Kreis Wesel. Im Kreis Wesel gibt es eine von wenigen Post Covid-Ambulanzen für Kinder und Jugendliche. Was inzwischen über die Erkrankung bekannt ist.
Die Pandemie ist vorbei, aber das Virus ist geblieben – und einige Menschen leben mit den schweren Folgen der Erkrankung, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet es als Post Covid Syndrom, bekannt ist es auch als Long Covid. Ein kurzer Spaziergang oder auch nur der Treppenaufstieg können schon zu viel sein, ein paar Stunden später oder am Tag danach setzt ein Erschöpfungszustand ein, selbst im Schlaf könne sich der Körper nicht regenerieren, weiß Dr. Cordula Koerner-Rettberg, Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendliche am Marien-Hospital in Wesel und zugleich Ansprechpartnerin der Long Covid-Ambulanz für diese Altersgruppe. Seit Frühjahr 2021 werden am Krankenhaus in Wesel systematisch junge Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Post Covid behandelt, sie kommen nicht nur aus der Region, auch aus anderen Bundesländern.
Post Covid: Kognitive Symptome rücken in den Vordergrund
Unter Post Covid fallen der Expertin zufolge Beschwerden, die vor der Corona-Infektion nicht aufgetreten sind und mindestens drei Monate danach anhalten. Eine besonders schwere Form sei das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Ganz neu sei das Phänomen der Erkrankung nicht: „Das gab es auch schon vor der Pandemie“, sagt Koerner-Rettberg, ausgelöst durch andere Virusinfektionen, etwa den Epstein-Barr-Virus (EBV). Damals seien jedoch nicht so viele Menschen betroffen gewesen, das Thema war für die Wissenschaft längst nicht so interessant. „Das ist jetzt anders“, so die Ärztin. Das Coronavirus könne die Symptome offenbar besonders gut hervorrufen.
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Welche sind das? Kernsymptom sei die Fatigue, die anhaltende schwere Erschöpfung. Betroffene können sich belasten, anschließend – mitunter zeitverzögert – trete aber eine Verschlechterung auf, nach körperlicher sowie geistiger Anstrengung. Anders als sonst klingen die Beschwerden im Ruhezustand so schnell nicht wieder ab. „Das spricht für eine Störung des Energiehaushalts“, sagt Koerner-Rettberg. Die Beschwerden sind vielfältig, darunter fielen auch Kopfschmerzen, Schwindel oder eine hohe Herzfrequenz, „ein komplexes Ganzkörper-Erkrankungsbild“. Außerdem seien auch die kognitiven Symptome in den Vordergrund gerückt, Koerner-Rettberg nennt beispielhaft Konzentrationsprobleme und Wortfindungsstörungen. Das hat Folgen: „Viele können nicht mehr oder nur noch teilweise zur Schule gehen.“
Ärztin: Jüngere Menschen sind eher betroffen – Genetische Veranlagerung
Am Marien-Hospital behandele sie aktuell mehr als 100 junge Patientinnen und Patienten, die meistens zwölf Jahre und älter sind. Sie werden drei bis vier Tage stationär aufgenommen, „nicht nur um andere Diagnosen auszuschließen, sondern auch um zu sehen, welche Organe betroffen sind“. In der Regel erkranken junge Menschen weniger stark an Corona, doch bei den Folgen scheint das anders zu sein: „Post Covid betrifft junge Menschen noch mehr als alte“, so Koerner-Rettberg, es gehe auch um die Menschen, die „mitten im Erwerbsleben stehen“, die 30- bis 40-Jährigen. Und: Laut der Ärztin scheint es eine genetische Veranlagung für die Erkrankung zu geben, oft sei in einer Familie mehr als eine Person betroffen. Manche Patienten mit Post Covid erholten sich nach einem halben Jahr, aber wer eine schwere Form entwickele, werde so schnell nicht gesund.
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An erster Stelle steht in der Long Covid-Ambulanz die Diagnose, für die Betroffenen eine „erste Entlastung“, doch die Therapie im Anschluss gestaltet sich schwierig: Es gebe noch keine gute Studienlage, „aus meiner Sicht sind wir zu langsam“, zeigt sich Koerner-Rettberg enttäuscht. Sie behandelt in Wesel ebenso Menschen mit dem Post-Vac-Syndrom, also Beschwerden, die nach einer Corona-Impfung auftauchen – und das seien nicht wenige. Die Symptome seien „im Großen und Ganzen sehr ähnlich“ – auch hier ist die Datenlage ein Problem: „Es gibt keine offiziellen Zahlen“, auch fehle eine genaue Definition oder Diagnose. Bei beiden Erkrankungen gilt: Die Menschen „leiden aus medizinischen und sozialmedizinischen Gründen“.