Dinslaken. 2022 erkrankt Luisa Linnemann an Corona. Bis heute kann die Dinslakenerin schlecht laufen, schläft sogar im Unterricht ein. Wie sie damit umgeht.

Luisa Linnemann ist eine sportliche junge Frau. Sechs Mal pro Woche spielt sie Tennis, nimmt an Turnieren teil. „Ich habe immer einen vollen Tag gehabt“, erzählt sie. Bis zum Frühjahr 2022: Im März erkrankt die damals 16-Jährige an Corona. „Ich lag zwei Wochen nur im Bett und habe fast den ganzen Tag geschlafen.“ Luisa hat Kopf- und Gliederschmerzen, ist erschöpft.

Nach zwei Wochen klingen die ersten Symptome allmählich ab. Die Schülerin versucht, auf die Beine zu kommen, doch beim Spaziergang ist nach 80 Metern Schluss. „Ich habe geweint, weil ich gemerkt habe, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt“, sagt die Dinslakenerin. Es folgt ein Ärzte-Marathon und schließlich die Diagnose: Luisa leidet an Long Covid. „Ich wusste gar nicht, was Long Covid so richtig ist. Ich habe nie gedacht, dass ich durch Corona so krank werde.“

Corona-Folge: Ärzte wissen nicht, warum Luisas Gang betroffen ist

Die Corona-Infektion hat sich auf Luisas Gang ausgewirkt. Sie bewegt sich nur noch mit Trippelschritten im Schneckentempo vorwärts. „Plötzlich sind Rentner schneller als ich gewesen und überholten mich“, sagt die Schülerin. Warum ausgerechnet Luisas Gangbild betroffen ist, wissen die Ärzte nicht. „Sämtliche Untersuchungen sind unauffällig“, erzählt Luisa.

Von Oktober bis Dezember 2022 machte Luisa eine Reha, um das Laufen zu verbessern. Und erste Erfolge sind sichtbar. Schaffte sie es kurz nach ihrer Corona-Erkrankung gerade einmal 0,1 bis 0,2 km/h schnell auf dem Laufband zu laufen, sind es jetzt schon ein bis zwei km/h. „Für mich ist das ein großer Fortschritt und eine noch größere Motivation“, betont Luisa.

Luisa Linnemann hat trotz ihrer Long-Covid-Erkrankung ihren Lebensmut nicht verloren.
Luisa Linnemann hat trotz ihrer Long-Covid-Erkrankung ihren Lebensmut nicht verloren. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Hinzu kommt eine Konzentrationsschwäche. Trotzdem ist die Dinslakenerin schon kurz nach der überstandenen Corona-Infektion wieder zur Schule gegangen. Die Konzentrationsschwäche aber ist bis heute geblieben, ebenso die Erschöpfung. „Ich schlafe häufig im Unterricht ein“, erzählt sie. 30 bis 45 Minuten kann sich die Schülerin des Otto-Hahn-Gymnasiums am Stück konzentrieren. Die Pausen zwischen dem Unterricht verbringt sie für einen kurzen Schlaf daher im Klassenraum.

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„Meine Lehrer haben sehr viel Verständnis für meine Situation“, sagt Luisa. Klausuren darf sie am Laptop schreiben, denn den Stift kann sie nicht allzu lange halten – zu schnell erschöpft sie das Schreiben mit der Hand. „Ich bin wirklich sehr dankbar, dass alle an meiner Schule so rücksichtsvoll sind und mir helfen.“ Um die Reha verlängern zu können, entschied sich die 18-Jährige gegen das eigentlich im vergangenen Jahr anstehende Abitur. Das Schuljahr wiederholt sie nun.

Dinslakenerin möchte anderen Long-Covid-Betroffenen Mut machen

Von diesen ganzen Corona-Folgen lässt sich die Dinslakenerin nicht unterkriegen. Schon wenige Wochen nach der Infektion begann sie wieder mit dem Tennis-Training – wenn auch nur noch einmal pro Woche. „Ich bin in allem langsamer, aber ich kriege alles hin.“ Luisa geht offen mit ihrer Erkrankung um, möchte für Long Covid sensibilisieren und vor allem anderen Menschen Mut machen. „Egal, ob Long Covid oder eine andere Krankheit: Es ist so wichtig, sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Das Leben geht weiter.“

Denn nicht immer bekomme Luisa Verständnis für ihre Situation. „Ich wurde schon von Autofahrern angehupt, weil ich ihnen nicht schnell genug über die Straße gelaufen bin“, erzählt sie. In Geschäften fragt die junge Frau mittlerweile seltener nach Hilfe, sollte sie ein Produkt nicht finden. „Die Mitarbeiter helfen gerne, aber sie sind so schnell und in Eile, dass ich kaum hinterher komme.“

Luisa besucht Dinslakener Long-Covid-Selbsthilfegruppe

Einmal im Monat trifft sich Luisa mit anderen Long-Covid-Betroffenen. Über einen Artikel in der NRZ ist sie auf die neu gegründete Selbsthilfegruppe in Dinslaken aufmerksam geworden. „Ich bin mit Abstand die Jüngste. Die anderen Mitglieder sind zwischen 43 und 80 Jahre alt. Aber es tut sehr gut, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.“

Angst, noch einmal so schwer an Corona zu erkranken, hat Luisa nicht. „Das bringt nichts. Wenn ich es noch einmal bekomme, bekomme ich es eben noch einmal“, sagt sie. Ihren Optimismus und die Hoffnung, wortwörtlich wieder auf die Beine zu kommen, hat Luisa während der letzten eineinhalb Jahre nie verloren. „Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Aber ich glaube ganz fest daran, dass ich wieder gesund werde.“

Durch die Krankheit ist sich Luisa Linnemann aber sicherer geworden, was sie nach dem Abitur beruflich machen möchte: „Ich will Physio- oder Sporttherapeutin werden. Eine positive Sache muss diese Erkrankung ja haben“, sagt Luisa mit einem Lächeln.