auf europäischer Ebene: Die Düsseldorferin tritt für ihre Partei bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni an. In den verbleibenden sechs Wochen will sie mit „voller Kraft“ in den Wahlkampf gehen, erklärt sie.

„Ich bin über Europa in die Politik gekommen“, erzählt Proschmann, die an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf lehrt und seit 2017 Mitglied in der SPD ist. Auch ihr akademischer Werdegang liest sich, könnte man sagen, sehr „europäisch“: Proschmann studierte nach dem Schulabschluss in Bad Homburg erst Deutsch-Französische Studien in Regensburg und Clermont-Ferrand (Frankreich). Darauf folgte ein Masterstudiengang „European Studies“ in Flensburg, nahe der dänischen Grenze, und eine Promotion in Düsseldorf und Paris. Danach blieb die 31-Jährige in der Landeshauptstadt.

Europawahl: Düsseldorfer SPD-Frau Proschmann hofft auf hohe Wahlbeteiligung

Die volle Bedeutung der Freizügigkeit in der EU sei ihr in Flensburg deutlich geworden, als Dänemark 2015 zwischenzeitlich die Grenze schloss, erzählt Proschmann. Damals versuchten geflüchtete Menschen, aus Deutschland in das skandinavische Land weiterzureisen. Und auch der Brexit fiel in Proschmanns Studienzeit – inklusive der heiklen Verhandlungen um die Grenzsituationen in Nordirland und Gibraltar.

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Ohne Grenzkontrollen in alle europäischen Nachbarländer reisen zu können, das nehmen viele EU-Bürger heute als normal wahr, sagt die Düsseldorferin. Doch auch dies könne sich schneller ändern, als man damit rechnet, warnt sie – am Brexit sei das ganz gut zu sehen gewesen. Auch der Erfolg nationalistischer Parteien in EU-Ländern könne bedeuten, dass es in Zukunft wieder Grenzkontrollen in Europa gibt, befürchtet die Sozialdemokratin. „Ich weiß, dass bereits in den vergangenen Jahren jede Europawahl als Schicksalswahl bezeichnet wurde“, räumt Proschmann ein. „Aber noch nie war es so wahr wie jetzt.“

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Nach aktuellen Umfragen könnte die AfD in Deutschland erstmals das zweitstärkste Ergebnis einer Partei bei der Europawahl einfahren. Proschmann hofft darauf, dass dagegen viele Menschen am 9. Juni zur Wahlurne gehen. Sie selbst wolle in Europa Demokratie, Freiheit und Menschenrechte verteidigen, betont die Sozialdemokratin.

Proschmann will EU-weiten Mindestlohn und mehr Mobilität

Zu den Themen, die Proschmann in Brüssel stark machen will, gehört auch ein EU-weiter Mindestlohn: „Alle Europäerinnen und Europäer können bereits jetzt in jedem Mitgliedsstaat arbeiten und sich dort niederlassen“, stellt sie fest. „Ich möchte, dass wir den nächsten Schritt gehen, und setze mich für einen europäischen Mindestlohn ein, denn alle Menschen in Europa sollen von ihrem Gehalt gut leben können.“ Auch wolle sie sicherstellen, dass Ausbildung, Studium und Praktika im Ausland für alle möglich werden. Dazu möchte sie besonders das Austauschprogramm Erasmus mit mehr Mitteln ausstatten, damit Kinder es unabhängig vom Einkommen der Eltern nutzen können. „Europa muss bei jungen Leuten populärer werden. Das ist ihre Zukunft“, urteilt Proschmann.

Europa muss bei jungen Leuten populärer werden. Das ist ihre Zukunft
Sabrina Proschmann, Ratsfrau bei der SPD Düsseldorf und Kandidatin für die Europawahl

Auch für die Region will sich die Sozialdemokratin starkmachen, erklärt sie: So wolle sie erreichen, dass der Niederrhein als Industriestandort erhalten bleibt und die wirtschaftliche Kooperation in der Grenzregion weiter ausgebaut wird. „Man darf die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes nicht unterschätzen – 1,7 Millionen Arbeitsplätze in NRW hängen daran.“ Auch die Mobilität solle sich verbessern: „Gerade zu unseren Nachbarn in die Niederlande muss zum Beispiel eine Zugreise einfacher und günstiger werden“, fordert Proschmann.

Was die EU für eine Stadt wie Düsseldorf tut, erscheine vielen Menschen oft nicht fassbar, sagt Proschmann. Dabei profitiere Düsseldorf etwa von europäischen Fördermitteln – zum Beispiel beim Umbau des Bilker S-Bahnhofs oder über geförderte Sozialverbände. Auch die von der EU kürzlich beschlossenen drei Millionen Euro für Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen für ehemalige Vallourec-Beschäftigte bemerkt Proschmann lobend. Doch ein wichtiger Aspekt sei auch, dass die EU für Düsseldorf grundsätzlich gute Rahmenbedingungen schaffe. Insbesondere als Messestadt mit einem wichtigen Flughafen profitiere die Stadt etwa vom freien Personen- und Warenverkehr.

Bis zur Wahl täglich zwei bis drei Wahlkampftermine

Auf der bundesweiten SPD-Liste zur Europawahl tritt Proschmann auf Platz 31 an. Damit die Düsseldorferin ins Europäische Parlament zieht, müsste ihre Partei ein starkes Ergebnis einfahren: Es brauche etwa 32 Prozent der Stimmen, schätzt die Kandidatin selbst. In aktuellen Umfragen kommt die SPD gerade einmal auf 16 Prozent. Doch davon lässt sie sich nicht beeindrucken: Mit „voller Kraft“ möchte die 31-Jährige in den Wahlkampf gehen. Der Terminplan der Ratsfrau ist bis zur Wahl im Juni jedenfalls voll: Jeden Tag habe sie zwei bis drei Wahlkampf-Termine, sagt sie. Auch in den Kreisen Mettmann und Mönchengladbach ist die Düsseldorferin dann unterwegs. Dass Europaabgeordnete für Menschen in ihrer Heimatregion ansprechbar sind, sei sehr wichtig, betont Proschmann. Das werde sie auch für ihre Amtszeit sicherstellen, sollte sie bei der Wahl ein Mandat erringen, verspricht die Sozialdemokratin.

Dass ein Einzug der Düsseldorferin aktuell unwahrscheinlich ist – hatte keinen Einfluss auf die Kandidaten-Auswahl, erklärt Oliver Schreiber, stellvertretender Vorsitzender der SPD Düsseldorf. Mit Proschmann schicke man eine der „besten und vielversprechendsten“ Politikerinnen aus der Düsseldorfer SPD ins Rennen, erklärt er. Vier Jahre lang ist Proschmann bereits Ratsmitglied in der NRW-Landeshauptstadt – seit 2022 als Co-Vorsitzende der SPD-Fraktion.

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