Dinslaken. Wenn das geplante Parkhaus und der Lärmschutz für die Betuwe stehen, wird der Weg hinter dem Bahnhof Dinslaken von meterhohen Wänden gesäumt.

An dieser Stelle fühlen sich viele Menschen in Dinslaken unwohl: Der Weg vom Bahnhof zur B8 wird seit Jahren in Umfragen als Angstraum benannt – zuletzt in einer Untersuchung der Uni Bochum und beim Bürgerbarometer der NRZ. Die Stadt versuchte entgegenzusteuern, holzte Grün ab, stellte Laternen auf. Aber mit dem geplanten Parkhaus am Bahnhof und dem Ausbau der Bahnstrecke droht ein Rückschritt: Wenn beides fertig ist, werden meterhohe Wände beide Seiten des Weges säumen.

Die Parkpalette soll neben der Häuserzeile an der Stelle der früheren Straßenbahn-Wendeschleife und des Pendlerparkplatzes gebaut werden. Die dem Weg zugewandte Seite des Parkhauses ist im Mittel 6,60 Meter hoch und rund 87,9 Meter lang, so die Auskunft des städtischen Sprechers Marcel Sturm. Zwischen der Wand und dem Weg liegt das durch einen Stabmattenzaun abgetrennte Kehrgleis der Straßenbahn. Auf der anderen Seite des Weges liegen die Bahngleise auf einem dreieinhalb bis vier Meter hohen, bewachsenen Erdwall. Dieser soll von einer vier bis viereinhalb Meter hohen Lärmschutzwand gekrönt werden. Der Weg wird also auf einer Länge von fast 90 Metern fast zu einer Kessellage – mit einer sechs Meter hohen Wand auf der einen und acht Metern Wall und Wand auf der anderen Seite.

Das soll für mehr Sicherheit sorgen

Die Schallschutzwände werden laut Marcel Sturm „nicht direkt oben am Wall“ errichtet, sondern „um einige Meter versetzt in Richtung Gleis, so dass sich die Höhenwirkung etwas reduziert darstellen wird“, so Sturm. Die Gestaltung ist noch „in Abstimmung“. Aber „um das Sicherheitsgefühl bzw. die Sicherheit der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen an dieser Stelle nicht weiter einzuschränken, soll vor allem der großzügige Einsatz von transparenten Schallschutzelementen und einer durchlässigen Parkhausfassade zum Tragen kommen“, so Marcel Sturm. Das Parkhaus selbst soll eine 24-Stunden-Videoüberwachung bekommen, deren Daten nach vier Tagen gelöscht werden.

Auch der Bahnhof selbst sollte mit Kameras ausgestattet werden. Das hat DB Station&Service im Rahmen des Videoprogramms des Landes NRW für 100 Bahnhöfe zugesagt, die gemeinsam mit der Bundespolizei und dem Kompetenzcenter Sicherheit (KCS) festgelegt wurden. Die Umsetzung war, so Sturm, „bis Ende 2024 vorgesehen“. Konkrete Umsetzungszeiträume und Kamerastandorte für den Bahnhof Dinslaken seien der DB Station&Service AG aber „noch nicht bekannt“, so der Stadtsprecher.

Bahnhofsplatz: Ende offen

Ohnehin hängt die Planung für den gesamten Bereich in der Schwebe. Eigentlich sollte der Bahnhofsvorplatz bis Ende 2022 barrierefrei umgebaut und verschönert werden. Weil die Stadt Ende 2020 den Entwurf des beauftragten Planungsbüros für nicht umsetzbar hielt, liegen beide nun im Rechtsstreit. Ende offen. Eine Fertigstellung der Barrierefreiheit – wie vom Gesetzgeber vorgesehen – im Jahr 2022 ist „nicht möglich“, so Marcel Sturm.

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Auch die Gruppen von Obdachlosen, die sich häufig vor oder im Bahnhofsgebäude aufhalten, wurden in der Untersuchung der Uni Bochum als Grund für ein Unsicherheitsgefühl von Passanten in dem Bereich genannt. Die Stadt hatte überlegt, einen „Sitzbereich für die Obdachlosen und die Ausgabestelle der Wunderfinder im Bereich der Parkpalette einzuplanen“, so Marcel Sturm. „Dort muss allerdings auch der Trafo der Stadtwerke verortet werden, da dieser in direkter räumlicher Nähe der Parkpalette stehen muss.“ Also wird sich auch an der Stelle vorläufig nichts ändern. „Wenn die Planung abgeschlossen ist, wird die Stadt im Rahmen der Detailplanung auf die Wunderfinder zugehen und gemeinsam mit den Beteiligten einen geeigneten Standort suchen“, so Sturm.

Bahnhof: Große Lösung wieder möglich

Auch den alten Bahnhof werden die Dinslakener wohl noch einige Zeit ertragen müssen: Eigentlich sollte das Bahnhofsgebäude neu gebaut werden. Nach jahrelangem Hin und Her hat die Bahn angeboten, den Bau zu übernehmen – und der Stadt, wie es Stadtplaner Alexandro Hugenberg formulierte, im September vergangenen Jahres angeboten, eine „bessere Pommesbude“, einen schlichten Betontunnel, an die Stelle des Bahnhofs zu setzen. Es sei denn, die Stadt lässt sich den Wunsch nach einem repräsentativeren Gebäude unter anderem mit integriertem Fahrradparkhaus rund 500.000 Euro kosten.

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Mittlerweile haben Stadt und Bahn Gespräche aufgenommen, so Sturm, und es scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Es werde an der „Vertiefung der Ausgestaltung gearbeitet“ und die Bahn scheint auch eine Beteiligung an den Mehrkosten nicht mehr kategorisch auszuschließen. Aber die endgültige „Abstimmung des Entwurfs, der gegebenenfalls notwendigen Betreibermodelle für die Radstation, der Kostenteilung sowie des konkreten Bauablaufes werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen, so dass ein konkreter Umsetzungstermin noch nicht zu benennen ist“, so Marcel Sturm.

Sicher ist bislang nur die Zeitplanung, die das Umfeld des Weges vom Bahnhof zur B8 betrifft: Ab Mitte 2023 wird das Parkhaus gebaut. Und ab 2023 errichtet die Bahn die Schallschutz.

Was Dinslaken gegen Angsträume im Stadtgebiet unternimmt

Um Angsträume abzumildern, hat die Stadt nach der Studie der Uni Bochum auch in anderen Bereichen, wie etwa am Kinderspielplatz Burgtheater dichten Bewuchs ausgelichtet und durch niedrige Staudenbeete ersetzt, um die Sichtbeziehungen und damit die soziale Kontrolle zu verbessern, so Stadtsprecher Marcel Sturm. „Insgesamt wird bei Neuplanungen und Umbaumaßnahmen in den Freianlagen auf die Vermeidung von Angsträumen geachtet.“ In vielen Grünanlagen, aber auch auf Spielplätzen werde durch regelmäßige Pflegemaßnahmen der Bildung von Angsträumen entgegengewirkt. So seien aktuell im Stadtpark Rückschnittmaßnahmen an mehreren Eiben durchgeführt worden, wodurch die Weitsicht verbessert worden sei.