Dortmund. Gregor Kobels Formkurve zeigt nach oben. Im Sommer könnte ein Verkauf der Nummer eins Geld in die BVB-Kasse spülen. Und zwar reichlich.

Irgendwie lief es nicht rund für Gregor Kobel am Dienstagvormittag. Ersatzkeeper Marcel Lotka spielte einen halbhohen Pass, womit Borussia Dortmunds Stammtorwart so seine Probleme hatte, der Ball sprang ihm vom Fuß. Und dann nahm auch noch Salih Özcan Anlauf und verpasste Kobel den obligatorischen Ohrenschnipser – das ist ja die Bestrafung in Profimannschaften, wenn man beim Aufwärmen im Kreis den Ball vertändelt.

Immerhin dürfte es nicht allzu weh getan haben. Kobel war wie die übrigen Profis dick eingepackt. Die Sonne strahlte zwar zum Abschlusstraining über Dortmund-Brackel, doch es war klirrend kalt, was das halbe Dutzend wetterverwöhnte portugiesische Reporter dazu veranlasste, diese Dienstreise kritisch zu hinterfragen. An diesem Mittwochabend (18.45 Uhr/DAZN) geht es für den BVB darum, das 3:0 aus dem Hinspiel gegen Sporting Lissabon zu verteidigen und ins Achtelfinale der Champions League zu springen. Und Gregor Kobel soll dabei helfen.

BVB: Weiter Luft nach oben bei Gregor Kobel

Wenn das Flutlicht im Europapokal angeht, dann war der 27-Jährige eigentlich immer zur Stelle. Vor allem in der vergangenen Saison, als der BVB sensationell ins Finale stürmte und sich dabei auf den Schweizer verlassen konnte, der seine Gliedmaßen wie Tentakel ausfuhr und so manchen Top-Stürmer wie Kylian Mbappé zur Verzweiflung trieb. Kobel ragte heraus, das zeigt auch ein Blick auf die Daten: 85 Prozent der gegnerischen Schüsse konnte er parieren, dabei insgesamt sieben Gegentore verhindern.

VfL Bochum 1848 v Borussia Dortmund - Bundesliga
BVB-Torwart Gregor Kobel gegen den VfL Bochum in Aktion. © Getty Images | Christof Koepsel

Doch auch Kobel hat in der aktuellen, kriselnden Mannschaft so seine Probleme. Nur drei Mal konnte er in der Bundesliga zu Null spielen. Die Werte sind auch in der Königsklasse eingebrochen, inzwischen ist es so, dass Kobel sogar ein Tor mehr kassiert hat, als er hätte sollen. Bezeichnend: Sein schlimmer Aussetzer gegen Schachtar Donezk (1:3), der zum Gegentor führte. Hinzu kommt, dass Kobel nicht nur in dieser Szene mit dem Ball am Fuß grobe Unsicherheiten gezeigt hat. Mit dem sturen Spielaufbau durch das Zentrum, den Ex-Trainer Nuri Sahin vorgab, schien er überfordert.

BVB: Gregor Kobel hat nun eine andere Rolle

Unter Niko Kovac hat Kobel nun wieder eine andere Rolle, kann sich auf die Kerndisziplin eines Torhüters fokussieren: Bälle halten. Der Schweizer Nationalkeeper hat den Ball nun weniger am Fuß, darf auch gerne zum langen Schlag ansetzen. „Wir dürfen nicht den Fehler machen und denken, wenn es eng wird, dass man gewisse Situationen immer spielerisch lösen kann und muss“, hatte Kovac jüngst gesagt. Es gebe „große Mannschaften in der Welt, die, wenn es eng wird, den Ball auch mal nach vorne schlagen oder notfalls auch mal auf die Tribüne. Da darf sich keiner zu schade sein.“ Sein Credo: „Wenn er das Gefühl hat, er kann aufbauen, dann soll er es machen und dann ist es auch erwünscht. Wenn nicht, dann ist es kein Problem und keine Schande, wenn man den Ball über die Mittellinie schlägt. Dann geht’s darum, dass man die zweiten Bälle gewinnt. Das ist auch ein Teil des Fußballspiels.“

BVB-Torwart Gregor Kobel im Gespräch mit Trainer Niko Kovac.
BVB-Torwart Gregor Kobel im Gespräch mit Trainer Niko Kovac. © AFP | Ina Fassbender

Kobel kommt dies zugute, weshalb Europapokal-Abende wie am Mittwoch für ihn wieder die Chance sind, sich ins Schaufenster zu begeben. Der 27-Jährige steht noch bis 2028 in Dortmund unter Vertrag, er spürt eine große Identifikation mit dem Klub, für den er seit fast vier Jahren zwischen den Pfosten steht. Andererseits strotzt Kobel vor Ehrgeiz, möchte sich mit den Besten messen, und zwar regelmäßig in der Champions League. Die Qualifikation für die Königsklasse allerdings ist in dieser Saison in akuter Gefahr. Ein Abschied von Kobel ist denkbar, wenn der BVB bei seiner Aufholjagd scheitert, und derzeit spricht ja tatsächlich wenig dafür, dass die Mannschaft in der Liga schnell die Kurve bekommt.

BVB: Diant Ramaj steht schon als Nachfolger parat

Ein anderer Faktor: das Interesse von anderen Klubs. Kobels Defizite mit dem Ball sind zwar bekannt, auf der Linie allerdings gehört Kobel zur absoluten Weltklasse. Mehrere englische Klubs, darunter der FC Chelsea, bei dem Geld keine Rolle spielt, sollen ihn verpflichten wollen. Im Raum stehen bereits jetzt Ablösen in Höhe von 50 bis 80 Millionen Euro – Beträge, die der BVB kaum ablehnen könnte, um den Kaderumbruch voranzutreiben, insbesondere dann nicht, wenn die Champions League verpasst wird. Die Dortmunder wären auf einen Abgang vorbereitet, sie haben im Sommer Diant Ramaj, 23, von Ajax Amsterdam gekauft und direkt an den FC Kopenhagen ausgeliehen. Ramaj stünde also sofort parat, wenn Kobel das Ruhrgebiet verlässt.

Das aber ist ein Zukunfts-Szenario. Die Gegenwart ist ein eiskalter Europapokal-Abend gegen Sporting Lissabon.

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