Voerde. Die adeligen Frauen gaben Haus Götterswick Kontinuität - was der Frauengeschichtswerkstatt über Aleide, Styne, Griet und Elisabeth bekannt ist.
Im Raum Voerde lebten wie überall und zu allen Zeiten einfache, nicht adelige Frauen sowie hochgestellte, adelige Frauen. Frauen, die Geschichte schrieben, obwohl sie von der Geschichtsschreibung oftmals nicht beachtet wurden. Frauen, die im Hintergrund wirkten und deren Schicksale nie Einzug in die Annalen fand. Und so sind Informationen vor allem zu nicht adeligen Frauen aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit recht rar. Über Klosterfrauen oder Frauen aus dem Adel oder gar „Hexen“ ist schon eher etwas zu erfahren. Die Voerder Frauengeschichtswerkstatt hatte sich bereits vor Jahren aufgemacht, den Frauen Voerdes ein Gesicht zu geben. Erschienen sind deren Schicksale jetzt in einer erweiterten, neuen Broschüre „Frauen in der Voerder Geschichte“. Die NRZ stellt einige vor.
Voerde ohne Erwähnung von Haus Götterswick ist nicht denkbar, schließlich galt das Herrenhaus als bedeutender Adelssitz. Vielleicht ist daher etwas Geschichtliches auch über die Frauen zu erfahren, schreibt Gisela Marzin in ihrer Abhandlung über Aleide, Styne, Griet und Elisabeth – den adeligen Frauen auf Haus Götterswick.
Das war Aleide von Loet
Von ihnen ist Aleide von Loet die erstgenannte unter ihnen. Überhaupt ist sie die erste urkundlich fassbare Frau im Raum Voerde. Eigentlich unfassbar, denn Frauen hat es seit Anbeginn der Menschheit gegeben. Aleide war nun mit Johann von der Are auf Haus Ahr verheiratet und wird urkundlich erstmals 1295 erwähnt. Damals war sie allerdings schon tot. Das Geschlecht derer von der Are war zu jener Zeit hoch angesehen, unterzeichnete doch Albertus von der Are 1273 als einer der Zeugen die Stadterhebungsurkunde von Dinslaken.
Der Stammsitz der von Loets lag laut den Recherchen von Gisela Marzin in der Düffel zwischen Kleve und Nimwegen. Die Herren von Loet dienten wie die von der Are treu dem Grafen von Kleve und erhielten dafür Lehen. Aleide und ihr Bruder Johann gründeten den Familienzweig der von Loet in Voerde, der über sieben Generationen hinweg bestehen sollte. Unter anderem wurden sie von der Werdener Äbtissin mit dem Hof Voerde belehnt. Im Laufe der Zeit vermehrten sie ihren Besitz, wurden Kirchenmeister und Gerichtsherren in Götterswickerhamm.
Das war Styne von Loet
Styne von Loet war eine geborene von Proyt. Ihre Familie stammte ursprünglich aus Budberg. Ihr Vater Ysebrant diente zeitlebens dem Kurfürsten von Köln, sein Bruder, Stynes Onkel Gerhard, hingegen stand als Amtmann von Dinslaken in klevischen Diensten. Styne war also eine „gute Partie“, die vermutlich mit 14 Jahren 1361 Ehefrau von Jordan von Loet wurde. Dieser wurde 1372 mit Haus Götterswick belehnt, was Styne zur ersten Herrin des Adelssitzes machte. Während ihr Mann in Diensten des Klever Grafen unterwegs war, leitete Styne die Geschicke von Haus Götterswick, zog die beiden Söhne groß. Doch wie das so im Mittelalter gang und gebe war, als sie Witwe wurde, ging das Lehen nicht auf sie über. Immerhin durfte sie jedoch selbstständig Rechtsgeschäfte tätigen. Überliefert ist, dass sie 1396 in Götterswick Land erwarb, das sie bis dato gepachtet hatte.
Hier gibt es die Broschüre
Die Broschüre „Frauen in der Voerder Geschichte“ ist für zehn Euro in den Voerder Buchhandlungen „Lesezeit“ von Sabine Friemond und „Buch und Präsent“ von Mila Becker erhältlich. Herausgegeben wurde der knapp 100 Seiten umfassende Leseband von der Frauengeschichtswerkstatt Voerde.
Ihre Söhne übrigens schlossen sich als Kreuzritter dem Deutschen Orden an und zogen 1406 für den Grafen von Kleve gegen die Stadt Lüttich ins Feld. Auch gegen Duisburg folgten sie ihrem Grafen. Doch irgendwann scheint Jordan von Loet ein schweres Verbrechen begannen zu haben, über ihn wurde die Reichsacht verhängt. Styne, seine Mutter, hat das allerdings nicht mehr miterlebt.
Das war Griet von Kleve
Griet von Kleve war hingegen eine so gennnate „Bastardtochter“, also eine uneheliche Tochter des Grafen von Kleve. Als Hermann von Loet, Stynes zweiter Sohn, die junge Frau heiratete, bedeutete dies einen gesellschaftllichen Aufstieg der Familie. Haus Götterswick, zu jener Zeit von Hermanns Onkel, Heinrich von Poyt geleitet, sollte nach dessen Tod an Hermann von Loet und seine Frau Griet übergehen. Als es soweit war, übertrug Hermann seiner Frau Griet das Haus Götterswick als Leibzucht, also Versorgung für den Fall, dass sie Witwe wurde, schreibt Gisela Marzin. Ob Griet aber ihren Mann überlebte, ist nicht bekannt.
Das war Elisabeth von Bellinchoven
Ihr Sohn Hermann von Loet ehelichte schließlich Elisabeth von Bellinchoven, die aus einem beim Klevischen Grafen hoch angesehen Adelsgeschlecht entstammte. Damit festigte Hermann von Loet seine Reputation und wurde mit Haus Götterswick und dem Hof Voerde belehnt. Die Eheleute stifteten auf ihrem eigenen Grund und Boden in Stockum 1467 das Frauenkloster Marienacker.
1542 starb die Familie von Loet aus. Doch seit dem 14. Jahrhundert hatte sie in verschiedenen Familienkostellationen immer zu Haus Götterswick gehört. Das heißt, die Männer wechselten, die Frauen aber sorgten für Kontinuität, so Gisela Marzin.
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