Voerde. Der BSV „Germania“ Voerde feiert sein 275-jähriges Bestehen. Welche Besonderheiten die Besucher zum Jubiläumsfest in Voerde erwarten.
Dass ihre Gemeinschaft auch 275 Jahre in der Zukunft noch existieren würde, hätten sich die Vorväter der Voerder Schützen wohl nicht träumen lassen, als sie anno 1749 die Gemeinschaft, damals noch als Schützenbruderschaft Voerde, aus der Taufe hoben. Aus der Geschichte des Vereins lässt sich allerdings bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wenig berichten. Unterlagen und Protokollbücher gingen in den Kriegswirren verloren. Lediglich die Umbenennung von der „Schützenbruderschaft“ zum BSV „Germania“ Voerde lässt sich auf das Ende des Deutsch-Französischen Krieges im Jahr 1871 datieren.
In ihrer Chronik beschränken sich die „Germanen“ daher auch auf die Nachkriegszeit. Ende April 1949 fand erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Versammlung statt. „Man konnte die Feststellung machen, dass auch der Krieg mit seinen verheerenden Folgen das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schützenbrüder nicht zerstört hatte.“ Ein Gefühl, das den Verein bis heute mitträgt. Das 200-jährige Bestehen konnten die Schützen allerdings nicht feiern. Denn der Schießstand war noch von der britischen Militärbehörde beschlagnahmt. Erst 1951 erhielten die Schützen ihr Grundstück zurück.
Erstes Schießen – und ein neuer Scheibenstand
1953 wurde im wiederhergestellten Schießstand erstmals nach dem Krieg wieder geschossen – allerdings nicht mit Gewehren der Schützen. „Sie waren von einem Büchsenmacher aus Oberhausen geliehen worden“, ist in der Chronik zu lesen. Zum Schützenfest 1958 konnte dann auch die neu gebaute Schützenhalle eingeweiht werden. Es fehlte allerdings ein 50-Meter-Stand, der wegen mangelnder finanzieller Mittel nicht gebaut werden konnte.
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Erst im Jahr 1969, in der Amtszeit des langjährigen Vorsitzenden Heinrich Fengels, konnten die Schützen endlich den Ausbau des Scheibenstandes verwirklichen. Fengels führte dann den Verein als Präsident bis 1983 – 20 Jahre lang – und fand, nach einer kürzeren Amtszeit von Adolf Croes (1983 bis 1987) mit Bernhard Köffer einen würdigen Nachfolger.
Frauen in den Verein und an den Vogelstand
Dessen erste Amtshandlung war es, die Satzung des Vereins zu ändern, um auch Frauen aufnehmen zu können. „Dabei ist zu erwähnen, dass man die Satzungsänderung bis heute nicht bereut hat“, schreiben die Schützen in ihrer Festchronik.
Es dauerte allerdings noch weitere 14 Jahre, bis man 2001 beschloss, dass auch die Schützenschwestern in Voerde mit auf den Rumpf des Königsvogels schießen dürfen. Und weitere sieben Jahre, bis mit Kornelia Neuhaus die erste Frau in Voerde buchstäblich den Vogel abschoss und sich damit selbst zur Königin machte.
Ausbau, Modernisierung und neuer Präsident
Zwischenzeitlich hatten die Schützen allerdings anderweitig zu tun. 1990 wurde beschlossen, die Schießhalle zu erweitern, was ab 1991 unter der Leitung von Hermann Fengels geschah. 1999 feierte der Verein sein 250-jähriges Bestehen und richtete zum ersten Mal das Kreiskönigsschießen aus.
2019 ging schließlich eine Ära zu Ende: Nach 32 Jahren an der Spitze des Vereins übergab Bernhard Köffer das Präsidentenamt an Alexander Neuhaus. Der musste den Verein durch die Coronapandemie führen. Auch wenn es keine Schützenfeste gab und auch der Schießsport zum Erliegen kam, blieben die Schützen nicht untätig: Die Vereinsanlage am Breiten Deich wurde mit einem elektronischen Luftgewehr-Schießstand modernisiert und auch der Gewehrunterstand am Vogelstand bekam ein neues Dach.
Schützenfest feiern in Voerde an zwei Wochenende
Die kommenden Tage stehen bei den Voerder Schützen jetzt allerdings ganz im Zeichen des Jubiläums. Gestartet wird, wenn auch noch etwas im Vorfeld des aktuellen Jubiläumsprogramms, am Dienstag, 30. April, mit dem traditionellen Tanz in den Mai im Festzelt der Schützen am Gasthof Hinnemann an der Voerder Bahnhofstraße. Ab 20 Uhr ist hier die Soundtrack Partyband unterwegs und lässt die Besucher mit einem bunten Potpourri bekannter Musikstücke in den Wonnemonat tanzen. Der Eintritt kostet hier 10 Euro.
Am Wochenende geht es bei den Schützen dann richtig los mit den Feierlichkeiten zum 275-jährigen Bestehen des Vereins. Am Samstag, 4. Mai, treffen sich die Schützen bereits um 8.45 Uhr am Wasserschloss Haus Voerde. Ab 13 Uhr werden sie dann am Schießstand (Breiter Deich) erwartet. Für die Besucher wird es dann ab 17.30 Uhr interessant: Dann startet der große Jubiläumsfestakt im Zelt am Gasthof Hinnemann. Ab 19 Uhr wird dann richtig gefeiert. Die Soundtrack Partyband spielt zum Tanz auf und außerdem wird Party-Schlagersänger Julian Benz mit seinen Hits „König von Malle“ oder „Nimm mich mit ins Paradies“ die Voerder Schützen und ihre Gäste zum Tanzen bringen. Auch hier kostet der Eintritt 10 Euro.
Kreiskönigsschießen bei den „Germanen“ in Voerde
Am Sonntag, 5. Mai, findet anlässlich des Jubiläums das Kreiskönigsschießen des Schützenkreises 012 Dinslaken bei den „Germanen“ statt. Um 11 Uhr treffen sich die Gastvereine aus dem Schützenkreis am Voerder Rathausplatz. Von dort aus geht es auf eine Marschstrecke zur Schießanlage der Voerder Schützen. Für die Marschmusik an dem Tag sorgen das Tambourkorps Voerde, das Tambourkorps Vivat Löhnen, das Tambourcorps Rheingold Mehrum, der Spielmannszug Spellen, das Tambourkorps Möllen, die Niederrheiner Gipfelstürmer und der Bundesspielmannszug St. Victor Xanten. An der Schießanlage startet ab 15 Uhr das Kreiskönigsschießen mit einem Platzkonzert der Niederrheiner Gipfelstürmer. Einen absoluten Höhepunkt für die Gäste gibt es dann mit dem Großen Zapfenstreich um 18 Uhr. In diesem Rahmen findet auch die Proklamation des neuen Kreiskönigs oder der neuen Kreiskönigin statt, bevor die Schützen zum Tanz am Schießstand einladen.
Auch im Schießsport erfolgreich
Nicht nur das Brauchtum, sondern auch der Sport spielen bei den „Germanen“ eine wichtige Rolle.
In den vergangenen Jahren machte vor allem die Jugend des Vereins von sich reden. Vereinsmitglied Finnja Rentmeister sicherte sich bei der Deutschen Meisterschaft 2022 jeweils eine Gold-, Silber- und Bronzemedaille und damit einen Titel als Deutsche Jugendmeisterin. Im gleichen Jahr sicherte sich die damals 16-Jährige eine Bronzemedaille bei der Europameisterschaft.
Vereinskamerad Lukas Steenmanns sicherte sich im gleichen Jahr einen Titel als Deutscher Jugendvizemeister mit dem Luftgewehr.
Vor dem letzten Höhepunkt ihres Schützenfestes gönnen sich die „Germanen“ dann einige Tage Pause. Am Samstag, 11. Mai, geht es dafür früh raus: Um 7 Uhr findet das Große Wecken statt. Um 13 Uhr treten die Schützen dann in Stockum an, um ihren amtierenden König Heinrich Neuhaus abzuholen. Um 17 Uhr geht es dann zum Großen Zapfenstreich am Haus Voerde, bevor sich die Schützen auf den Weg zu ihrem Schießstand machen. Dort soll dann um 18.30 Uhr das Königsschießen beginnen. Wenn dann der neue Thron feststeht, findet die Proklamation des Königspaares ebenfalls am Schießstand statt, wo danach mit einem Tanz in die späten Abendstunden hinein die neuen Regenten gefeiert werden.