Duisburg. Ralf Heskamp, Sportchef des MSV Duisburg, stellt sich nach der jüngsten Erfolglosserie der Kritik. Er sagt im Interview, was er erwartet.

Der Fußball-Drittligist MSV Duisburg findet sich nach fünf Spieltagen sieglos auf dem vorletzten Tabellenplatz wieder. Der Geschäftsführer Sport Ralf Heskamp benennt im Interview mit dieser Zeitung Gründe und sagt, was es braucht, um das Zwischenziel zur Winterpause zu erreichen.

Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Ralf Heskamp: Wir sind nicht zufrieden. Absolut nicht. Die Lage, in der wir gerade sind, ist ernst. Es fehlen die Punkte. Wir analysieren, woran es liegt.

Was hat die Analyse ergeben?

Heskamp: Von den Spielern, die die komplette Vorbereitung mitgemacht haben, haben sich zwei gleich zu Saisonbeginn schwer verletzt. Dann sind Spieler wie Alex Esswein und Tim Köther später dazugekommen. Es haben sich Spieler in der Vorbereitung verletzt wie Benjamin Girth oder Pascal Köpke. Also mussten wir Spieler anders einsetzen als ursprünglich geplant. Chinedu Ekene spielte Rechtsverteidiger. Robin Müller, der von St. Pauli kam und Regionalliga gespielt hat, sollte an die 3. Liga langsam herangeführt werden. Niclas Stierlin hat in Regensburg das erste Mal von Anfang an gespielt. Das ist so ein bisschen das Problem, dass wir die Situation hatten mit den vielen Verletzten und Kranken. Dann hatten wir auch noch die Englische Woche. Auch wenn das jetzt nach einer Ausrede klingt: Ich glaube nicht, dass es an der Qualität der Spieler liegt. Ich glaube, wenn alle bei 100 Prozent sind und alle an die Leistungsgrenze gehen, dass wir dann deutlich mehr Punkte holen werden.

Ralf Heskamp macht sich Gedanken über die aktuelle Situation.
Ralf Heskamp macht sich Gedanken über die aktuelle Situation. © Sven Sonntag/ PICTURE POINT/firo Sportphoto | Sven Sonntag

Wann wird das sein?

Heskamp: Meine Hoffnung ist, dass wir während der 14 Tage Länderspielpause das Level heben und alle nach Möglichkeit an die 100 Prozent kommen. Selbst in dem Zustand, in dem wir waren, waren wir nah dran, mal ein Spiel gewinnen zu können.

Torhüter Vincent Müller sagte: Wir könnten mehr Punkte haben, wenn wir zwei Halbzeiten spielen würden…

Heskamp: Ich habe mal die Laufdaten für die komplette Liga angeschaut. Wir sind da in allen Bereichen im oberen Drittel. Wir haben vielleicht nicht die Power. Aber ich kann der Mannschaft nicht den Vorwurf machen, dass sie nicht will.

Hier gilt ja: Ich habe mich stets bemüht!

Heskamp: Dass wir nicht effektiv sind, das ist ja keine Frage. Daran müssen wir in jedem Fall arbeiten.

Sie haben gerade in die Offensive investiert. Wie sind Sie zufrieden mit den Verpflichtungen?

Heskamp: Es war eine schwere Transferphase. Aus der wir aus meiner Sicht das Beste gemacht haben. Wenn ich auf die Tabelle schaue, dann muss ich sagen: Ich bin nicht zufrieden. Aber nach fünf Spieltagen und unter diesen Umständen ist es jedoch zu früh für ein abschließendes Urteil. Wenn man sich die einzelnen Spieler anguckt, dann sage ich: Wir haben eine bessere Mannschaft als im Vorjahr.

Der Trainer vermisst eine Führungsfigur auf dem Platz. Woran liegt es?

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Heskamp: Ich glaube, dass das es ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem ist. Und das spiegelt sich im Fußball wider. Die Alphatiere, wie es sie früher gab wie Franz Beckenbauer oder Wolfgang Overath, die gibt es so nicht mehr. Wir haben mehr die Introvertierten als die Extrovertierten. Wir haben nur einen Spieler im Kader, der extrovertiert ist: Das ist Basti Mai. Dann haben wir die erfahrenen, aber stilleren Spieler. Da ist ein Marvin Bakalorz, ein Marvin Knoll, ein Alex Esswein oder Thomas Pledl. Diese Spieler müssen mit Leistung vorweggehen, so, dass die anderen folgen.

Tut es Ihnen leid, dass sie Moritz Stoppelkamp abgegeben haben?

Heskamp: Moritz ist ja auch eher ein stiller Typ. Nein, ich stehe zu meiner Entscheidung. Wir haben das damals mit dem gesamten Trainerteam diskutiert. Und diese Entscheidung ist einstimmig gefallen. Uns war allen klar, dass wir was verändern müssen. Ich bin weiter der Überzeugung, das war richtig.

Fehlt Ihnen nicht gerade jetzt ein Spieler wie Julian Hettwer?

Heskamp: Ich habe das schon damals gesagt: Sportlich tut uns das weh. Finanziell mussten wir das machen. Wir wussten, dass wir einen Spieler mit diesem Tempo in die Tiefe nicht mehr bekommen. Alles Wenn und Aber hilft jetzt nicht weiter; sowohl bei Moritz als auch bei Julian. Das kann man nach 20 oder 30 Spieltagen besprechen. Jetzt müssen wir gucken: Was können wir besser machen?

Was muss der MSV besser machen?

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Heskamp: Wir müssen fitter werden. Das gilt für die Spieler, die noch Nachholbedarf haben. Wir müssen zielstrebiger werden, vor allem im letzten Drittel. Die Strukturen müssen passen: Dass wir eine klare Einheit haben und dass wir die Abläufe perfektionieren. Es werden jetzt auch viele Einzelgespräche geführt. Wir wollen die Spieler mitnehmen und ihre Sicht einbeziehen.

Sie stehen in der Kritik. Wie gehen sie damit um?

Heskamp: Ich treffe Entscheidungen und in dem Moment, in dem ich sie treffe, glaube ich, dass sie die richtigen für den MSV Duisburg sind. Ich habe für mich ein ruhiges Gewissen und kann mich jeden Morgen im Spiegel anschauen, weil ich weiß, dass ich das Beste für den MSV will.

Die Geschichte mit dem Aufstieg 2025 fällt Ihnen böse auf die Füße. Nervt das?

Heskamp: Was sollen wir jetzt über die Saison 24/25 sprechen? Das können wir vielleicht in der Rückrunde machen. Für mich ist jetzt wichtig, dass wir bis zur Winterpause eine einigermaßen vernünftige Situation bekommen und genügend Punkte haben. Mein persönliches Ziel ist es, dass wir uns bis dahin konsolidieren und Tuchfühlung zur oberen Hälfte haben.

Was viele Fans interessiert: Müssen Sie Caspar Jander zur Winterpause abgeben?

Heskamp: Es kommt darauf an, was bis zum Winter passiert. Stehen wir im Niemandsland, und es kommt ein Verein, der viel Geld bietet, dann muss man darüber nachdenken. Wenn wir in der Situation stehen, dass wir unten stehen oder oben, dann würde ich versuchen, ihn zu behalten. Denn er ist sportlich sehr, sehr wichtig für uns. Aber auch da gibt es eine wirtschaftliche Grenze. Denn ein halbes Jahr später ist er weg, und zwar ablösefrei.