Dinslaken. Bad geschlossen, Becken weg, Rechtsstreit verloren: Der Freibadverein Hiesfeld hat sich aufgelöst. Ein trauriger und auch bitterer Abschied.

Vom Freibad Hiesfeld bleibt nun nur noch ein Straßenschild: Die Badeanstalt ist seit Ende 2015 geschlossen, das Becken entfernt – und am Mittwochabend hat sich auch der Freibadverein Hiesfeld aufgelöst. Fast 100 Jahre Freibadgeschichte in Hiesfeld sind damit zu Ende. Nur der Straßenname bleibt: „Am Freibad“.

Zum letzten Mal drapiert Vereinsvorsitzender Thomas Giezek die hellblaue Vereinsflagge am Fenster des Hotels Galland: Der Vorstand hat zur ordentlichen und zur außerordentlichen Mitgliederversammlung geladen. Letzter Tagesordnungspunkt: Auflösung des Vereins. „Der Vereinszweck ist ja entfallen,“ erklärt Giezek sachlich vor dem Hotelportal, bevor die Veranstaltung losgeht. Das war er eigentlich schon länger: Seitdem das Bad geschlossen war, seitdem das Becken, wie Giezek formuliert, „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zerstört“ wurde. Aber irgendwie gab es immer noch Hoffnung auf eine Zukunft. So viel Hoffnung, dass der Freibadverein ohne Freibad an seinem letzten Bestehenstag immer noch 589 Mitglieder hat.

Bis zuletzt hatte man auf ein Gerichtsverfahren gehofft, darauf, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf und dann das Oberverwaltungsgericht Münster für Hiesfeld eine „Lex Dinslaken“ schaffen und die Frist, innerhalb derer ein Bürgerbegehren zum Bürgerentscheid geführt werden muss, aushebeln würden und ganz Dinslaken doch noch darüber abstimmen könnte, ob in Hiesfeld ein 50-Meter-Becken gebaut werden soll.

Am Ende sprach für das Oberverwaltungsgericht eine Formalie dagegen. „Wenn ein Gericht kein Urteil fällen will, sucht es nach einer Formalie“, sagt Rainer Horstmann bei der Versammlung vor rund 100 Vereinsmitgliedern frustriert. Der Kassierer des Freibadvereins hatte das Bürgerbegehren zusammen mit Reinhard Claves initiiert. Das Gericht erklärte sämtliche Listen mit mehr als 7000 Unterschriften für ungültig – „das war ein Schlag in den Nacken“, erinnert sich Reinhard Claves. Der Freibadverein fühlt sich von der Stadt über den Tisch gezogen. „Die Stadtverwaltung hat uns falsch beraten,“ sagt Rainer Horstmann, der an diesem Abend noch einmal die Vereinsjacke trägt. Erst auf Wunsch der städtischen Rechtsabteilung habe der Verein das Formular geändert.

„Da kommen einem die Tränen“

„Ich möchte nicht sagen, was wir in den letzten acht Jahren alles erlebt haben, da kommen einem die Tränen,“ sagt Giezek – holt aber dennoch zuvor ganz weit aus: 100 Jahre Freibad im Schnelldurchlauf. Giezek berichtet vom ersten Versuch, ein Becken in Lohberg zu bauen, vom Bau des Freibades Hiesfeld im Jahr 1923, von Badeanzügen aus Wolle, Badefreuden für alle Schichten und davon, dass das Freibad immer wieder in Frage gestellt wurde.

Der Vorstand: Rainer Horstmann, Thomas Giezek, Lilo Wallerich, Jürgen Weber und Reinhard Claves (v.l.n.r.).
Der Vorstand: Rainer Horstmann, Thomas Giezek, Lilo Wallerich, Jürgen Weber und Reinhard Claves (v.l.n.r.). © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Eine defekte Filteranlage bedeutete 2016 das Aus fürs Bad am Rotbach. „260.000 Euro hätte die Reparatur gekostet,“, erinnert Giezek, „angebliche Experten“ hätten aber weitere Defizite entdeckt – und plötzlich sei eine Sanierung zum Millionenvorhaben gewachsen. Es gab zwei Bürgerbegehren – eines der schwimmsporttreibenden Vereine für eine Erweiterung des Dinamare, eines des Freibadvereins für den Bau eines 50-Meter-Beckens in Hiesfeld.

Dinslaken schien in zwei Lager geteilt, bis der damalige Bürgermeister Michael Heidinger einen Kompromiss aushandelte, der im Prinzip keiner war, weil beide Parteien im Prinzip ihren Willen bekamen: Das Dinamare sollte ausgebaut, das Freibad saniert werden - bloß kleiner.

„Wollt Ihr den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach?“ An diese Frage Heidingers im rappelvollen Vereinsheim der SGP Oberlohberg können sich noch viele erinnern. „Ich würde den Kompromiss wieder eingehen“, sagt Thomas Giezek: „Denn wir wollten nicht mehr und nicht weniger als ein Freibad in Hiesfeld.“

„Wir bauen für Sie ein Freibad“ - dieses städtische Schild stand genau zwei Wochen vor dem Eingang. Dann, im Februar 2019, erklärten die Stadtwerke das Grundstück quasi für unbebaubar. Der Boden sei nicht tragfähig. Das Vertrauen des Freibadvereins in Stadt und Stadtwerke war hin – fortan versuchte der Verein, das Bürgerbegehren wieder in Kraft zu setzen.

Am Ende stimmen alle Mitglieder der Auflösung des Vereins zu. In diesem Jahr soll am Dinamare nun das neue Freibad eröffnen. Er sei froh, dass die Kinder wieder ein Freibad bekämen, sagt Giezek. Das sei sicher auch dem Engagement des Vereins zu verdanken. Er selbst werde künftig aber wohl eher im Freibad Voerde schwimmen gehen.

So geht es weiter

Rund 7500 Euro hat das Gerichtsverfahren in Sachen Bürgerbegehren den Freibadverein gekostet. Geblieben ist ein Vereinsvermögen von rund 10.000 Euro, das mit der Auflösung an die Lebenshilfe geht.

Wie es auf dem Freibadgelände in Hiesfeld weitergeht, ist noch offen. Eigentlich sollte schon 2022 der von der städtischen DinFleg gemeinsam mit Bürgern und einem Landschaftsplaner erarbeitete Entwurf eines naturnahen Parks mit sanfter Freizeitnutzung beschlossen werden. Dann brachten SPD, CDU und UBV einen Alternativvorschlag ein. Zwischenzeitlich wurden 5,7 Millionen Euro Fördermittel für den DinFleg-Entwurf zugesagt. Die Parteien wollen nun auf den Alternativentwurf verzichten – aber Änderungen vorschlagen. Das Thema steht auf der Tagesordnung der Ratssitzung am Dienstag, 21. März.