Voerde. Ausstellung und kleine Broschüre erzählen von Frauen, die in Voerde wirkten. Forderung nach Sichtbarkeit von Frauenpersönlichkeiten im Stadtbild.

Ob die Schwestern Tendering, Anna Hülser, Elle Rickmann oder die Frauen des Hauses Voerde – die Stadt ist reich an Frauengeschichte, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Doch Frauen haben immer schon Geschichte geschrieben, in vielfältiger Art, ob als Künstlerinnen, als Adlige, als Hebammen, als Unternehmerinnen oder leider auch als Opfer.

Im Jahr 2007 hatte sich eine Gruppe von sieben Frauen zur Frauengeschichtswerkstatt Voerde zusammengefunden, um den weiblichen Gang der Ereignisse in Voerde herauszuarbeiten, schreibt Bürgermeister Dirk Haarmann in seinem Vorwort zur neuen Frauenbroschüre. Hatte die Frauengeschichtswerkstatt bereits 2010 ihre Forschungsergebnisse in einer kleinen Broschüre dargeboten, waren ab diesem Zeitraum neue Frauen zur Geschichtswerkstatt hinzugekommen, die ihre speziellen Fähigkeiten einbrachten und einen neuen Blick auf die Frauengeschichte Voerdes warfen. Das Ergebnis: eine Ausstellung vom Wirken vieler Frauen in Voerde und den Ortsteilen.

Ausstellung im Rathaus ist noch bis zum 14. Dezember zu sehen

Dabei gibt es viel Neues zu entdecken, neue Themen wurden schließlich erarbeitet. Zu den Themenfeldern gehören historische Frauen wie Aleide, Styne oder Elisabeth von Meverden, allesamt Frauen, die im Mittelalter auf Haus Götterswick gelebt haben. Aber auch mutige, tatkräftige Frauen des 20. Jahrhunderts werden in Ausstellung und Broschüre vorgestellt: Unternehmerinnen, gesellschaftlich aktive Frauen und Künstlerinnen, gibt Gisela Marzin von der Frauengeschichtswerkstatt Voerde einen kurzen Abriss in ihrer Rede bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus Voerde.

Ich würde mir wünschen, dass Frauen in Voerde künftig sowohl bei der Vergabe von Straßennamen, bei der Benennung von Gebäuden, Plätzen oder als Namensgeberin für einen Preis oder selbst als Preisträgerinnen berücksichtigt werden.
Gisela Marzin, Frauengeschichtswerkstatt Voerde

Interessierten steht die kleine, aber feine Ausstellung noch bis zum 14. Dezember auf dem Gang vor dem großen Sitzungssaal zu den Öffnungszeiten des Rathauses offen. Unterteilt in kleine Gruppen, finden sich dort auf großen Plakaten Frauenschicksale abgebildet. Da wird beispielsweise Else Kustos genannt, eine alte Dame, die sich als Bewahrerin des Marmsen Platt entpuppt. Auch Ingrid Hassmann und Martina Reimann wurden verewigt, die Weiberwirtschaft Voerde, deren Name zu Marzins Leidwesen („der leicht provokante Name gefiel mir persönlich immer sehr gut“) in Frauenzentrum umgewandelt wurde.

Bürgermeister zeigt sich von der Arbeit der Frauengeschichtswerkstatt begeistert

Bürgermeister Dirk Haarmann gibt sich begeistert ob der Hingabe, mit der sich die Frauengeschichtswerkstatt ihrer Arbeit widmet. Diese habe das breite Spektrum der Frauen, die oft im Verborgenen Großartiges geleistet haben, ans Tageslicht gefördert. Er sei sich bewusst, wie viel Arbeit dahinter stecke, wie viele Stunden Recherche, wie viele erschütternde Schicksale es aber dabei auch zu verarbeiten galt. Da seien die jüdischen Schicksale, die Zwangsarbeiterinnen, die Euthanasieopfer des Nationalsozialismus genannt.

Hans-Joachim Schwan schaut sich im Rathaus die Ausstellung an.
Hans-Joachim Schwan schaut sich im Rathaus die Ausstellung an. © FUNKE Foto Services | Gerd Hermann

Gisela Marzin bedankt sich bei Bürgermeister Haarmann für die Unterstützung, dankt der Gleichstellungsbeauftragten Bettina Loogen, der Archivarin Kirsten Lehmkuhl und den vielen anderen Mitstreiterinnen, ohne deren tatkräftige Unterstützung, ohne deren Recherche weder Ausstellung noch Broschüre hätten auf die Beine gestellt werden können. Auch den Sponsoren galt ihr Dank. „Heute feiern wir, was die Unterstützung von vielen Personen und Institutionen möglich gemacht hat“, hebt Gisela Marzin hervor und ergänzt: „Ist es vermessen, noch mehr zu wünschen? Ich würde mir wünschen, dass Frauen in Voerde künftig sowohl bei der Vergabe von Straßennamen, bei der Benennung von Gebäuden, Plätzen oder als Namensgeberin für einen Preis oder selbst als Preisträgerinnen berücksichtigt werden.“

Es gebe in Voerde keine Straße, kein Gebäude und keinen Platz, der nach einer Frauenpersönlichkeit benannt wäre. Auch bei künftigen Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte sollten sie angemessen berücksichtigt werden, fordert Marzin.