Düsseldorf. In Düsseldorf liegt die Kriminalität höher als im Rest des Landes. Woran es liegt, woher Täter kommen und welche Entwicklung Besorgnis auslöst.
Am 3. April wurde in Düsseldorf die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2023 vorgestellt. Daraus ging unter anderem hervor, dass die Zahl der Sexualstraftaten seit 2013 fast verdreifacht hat. An diesem Montag, 8. April, ordneten die Düsseldorfer Polizeipräsidentin Miriam Brauns und der Leiter der Direktion Kriminalität, Frank Kubicki, das Zahlenmaterial ein. Es herrsche Handlungsbedarf, stellte Brauns klar, und zwar nicht nur bei der Polizei.
Raubüberfälle gehen vor allem von Jugendlichen aus
Dass die Kriminalität in Düsseldorf 2023 gestiegen war, zeigte bereits die jüngst veröffetnlichte Statistik. Doch auch im Landesvergleich schneidet Düsseldorf schlecht ab. So nahm die Kriminalität in NRW im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Prozent zu, in Düsseldorf lag die Rate mit 11,5 Prozent mehr als dreimal so hoch. „Beunruhigend“, so Kubicki, seien vor allem die Raubdelikte an öffentlichen Plätzen. Die Zahl habe zwar im Zehn-Jahres-Trend um fast 40 Prozent abgenommen, von den 378 Raubüberfällen auf offener Straße, seien allerdings zwei Drittel von unter 21-Jährigen begangen worden. Die meisten Raubüberfälle wurden tatsächlich von der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen ausgeübt: 81. Danach erst folgen die Erwachsenen mit 63 Fällen. Erschreckend sei auch, dass 17 Raubüberfälle von Kindern ausgingen.
Die Verbrechen würden vorwiegend innerhalb der eigenen Altersgruppe stattfinden. Ohne den „Bandenbegriff überzustrapazieren“, könne man von regelrechten Jugendbanden sprechen, die andere Jugendliche drangsalierten, ihnen Smartphone und Markenklamotten wegnehmen würden, so Kubicki. Auch bei der Messer-Kriminalität, die deutlich zugenommen habe. Bei den Raubüberfällen im Düsseldorfer Stadtgebiet kamen in 49 Fällen Messer zum Einsatz, das entspricht einer Quote von knapp elf Prozent.
Insgesamt gab es laut Kriminalstatistik 411 Vorfälle, in denen Messer eingesetzt oder aufgefunden wurden. Der krasseste Fall sei wohl ein 14-Jähriger, der der Polizei bereits elfmal mit Messer aufgefallen sei. Ein Einzelfall? Kubicki sagt, „Messer werden sehr häufig und verstärkt auch durch Kinder und Jugendliche eingesetzt. Zum Teil in erschreckender Form.“ Sehr häufig meint hier, dass 40 Prozent aller Messerangriffe von Menschen unter 21 Jahren ausgingen.
Polizeipräsidentin: „Wir als Gesellschaft müssen mehr Grenzen aufzeigen“
Polizeipräsidentin Brauns nahm dies zum Anlass, an das familiäre und schulische Umfeld zu plädieren: „Niemand wird kriminell geboren. Aber das Aufzeigen eines Lebenswegs abseits der Kriminalität muss bereits durch die Familie und andere Institutionen erfolgen“. Miriam Brauns beklagt einen Werteverlust. „Man sieht da die verlorene Moral. Wenn ich keine Achtung mehr vor dem Eigentum anderer habe, habe ich auch irgendwann keine Achtung mehr vor der körperlichen Unversehrtheit anderer.“ Das habe „viel mit der Erziehung zu tun. Wo sind da die Eltern?“ Für die Polizeipräsidentin nimmt die Jugendkriminalität „gerade eine Entwicklung, die nicht in Ordnung ist“.
Es sei „ein Gesamtgesellschaftliches Problem, Grenzen aufzuzeigen. Das tun wir alle viel zu wenig. Wie oft geht man weiter, wenn man hört, dass jemand laut wird, dass Jugendliche lauter werden, weil man sich nicht traut, da einzuschreiten. Ich glaube, wir müssen mehr einschreiten. Wir müssen lauter werden als Gesellschaft. Das dürfen wir.“
Kriminalität als Problem von Außerhalb?
Innenminister Herbert Reul hatte bereits vergangenen Monat für Schlagzeilen gesorgt, als er darauf hinwies, dass die Zunahme von Kriminalität unter Nichtdeutschen besorgniserregende Ausmaße zugenommen hatte. Kubicki meinte, es sei schon der Fall, dass nichtdeutsche Tatverdächtige häufiger Messer mitführten als Deutsche, konkrete Zahlen nannte er allerdings nicht. Immerhin: 43 Prozent aller Messerattacken gingen von Menschen aus, die nicht in Düsseldorf gemeldet waren.
Kriminalität von außerhalb ist dabei ein regelrechter Trend: Nur 37,87 Prozent aller Tatverdächtigen kommen aus Düsseldorf. Und unter den ausländischen Tätern seien sogar drei Viertel nicht in Düsseldorf wohnhaft. Brauns: „Düsseldorf ist eine attraktive Stadt. Dies wissen auch die Täterinnen und Täter und reisen zum Teil extra zur Begehung von Straftaten an“.
Wohnungseinbrüche sind selten erfolgreich
Ein seit Jahren nicht abreißendes Thema vor diesem Hintergrund sind laut Statistik die Wohnungseinbrüche. Die sind zwar niedriger als es vor einigen Jahren noch der Fall war. Die Kurve zeigte zuletzt aber deutlich nach oben. Waren es 2021 noch 771, so sind es nun 1384. Die Aufklärungsquote liegt hier bei unter neun Prozent. Auch weil es sich zu fast 70 Prozent um „herumreisende Tätergruppen“ handele, so Miriam Brauns. „Die sind nur ein paar Tage in der Stadt“. Außer, wenn sie in flagranti erwischt würden, sei da wenig zu machen.
Dennoch gibt es hinsichtlich der Wohnungseinbrüche in Düsseldorf auch gute Nachrichten. Lediglich 756 Einbrüche waren auch vollendete Einbrüche, das heißt, nur in diesen Fällen wurde tatsächlich ein Haus oder eine Wohnung betreten und etwas durchwühlt oder geklaut. Bei fast der Hälfte aller Fälle blieb es nur bei dem Versuch, irgendwo einzubrechen. Das sei auch auf das Verhalten der Bevölkerung zurückzuführen, wie Brauns am Montag ausführte. Die Menschen würden mehr achtgeben als früher. Übrigens berichtet die Polizeipräsidentin da auch aus eigener Erfahrung. Bei ihr wurde in der Vergangenheit ebenfalls eingebrochen: „Danach ist nichts mehr wie vorher, bevor ich in den Urlaub fahre, schaue ich nochmal genau nach, ob wirklich alles zu ist.“
Polizeidirektor Kubicki: „Das Anzeigeverhalten bei Sexualdelikten hat sich verändert“
Thema war auch, dass die Sexualverbrechen in Düsseldorf so deutlich zugenommen haben (NRZ berichtete). Das sei ein Trend, der bereits in den vergangenen Jahren zu verzeichnen war, wie Kubicki mitteilt. „Das hat ein Stück weit sicherlich damit zu tun, dass es ein anderes Anzeigeverhalten gibt.“ Das könne man auch zeitlich ganz gut festmachen. Kubicki führt es auf die Ereignisse der Kölner Silvesternacht 2015/16 zurück: „Danach ist das Anzeigeverhalten ein anderes geworden.“ Die Düsseldorfer Polizei gehe davon aus, dass sich die Anzahl der Taten „nicht wirklich“ verändert habe. Es sei eher eine Verschiebung aus dem Dunkel- ins Hellfeld zu konstatieren.
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Die gute Nachricht hinsichtlich dieser „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, wie Sexualdelikte im Behördenjargon genannt werden, ist, dass die Aufklärungsquote mit 78 Prozent so hoch wie seit Jahren nicht mehr sei. Außerdem seien die Zahlen in Düsseldorf „entgegen dem Landestrend leicht runtergegangen“, wie Kubicki mitteilte.
Aus Sicht von Kubicki und Brauns ist Düsseldorf dennoch eine sichere und lebenswerte Stadt. Zwar ist die Kriminalitätshäufigkeitsziffer so hoch wie in keiner anderen Großstadt in NRW, dennoch: Auf einer Skala von 1 bis 10 würde Polizeipräsidentin Braun Düsseldorf „locker eine Acht geben“.
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