Dinslaken. Mit dieser Überraschung endete das erste Konzert der „Jazz in Dinslaken“-Reihe 2024 vom Matti Klein Soul Trio und der Workshop-Band „All that Jazz“.

Thomas Termath, Vorstand der Jazz Initiative Dinslaken, eröffnete das erste Konzert der „Jazz in Dinslaken“- Reihe 2024 mit einer Bekanntmachung in eigener Sache: Zum vierten Mal in Folge erhielt der Verein die Spielstättenprogrammprämie NRW. „Antragsberechtigt sind Spielstätten, die sich für Jazz, improvisierte Musik, avancierte Pop/Rock-Musik oder Genres und Musikkulturen in deren Grenzbereichen engagieren und dabei Nachwuchskünstlern oder regional wirksamen Bands ein Forum bieten“, heißt es dazu auf der Homepage des Landesmusikrats NRW.

Und wie die Jazz Initiative diese Kriterien erfüllt, erlebten das zahlreich erschienene Publikum am Samstagabend im Ledigenheim in einem fulminanten, hochklassigen Konzert.

Bergbau, jazzige Gegenwart und ein Groove-Publikum

Matti Klein ist gut drauf. Das mag schon an der Vorfreude auf die kommenden Tage liegen, mit seinem Soul Trio spielt er noch in dieser Woche in London, dann in Edinburgh und Nottingham. Aber jetzt ist erst einmal Dinslaken dran. Gute Erinnerungen hat er an die Stadt, von den beiden Konzerten seines früheren Ensembles Mo‘ Blow, vor allem vom Abend mit Ed Motta 2018, als ihm beim Essen mit dem brasilianischen Bluessänger nach der Show im Ledigenheim klar wurde, wie dort die Geschichte des Bergbaus noch lebendig ist und sich mit der jazzigen Gegenwart der „Jazz in Dinslaken“-Konzerte vermischt.

Aber er mag noch etwas anderes an der Stadt: „Dinslaken hat ein richtiges Groove-Publikum“, erklärte er strahlend. Aber es fällt ja nun auch einmal ausgesprochen leicht, bei dem mitzugehen, was der Tastenmann, sein ehemaliger Mo‘ Blow-Kollege André Seidel (Schlagzeug) und Lars Zander (Bassklarinette und Tenorsaxophon) auf der Bühne abgingen ließen: moderner Soul im Vintage-Sound. Eine packende Mischung.

Die Sprache der Musik mit einem neuen Instrument

Er sei auch vom Rhodes auf das Wurlitzer E-Piano umgestiegen, weil letzteres nur ein Drittel wiege, erklärt Klein, der Grund sollte aber auch mindestens so sehr ein rein musikalischer sein. Das alte Schätzchen aus den 70er-Jahren hat zwar, genau wie der Rhodes Bass in zeittypischen oranger und beiger Kunststoffverkleidung, äußerlich ein paar Schrammen und soll auch recht pflegeintensiv sein, aber sein Klang ist brillant.

Schimmernd, pulsierend, leicht und doch rhythmisch auf den Punkt kommend, agil. Wenn Matti Klein dann mit der linken Hand die Basslinien auf dem Rhodes dazu spielt, damit Lars Zandel auf seiner Bassklarinette nicht mehr das harmonische Fundament setzt, sondern mit einer ganzen Batterie von Effektgeräten aus dem dunklen Instrument spacige Sounds zaubert, dann entsteht eine Klangwelt, die sehr vintage ist, authentisch an die 70er-Jahre erinnert.

Aber wenn Musik eine Sprache ist, so ändert sie sich auch von Generation zu Generation. Wie sich Matti Klein, Lars Zandel und André Seidel, der auf dem Schlagzeug nicht nur den Groove kreiert, sondern sich mit freien Rhythmen sprechend einbringt, musikalisch ausdrücken, ist eindeutig 2024, die melodischen Wendungen hat es so nicht gegeben, als die alten Keyboards auf der Bühne gebaut wurden.

Workshopband „All that Jazz“ eröffnete den Abend

Das Soul Trio spielte ein einziges längeres Set, weil die erste halbe Stunde des Abends einer Dinslakener Besonderheit gehörte, die auch zu den Gründen und Folgen gehört, dass die Jazz Initiative nun bereits mehrfach vom Landesmusikrat prämiert wurde. Zum dritten Mal begann das Jazz-Jahr im Ledigenheim mit dem Auftritt von Jan Schneiders Workshopband „All that Jazz“. Geprobt wurde am vorhergehenden Wochenende im ND-Jugendzentrum.

Der Jazztrompeter legte einen besonderen Wert auf Improvisationstechniken, Unterstützung erhielt er dabei an einem Tag von Gitarrist Philip van Endert, der auch schon mehrfach in Dinslaken auf der Bühne stand. Der Workshop etabliert sich zusehend. 18 Teilnehmende standen am Samstag auf der Bühne, darunter Imke Alers und Sebastian Rakow, die von der Klassik einmal in ein anderes Genre hineinschnuppern wollten und Thomas Termath, der nicht nur Konzerte organisieren kann, sondern auch selbst Jazz-Gitarre spielt. Sein Solo wurde vom Publikum entsprechend gefeiert.

Sie sind „All that Jazz“

In der Workshop-Band unter der Leitung von Jan Schneider spielten Tristan Caspary (Drums), Klemens Möllenbeck (Bass), Christian Korten und Lothar Jany (Piano), Thomas Termath und Rendy Pangestu (Gitarre), Sandra Caspary (Posaune), Walter Weiß, Otto Krieger und Kay Hoeksema (Altsaxophon), Anke Roth (Tenorsaxophon), Corinna Herrenbrück (Baritonsaxophon), Imke Alers (Oboe), Sebastian Rakow, Volker Caspary, Lennart Overdreef, Lena Herrenbrück und Tom Neuhaus (Trompete).

Improvisieren kann man lernen, von der Pentatonik zu komplexen Skalen und von ersten Versuchen über zwei Takten, eine eigene musikalische Idee zu formulieren, bis zum hörbaren Schweifenlassen der Gedanken über 32 Takte. Die Musikerinnen und Musiker von „All that Jazz“ zeigten all dies in vier Stücken von „So Danco Samba“ von Jobim bis zum Blues „One for Daddy-O“. Und das begeisterte nicht nur das Publikum, es inspirierte auch Matti Klein.

Gemeinsame Zugabe spontan improvisiert

Der rückte nämlich an Schluss mit der Idee heraus, das Eröffnungsstück der Workshop-Band, „Cold Duck Time“, zum Abschluss gemeinsam zu jammen. Während das Soul-Trio die programmatische Zugabe „Home is where the beat is“ spielte, lief Jan Schneider durch die Stuhlreihen und trommelte seine Bläser zusammen. Schließlich bot sich hier gerade für die Hobby-Jazzer eine einmalige Chance.

Und was soll man sagen? Für die Vollprofis Klein, Seidel und Schneider reichten ein paar wenige Handzeichen und „Cold Duck Time“ vereinte alles, was den Jazz ausmachte: ein perfektes Timing, ein perfekter Groove und die inspirierende, mitreißende Kraft der Improvisation. Das Publikum war begeistert. Einen besseren Start in die neue Saison hätte sich die Jazz Initiative nicht wünschen können.

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