Bochum. Zurück zu den Basics: Unter Dieter Hecking wird der VfL Bochum wohl kompakter auftreten. Einige Spieler werden davon sicher profitieren.
Was bei vielen Bundesligisten inzwischen zur Normalität geworden ist, ist beim VfL Bochum noch immer eine Besonderheit: Trainings der Bundesliga-Mannschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit. In dieser Woche gab es gleich mehrere davon. Der neue Trainer Dieter Hecking, der am Dienstag in seinen ersten beiden Einheiten als Beobachter auftrat, um seine Spieler kennenzulernen und nur vereinzelt Ansprachen an sie hielt, wollte die Abgeschiedenheit nutzen, um inhaltlich zu arbeiten. Alles steht beim Tabellenschlusslicht dieser Tage auf dem Prüfstand. Unter dem 60-Jährigen soll die Wende gelingen – und dafür wird er einige Dinge verändern müssen.
Dass in seiner ersten Woche vor dem Bundesliga-Spiel gegen Bayer Leverkusen am Samstag (15.30 Uhr/Sky) sicher noch nicht alles umsetzbar sein wird, das weiß Hecking selbst. „Mir ist wichtig, wie die Mannschaft auftritt: Will sie in der Opferrolle bleiben? Dann soll sie so weitermachen, dann wird es aber nicht klappen. Oder sagt sie: ‚Wir sind ein angeschossenes Reh und wollen trotzdem anfangen zu laufen‘”, sagte er bei seiner Vorstellung zu Wochenbeginn und gab bereits die Richtung für das kommende Wochenende vor. Er wolle mit der Mannschaft unangenehm sein, die Spieler müssten ans Arbeiten denken. Die Schnelligkeit im Umschaltspiel sei wichtig. Aber: „Es wird nicht der filigrane Fußball sein. Wir brauchen Leidenschaft und Emotionen.“
VfL Bochum: Mit Hecking zurück zu den Basics
Genau deshalb wurde Hecking verpflichtet. Geschäftsführer Ilja Kaenzig suchte einen Trainer, der der Mannschaft wieder die Basics einbläut. Auch Friedhelm Funkel und Dirk Schuster haben in dieses Profil gepasst, die größte Überzeugung hatten die Verantwortlichen allerdings bei Hecking erfahren. Mit der Trainer-Verpflichtung gelang dem VfL ein vermeintlicher Coup. „Mich freut es, in der Bundesliga bei einem Kultverein zu sein. Solche Vereine sterben in der Bundesliga aus“, sagte dieser – und man nahm es ihm ab.
Doch viel wichtiger als das ist, dass Heckings Mannschaften stets defensive Stabilität ausstrahlten. Etwas, was dem VfL Bochum in dieser Saison gänzlich abging. So wird Hecking wohl auch in Bochum zunächst auf eines der klassischen Systeme setzen, vermutlich auf ein 4-2-3-1, in dem grundsolide mit und gegen den Ball gearbeitet werden soll. Speziell gegen Bayer Leverkusen mit den schnellen Flügelspielern wird der Fokus auf Sicherheit liegen. Ibrahima Sissoko, Ivan Ordets und Jakov Medic dürften daher für die Stabilität der Mannschaft besonders wichtig sein.
Gegen den Ball standen Mannschaften von Hecking in der Regel tiefer, pressten vor allem in der eigenen Hälfte aber selten mutig und hoch. Für die Spieler des VfL bedeutet dies eine Umstellung gegenüber dem, was Thomas Letsch und vor allem Peter Zeidler von ihnen verlangten. Die Bochumer hatten mit das aggressivste Pressing in den Top fünf Ligen Europas, kamen aber nur selten in die Zweikämpfe, was zu 29 Gegentoren in nur neun Spielen führte. Diese Änderung dürfte dem VfL zugutekommen, da die fehlende Geschwindigkeit im Defensivverbund oft zum Problem wurde.
Hecking muss Spielerrollen beim VfL Bochum neu definieren
Hecking ist kein Trainer, der das Umschaltspiel – das Bochum gerne nutzt – zwingend forciert. Aber er ist ein Trainer, der aus dem vorhandenen Spielermaterial viel herausholen kann. Beim VfL Bochum muss er nun erst einmal die Rollen der Spieler neu definieren. „Es ist eine gute Mischung da, ich glaube auch, dass Qualität da ist, die nicht homogen ist“, sagte er unter der Woche. In ersten Gesprächen habe er festgestellt, dass sich einzelne Spieler in anderen Rollen sehen, als in denen, in denen sie eingesetzt wurden. „Ich habe es gern, dass die Spieler dort spielen, wo sie sich am wohlsten fühlen und glauben, dass sie dort die beste Qualität abrufen können.“
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Gut vorstellbar ist, dass unter ihm der zuletzt nicht mehr für den Kader nominierte Samuel Bamba neue Chancen bekommt, da Hecking bei seinen bisherigen Trainerstationen sowohl das spielerische Element mit dem Ball als auch das Flügelspiel forcierte. Aliou Baldé hingegen stellte sich selbst ins Abseits unter der Woche, weil er erneut zu spät zum Training kam. Moritz-Broni Kwarteng, der in dieser Saison bislang kaum zum Einsatz kam, könnte von Hecking genauso profitieren wie Philipp Hofmann, dem als klassischer Wandspieler wieder deutlich mehr Bedeutung zukommen dürfte.
Bis die taktischen Feinheiten sitzen, setzt Hecking auch auf andere Dinge. „Wir müssen uns auf die Werte des VfL Bochum zurückbesinnen. Es war immer der Zusammenhalt innerhalb der Kabine und des Vereins. Und das Zusammenspiel mit den Fans. Ich hoffe, dass wir das Feuer wieder entfachen können“, sagte er. Am besten schon am Samstag gegen angeschlagene Leverkusener.