Dinslaken. Lavinia Ehrhardt hat als Standesbeamtin vieles erlebt. Doch es gibt eine Trauung, an die sie am liebsten denkt - und ein absolutes „No-Go“.
Es ist „ein Schlüsselmoment“ gewesen, in dem Lavinia Ehrhardt wusste, dass sie ihren Traumjob gefunden hat. Während der standesamtlichen Trauung ihres Bruders in Duisburg habe sie die Traurede halten dürfen und gemerkt: „Das ist der schönste Job der Welt.“ Nach ihrer Ausbildung im gehobenen Dienst einer Stadtverwaltung habe sie bereits über eine Kollegin, die als Vertretungsstandesbeamtin arbeitet, einiges von der Tätigkeit mitbekommen. „Es ist so ein schönes Thema und ich habe mich schon immer für Menschen interessiert“, erklärt Ehrhardt. Als sie dann 2017 zur Stadt Dinslaken wechselte und 2019 eine Stelle im Standesamt frei wurde, sei für sie sofort klar gewesen, sich zu bewerben. Mit Erfolg.
Seitdem habe sie über 300 Trauungen durchgeführt. Einige davon sind ihr besonders im Gedächtnis geblieben. Zum Valentinstag erinnert sie sich an einige besondere Eheschließungen. „Eines der ersten Paare, die ich getraut habe, hat einfach eine tolle Kennlerngeschichte“, sagt sie. Das erste Mal getroffen hätten sich die späteren Eheleute in New York auf einem Festival. „Sie haben dann festgestellt, dass sie beide aus Dinslaken kommen und sogar den gleichen Freundeskreis haben. Das hatte für mich etwas Spirituelles, was mich total gecatcht hat“, beschreibt die 39-Jährige.
Besondere Momente während der Corona-Zeit
Gerade auch während der Corona-Zeit, als keine Gäste bei der standesamtlichen Trauung dabei sein durften, habe es für sie besondere Momente gegeben. „Wenn man mit den Paaren alleine ist, ist die Stimmung schon ganz anders“, sagt sie und erinnert sich: „Ein Paar war sehr traurig, dass keine Gäste dabei sein konnten. Sie haben aber das Beste daraus gemacht.“ Um die Trauung nämlich doch noch besonders zu gestalten, haben die beiden sich gewünscht, sich ein Eheversprechen geben zu können. Währenddessen hatte Ehrhardt das Gefühl, dass die beiden „alles um sich herum ausgeblendet haben“. Sie selbst habe „fast weinen müssen“, weil der Moment so schön gewesen sei. „Und das passiert nicht oft, denn eigentlich kann ich mich ganz gut zusammenreißen“, betont die Standesbeamtin.
Freudentränen bei Gästen oder auch dem Hochzeitspaar selbst sind bei einer Trauung nicht ungewöhnlich. Jedoch gibt es auch manchmal traurige Momente, sagt Ehrhardt. „Manchmal wollen Leute ein Foto eines Hinterbliebenen aufstellen. Das kann man natürlich machen, da ist dann aber immer Fingerspitzengefühl meinerseits gefragt“, meint die 39-Jährige. Sie verstehe, dass manche Paare in einem so wichtigen Moment in ihrem Leben auch an die Verstorbenen denken wollen. „Wenn die Stelle in der Rede dann kommt und ich sehe, dass die Augen glasig werden, muss man es natürlich auch wieder schaffen, den Fokus wieder in eine andere Richtung zu lenken“, sagt sie.
Den Fokus auf etwas anderes setzen möchte Ehrhardt auch immer, wenn ihr selbst während der Trauung ein Missgeschick passiert, was „zum Glück“ nicht häufig vorkommt. „Mir ist mal eine Blumenvase heruntergefallen. Der Boden war voller Scherben und nass. Das war mir unangenehm“, berichtet sie lachend. Ab und an komme es auch mal vor, dass sie sich verspricht, den Namen der Frau dem Mann zuordnet oder andersherum. „Da lacht man aber meist einfach drüber.“
Generell lache sie viel mit den Paaren. „Es gibt aber auch Leute, die zu gerne Scherze machen. Wenn ich den Eindruck habe, dann sage ich das vor der Trauung“, betont Ehrhardt, denn: Wenn einer der beiden aus Spaß im entscheidenden Moment zunächst „nein“ sagt, werde die Trauung abgebrochen. Schließlich müsse man zunächst hinterfragen: „Wie viel Scherz steckt da wirklich hinter?“, so die Standesbeamtin. Zu dieser Situation sei es in einer ihrer Trauungen jedoch noch nicht gekommen. Doch dass Trauungen kurzfristig abgesagt werden mussten, sei sehr wohl schon passiert. An einem Tag hätten drei Hochzeiten verschoben werden müssen, weil bei allen dreien einer der Brautleute den Ausweis vergessen hatte.
Dinslakener Standesbeamtin: „Die Trauungen geben einem so viel“
Das bedeutet nicht nur Stress fürs Brautpaar, sondern auch für Lavinia Ehrhardt. Schließlich verschieben sich dadurch auch alle weiteren Termine am Tag. Doch gerade bei anstrengenden Tagen spürt die Standesbeamtin immer wieder: „Die Trauungen geben einem so viel. Man tankt unglaublich viel positive Energie dabei auf und beendet seinen Tag immer mit einem Lächeln“, beschreibt die 39-Jährige.
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