Am Niederrhein. Das Buch „So weit das Land, so frei das Herz“ spielt am Niederrhein, dabei lebt Marlene Bach in Heidelberg. Wie das zusammenpasst.
Das Land ist „so weit“, das wissen wir am Niederrhein, aber ist dadurch das Herz auch automatisch „so frei“? Die Frage muss sich Franca stellen, die sich hier, in der ländlichen Ruhe ihrer alten Heimat, eine kleine Auszeit nehmen möchte, um über den Heiratsantrag ihres Freundes nachzudenken. Doch ein Verbrechen versetzt das Dorf in Aufruhr. Und auch Francas Leben droht aus den Fugen zu geraten, als sie dem charmanten Lars begegnet, über den es dunkle Gerüchte gibt... „So weit das Land, so frei das Herz“ heißt das Buch von Marlene Bach, das am Niederrhein spielt – obwohl die Autorin selbst in Heidelberg lebt. Wie es dazu kam? Nunja, das verrät sie am besten selbst.
Frau Bach, wieso schreibt eine Heidelbergerin über den Niederrhein?
Ich bin am Niederrhein aufgewachsen und habe dort auch immer noch Verwandtschaft. Einmal im Monat fahre ich hin, der Faden ist also nie abgerissen. Das Buch ist 2020 während der Corona-Pandemie entstanden, als der Radius sehr eingeschränkt war. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich am Schreibtisch saß und aus der Enge heraus wollte. Vielleicht bin ich deshalb, zumindest gedanklich, in die Weite des Niederrheins geflüchtet. Die Landschaft ist mir sehr präsent, aber wenn man darüber schreibt, sieht man sie doch anders. Was vorher selbstverständlich war, habe ich durch die Augen der Protagonistin noch einmal neu entdeckt.
Zum Beispiel?
Die weiten Felder, die kleinen Sträßchen, die Pappelbäume mit Mistelnestern oder auch die rotbraunen Backsteinhäuser... Die Landschaft ist einfach sehr schön! Wenn man hier aufwächst, hat man als Jugendliche ja noch keinen Blick dafür. Zumindest war es bei mir so.
Mit „Elenas Schweigen” haben Sie 2006 ihren ersten Krimi veröffentlicht, dem mehrere Bände folgten. Wieso ist zum Mord nun, beim neunten Buch, die Liebe dazugekommen?
Das Buch habe ich ohne Verlagsvertrag geschrieben. Mir ging es vor allem um die Gemeinschaft der Dorfbewohner, die nach einem Mord entschieden haben, füreinander da zu sein und ein neues, besseres Miteinander zu erproben. Eine Liebesgeschichte gab‘s dabei auch schon. Der Emons Verlag, der mein Hausverlag ist, hatte mich vorher bereits angesprochen, weil es eine neue Reihe für Liebesromane geben sollte. Da passte mein Buch, nachdem ich es noch einmal überarbeitet hatte, als eine Art „Liebeskrimi“ gut hinein.
Ganz ohne Mord geht‘s dann eben doch nicht.
Ne, da schlägt die Krimiautorin schon durch (lacht).
Wie würden Sie „So weit das Land, so frei das Herz“ selbst beschreiben?
Zum einen geht‘s um eine junge Frau, die sich von einer alten Schuld befreien muss, um sich auf eine neue Liebe einlassen zu können. Zum anderen führt die Schuld eines Dorfes auch zu einem neuen Miteinander. Die Schuld ist sozusagen die Klammer zwischen den Protagonisten.
Die Menschen im Dorf Neeskamp sind liebenswert, aber auch skurril. Sind das Erfahrungen, die Sie selbst am Niederrhein gesammelt haben?
Es gab keine reale Vorlage für das Dorf, ich vermute mal, die Menschen sind hier genauso liebenswert und skurril oder nicht skurril wie anderswo. Trotzdem fließen auch die Erfahrungen mit Menschen ein, die ich am Niederrhein kennengelernt habe. Das ist natürlich nur eine Selektion, nicht alle sind so, aber ich habe viele als bodenständig und pragmatisch erlebt. Und so gibt‘s im Buch beispielsweise einen Dorfrat, in dem Probleme direkt besprochen und Entscheidungen eben auch recht pragmatisch getroffen werden.
Sie werfen dabei die Frage auf, wie wir miteinander leben wollen. Was wünschen Sie sich?
Das würde ich mit dem Zitat beantworten, das am Anfang des Buches steht. Es kommt von Rosa, der das Haus gehörte, das Franca erbt: „Ich würde mir wünschen, Neeskamp wird so etwas wie ein Virus, das sich vermehrt. Aber eines, das Gutes bringt. Das uns wieder spüren lässt, dass füreinander da zu sein, Wohlwollen und Freundlichkeit allen besser tut als Egoismus.“
Die Protagonistin Franca erleidet einen Burnout. Beschäftigt Sie das Thema deshalb, weil Sie Psychologin sind?
Nein, aber klar, als Psychologin hat man den Vorteil, dass man trainiert ist, sich in andere Personen einzufühlen und auch besondere Belastungen anderer Menschen nachzuempfinden. Wobei das natürlich nicht nur den Psychologen vorbehalten ist. Burnout ist eine Krankheit unserer Zeit, gerade bei jungen Leuten, die beruflich unter enormem Druck stehen. Meiner Hauptfigur Franca geht es da wie manch anderem auch.
Franca verliebt sich in Lars, einen verrückten Dichter... Hat Ihnen auch schon mal jemand erfundene Wörter geschenkt?
Leider noch nicht (lacht). Ich wollte aber schon lange etwas über einen Menschen schreiben, der enthusiastisch ist, wenn es um die Erfindung von Wörtern geht.
Arbeiten Sie bereits am nächsten Buch?
Im Moment nicht. Ich habe im letzten Jahr sehr viel gearbeitet, weil auch noch ein anderes Buch, „Heidelberger Hexentanz“, von mir erschienen ist. Jetzt sind erstmal eine ganze Reihe Lesungen geplant. Ein Projekt steht aber sicher noch auf meiner Liste: Ich habe auch viele nicht-kriminelle Geschichten geschrieben, die ich alle in ein Buch packen möchte.
Dann haben Sie ja nun etwas Zeit für den nächsten Besuch am Niederrhein... Worauf freuen Sie sich immer ganz besonders?
Ich esse sehr gern Panhas, was ein Problem ist, weil man das hier nicht kennt. Panhas und Sauerbraten, das ist die Küche meiner Kindheit, deshalb nehme ich davon, wenn möglich, etwas mit. Außerdem gehe ich gern spazieren.
Über das Buch und die Autorin
Marlene Bach wurde 1961 in Rheydt geboren und wuchs nahe der holländischen Grenze auf. 1997 zog die promovierte Psychologin nach Heidelberg, wo sie seit 2006 als Schriftstellerin tätig ist.
Neben Kriminalromanen schreibt sie Kurzgeschichten, mit denen sie u.a. den Walter-Kempowski-Literaturpreis gewann. Weitere Infos: www.marlene-bach.de
Das Buch „So weit das Land, so frei das Herz“ ist im Emons Verlag erschienen, zählt 320 Seiten und kostet 14 Euro.
Weil der Niederrhein so weit ist...
Genau (lacht).