Dinslaken. Julian Bazzanella und Sängerin Elsa Steixner haben sich im Studium kennengelernt. So definieren sie mit ihren Stücken Vintage-Blues neu.

Was für ein Abend. Außerordentlich musikalisch, aber auch ungewöhnlich lehrreich. Fürs Publikum im Ledigenheim Lohberg, das erlebte, wie ausgereift die jungen Arnheim-Absolventen klingen können und wie rasant sie sich innerhalb weniger Jahre stilistisch entwickeln. Aber auch lehrreich für die Sängerin der Formation des Jazzabends selbst. Elsa Steixner lernte in Dinslaken nämlich ein neues Wort. Eigengewächs. Als solches bezeichnete Thomas Termath bei der Anmoderation wie schon im Newsletter Julian Bazzanella.

Musikalischer Sohn eines musikalischen Vaters aus Dinslaken

Der ist der Sohn von Ralf Bazzanella (Saxophon), durchlief die bemerkenswerte schulinterne Jazzer-Laufbahn der hiesigen Waldorfschule, machte da schon mit einer eigenen Formation von sich reden und schlug – wie Maika Küster – ebenfalls die Profikarriere mit einem Studium in Arnheim ein.

Die Dinslakener konnten seinen Werdegang vom Keyboarder der Schülerband Reference Lime mit einer verheißungsvollen Vorliebe für vertrackten Fusion bis zum Bluespianisten von ELSA in Echtzeit miterleben. Deshalb der Titel „Eigengewächs“, über den sich Julians frühere Studienkollegin und heutige Band- und Kompositionspartnerin Elsa derart amüsierte, dass man nur hoffen kann, dass da nicht etwa ein neuer Spitzname gefunden wurde.

Ein Quartett aus Freunden musiziert gemeinsam

Denn auch Elsa Steixner ist in gewisser Art ein Eigengewächs. Eine Wienerin, die ihrer Stadt in bester Tradition ein Liebeslied singt (die Band hängt ein paar Takte Walzer hinten an) und das bittersüße „Wenn es Winter wird (in Wien)“ mit dem gewissen Schmäh von Harri Stojka gleich folgen lässt.

Doch was ELSA, die Band der vier Freunde Elsa Steixner (Gesang, Ukulele), Julian Bazzanella (Piano, Synthesizer), Jakob Lang (Kontrabass, E-Bass) und Daniel Louis (Schlagzeug) wirklich definiert, ist eine Mischung aus Blues und Jazzballaden. Sehr vintage, sehr aufs Wesentliche reduziert, aber dabei ungeheuer dynamisch und spannungsgeladen.

Elsa knüpft mit ihrem Gesang und mit ihren Kompositionen einerseits deutlich an die 60er-Jahre an, auf der anderen Seite verweisen gerade die ganz leisen, reduzierten Momente, in denen sie sich nur selbst auf der Ukulele begleitet, auf die heutige Billie-Eilish-Generation hin. Trifft die Bezeichnung „New vintage?“

Der Einfluss des Pianisten mit Dinslakener Wurzeln

Die Dramaturgie bei den Arrangements führt Julian Bazzanella – man hört es spätestens, wenn die charakteristischen Elemente auch in seinem Instrumentalstück da sind: ein knackiges Blues-Piano, ein gerade im improvisations- und spielfreudigem Jazz bemerkenswertes Gespür, keinen Ton zu viel, aber auch keinen zu wenig zu spielen und ein Blick auf die große, übergeordnete Songstruktur: mächtige Crescendi, Tempowechsel, Steigerungen nach Generalpausen, Rückkehr zu ganz leisen Klängen. Dies alles führt die Band mit einer Präzision aus, dass es kaum Wunder nimmt, dass ELSA bereits 2022 den ersten Platz der Viersener Jazzband Challenge belegte.

Blues und Jazz. Und dazu ein paar Überraschungen. Purer Gesang auf einem psychedelischen Bordun, pulsierende Herzschläge von Bass und Schlagzeug und nicht zuletzt ein Folksong als Eigenkomposition, ohne Verstärkung vierstimmig gesungen nur zur Akustikgitarre.

Was für ein Abend. Packende Musikalität, ein begeistertes Publikum und ein weiterer Beweis dafür, wie stark die Dinslakener Jazzszene ist, die solche Konzerte hervorbringt.

So geht es weiter bei der Jazz Initiative

Die Jazz Initiative feiert am Freitag, 8. Dezember, 20 Uhr im Ledigenheim „Weiner’s Weihnacht“ mit dem Jazzkantine-Saxophonisten Heiner Schmitz und Simon Oslender (Orgel, Piano).

Thomas Termath konnte aber auch am Samstag schon das Programm der Reihe Jazz in Dinslaken 2024 vorstellen: Los geht’s am 27. Januar mit dem Matti Klein Soul Trio und der Dinslakener Workshopband „All that Jazz“. Altfrid M. Sicking ist in Dinslaken vor allem als Vibraphonist von Götz Alsmann bekannt. Am 18. Februar steht er mit „I am“ im Mittelpunkt.

Cécile Verny tritt mit ihrem Quartett am 16. März in Dinslaken auf, das Trio Biondini (Akkordeon) - Godard - Niggli am 21. April. Die Aboreihe wird am 2. Oktober mit dem Jens Düppe Quartett fortgesetzt, am 25. Oktober stehen die Sisters in Jazz auf der Bühne und die Saison endet mit Flamenco vom Café del Mundo am 16. November.