Dinslaken. Lavinia Benninghoff arbeitet seit März als Standesbeamtin in Dinslaken. Obwohl sie geschieden ist, glaubt sie an das Konzept der Ehe.
„Ja, ich will“ – Ausrufezeichen. Der Spruch an der Wand des Trauzimmers im Rathaus lässt vermuten: Hier kommt kein Brautpaar unverheiratet wieder raus. Es sei denn, einer der Brautleute antworte zum Spaß mit „Nein“, sagt Standesbeamtin Lavinia Benninghoff, um deren Hals eine silberne Kette mit Herzen liegt. Die 35-Jährige arbeitet seit März im Standesamt Dinslaken, ihre ersten Trauungen hat sie bereits hinter sich, ganz ohne Nein-Sager. „Ich habe davon aber schon gehört. In solch einem Fall ist in der Regel aber auch Schluss und die Brautleute müssen an einem anderen Tag wiederkommen.“
Denn die Ehe wird nach dem bürgerlichen Gesetzbuch geschlossen. „Sie ist ein Vertrag. Die Standesbeamten überprüfen die übereinstimmenden Willenserklärungen der Brautleute“, erklärt Benninghoff. Volljährig müssen die Heiratswilligen deshalb sein – und noch weitere Nachweise vorbringen, bevor Benninghoff sie trauen kann. Vorab werde der Personenstand und die Staatsangehörigkeit geprüft. „Die Aussage reicht hier nicht, es müssen öffentliche Urkunden als Nachweise vorgebracht werden. Eine Geburtsurkunde ist nicht genug. Wir brauchen unter anderem eine beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister.“ Jede Prüfung sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Am häufigsten platze die Trauung, wenn die Identität nicht zweifelsfrei geklärt werden könne. Liegen alle geforderten Unterlagen vor, kann ein Termin fürs Trauzimmer gemacht werden.
Grundsätzlich habe sie eine „klassische Beamtenlaufbahn“ eingeschlagen, sagt Lavina Benninghoff. Den Traum vom Trauen hatte sie aber seit Beginn ihrer Laufbahn: „Ich wollte schon immer Standesbeamtin werden, seitdem ich in der Verwaltung tätig bin. Ich finde es spannend, was noch so alles um den Trautag herum passiert. Es ist ja nicht nur die Eheschließung.“ Die Arbeit mit dem Personenstandsgesetz fasziniere sie. „Es ist sehr ausführlich und wickelt das ganze Leben ab.“ Spannend sei es auch, wenn vor einer Eheschließung „mit ausländischer Beteiligung“ nicht alleine das deutsche Recht beachtet werden müsse.
Als Benninghoff 2016 bei der Hochzeit ihres Bruders eine Rede hielt, habe sie gewusst: „Das ist es!“ Inzwischen darf Lavinia Benninghoff regelmäßig Traureden halten. Sie schöpft dafür aus einem Fundus an Gedichten und Zitaten. Über persönliche Worte, die sie dann in die Rede einarbeiten könne, freut sich Benninghoff immer. „Es ist nicht so, dass es immer eine 08-15-Rede gibt, wir gucken schon, wen wir da vor uns haben.“
Auf die Trauungen gilt es, sich gut vorzubereiten. Beim Dresscode zählt Angemessenheit für die Standesbeamtin. „Es gibt das ungeschriebene Gesetz, dass wir nicht in Weiß da stehen.“ Bei den Brautleuten gebe es hingegen alles zu sehen, vom Prinzessinnenkleid bis zur Gothictracht in Schwarz. Zur vollen Stunde begrüßt Lavinia Bennighoff dann die Hochzeitsgesellschaften immer donnerstags und freitags.
Rund 25 Plätze zählt das Trauzimmer der Verwaltung. Im Zweifel müssten Teile der Gesellschaft draußen warten, wenn der Raum zu voll werde. Es komme aber auch vor, dass Paare nur mit wenigen Gästen oder alleine vor den Standesbeamten Platz nehmen. „Zum Beispiel, weil die Familie nichts davon wissen, oder die Trauung ganz privat sein soll.“
Prinzipiell könnten Standesbeamte auch auswärts an einem öffentlich zugänglichen Ort wie einer Gastronomie trauen, die dann für den Anlass gewidmet werden müsse. Also Hochzeit in einer Lieblingskneipe oder dem Ort der ersten Begegnung? „Der würdige Rahmen muss gewahrt bleiben. Das ist Auslegungssache der Beamten.“
Rund 220 Ehen pro Jahr
In Dinslaken steht Paaren bislang aber nur das Trauzimmer im Rathaus zur Verfügung: rund 220 Ehen werden pro Jahr hier geschlossen, erzählt Lavinia Benninghoff. Ideen für Trauorte außerhalb des Rathauses hätten die Standesbeamten zwar viele, sagt die 35-Jährige. Doch „die Umsetzung unterliegt einem aufwendigen Prüfverfahren, das in Abstimmung mit der Verwaltung erfolgt.“
Auch interessant
Vertreten seien unter den Brautpaaren alle Altersklassen, einen „Trend“ könne Benninghoff da nicht ausmachen. „Wir haben auch Paare, die schon 80 sind, oder mehrmals geschieden.“ Im vergangenen Jahr seien in Dinslaken 19 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen worden sowie 13 Umwandlungen von Lebenspartnerschaften. „Hier ist die Tendenz zu beobachten, dass die gleichgeschlechtliche Ehe besser angenommen wird, also noch die eingetragene Lebenspartnerschaft.“
Gründe für eine Eheschließung seien „wohl unterschiedlich“ – teilweise auch, um Lebenspartner rechtlich abzusichern. „Bei den jüngeren Paaren ist es aber wohl nur die Liebe.“ Abgefragt würde die Motivation im Vorgespräch mit den Standesbeamten aber nicht. Lavinia Benninghoff selbst ist geschieden – und glaubt trotzdem an das Konzept der Ehe. „Ich würde auch wieder heiraten.“