An Rhein und Ruhr. Schulen bilden Schülerlotsen oft selbst aus. Für die Landesverkehrswacht sind die Freiwilligen auch heute noch von Bedeutung.

Noch etwas unsicher halten die künftigen Schülerlotsinnen und -lotsen die Kelle auf die Straße, um die Autos anzuhalten. An diesem Freitagmorgen bildet das Gymnasium in den Filder Benden in Moers wie jedes Jahr neue Verkehrshelfer aus. Und nach einigen Durchgängen gehen den Jugendlichen die Abläufe flüssiger von der Hand. Nach Ansicht der Landesverkehrswacht werde ihr Engagement auch heute noch gebraucht. Jedoch sei es auch wichtig, Schulwege zu sichern, so Sprecherin Christina Görtz.

Moers: Gymnasium und Polizei bilden Lotsen aus

„Die Schüler hatten heute Morgen eine Stunde Theorie, wo sie Verkehrsregeln gelernt haben“, erklärt Lehrerin Sevgi Gündeş. Da alle den folgenden Test bestanden haben, dürfen die 17 angehenden Lotsinnen und Lotsen kurz darauf mit Warnwesten und Kellen an der Filder Straße stehen und üben, an der Bushaltestelle die Autos anzuhalten. So soll für alle anderen Schüler der Übergang gesichert werden.

An diesem Morgen gibt es dabei keine Probleme. Die Autofahrer halten brav an und einer Schülerin fällt auf, wie langsam alle hier in der 30er-Zone fahren. „Das liegt wohl daran, dass ich hier stehe“, meint Polizei-Oberkommissarin Anja Lührig von der Dienststelle für Verkehrsunfallprävention der Kreispolizei Wesel, die heute für die Ausbildung zuständig ist.

Gerade Morgens sei hier deutlich mehr los, sagt Lehrerin Gündeş. „Da ist es hier voll auf der Straße, weil viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen.“ Auch darum seien die Schülerlotsen so wichtig, sagt Polizistin Lührig. „Gerade die Kleinen profitieren ja davon.“ Genervtes oder aggressives Verhalten von Autofahrern gebe es zwar, das sei aber selten, berichtet Gündeş. „Wir hatten mal den Fall, dass ein Fahrer unsere Schülerlotsen beleidigt hat.“ Das habe man aber direkt gemeldet.

Verkehrshelfer müssen früh aufstehen

Eher komme es vor, dass Mitschüler die Anweisungen nicht beachten, sagt Lührig den Jugendlichen. „Ihr könnt darauf hinweisen, dass sie warten sollen. Aber wenn sie trotzdem gehen wollen, lasst sie.“ Als Lotse sei man eben nicht die Polizei, sondern Verkehrshelfer. Und davon hat das Moerser Gymnasium nun 17 neue. Da aus den vergangenen Jahren noch ein paar ältere übrig seien, habe man zehn Zweierteams. „Jedes Team ist eine Woche lang im Einsatz“, erklärt Gündeş. Für den Einsatz müssen die Schüler mindestens 13 Jahre alt sein. Und früh aufstehen müssen sie. „Sie sollten um 7.25 Uhr an der Haltestelle hier stehen, da der erste Bus um 7.30 Uhr kommt“, sagt Gündeş.

Polizei-Oberkommissarin Anja Lührig zeigt den Schülerinnen und Schülern, wie man die Straße richtig sichert.
Polizei-Oberkommissarin Anja Lührig zeigt den Schülerinnen und Schülern, wie man die Straße richtig sichert. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Der Lohn für den Einsatz ist ein Vermerk im Zeugnis und eine Urkunde. Und die Anerkennung. Diese ist auch der Landesverkehrswacht wichtig. „Schülerlotsen sorgen für mehr Sicherheit auf dem Schulweg, besonders an Stellen, die sonst nicht gesichert sind“, sagt Sprecherin Christina Görtz. Die Lotsen seien daher auch heute von Bedeutung. Das zeigt auch die Statistik. Demnach seien im vergangenen Jahr 4003 Verkehrshelfer in NRW im Einsatz gewesen, darunter 1745 Schüler und 2258 Erwachsene.

Landesverkehrswacht: Immer mehr Eltern sind Verkehrshelfer

Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 3687 Verkehrshelfer, darunter 2145 Erwachsene. Abgenommen habe die Zahl nur während der Pandemie. „Geht man weiter zurück sind die Zahlen aber höher“, so Görtz. 2006 seien noch 2226 Schüler und 2187 Erwachsene tätig gewesen. „Was in den letzten Jahren auffällt ist, dass die Zahl der Erwachsenen steigt und die der Schüler abnimmt.“

Eine Erklärung für diesen Trend könnten die immer längeren Schultage sein. Ausbildung und Einsatz erfordern viel Engagement, wie Görtz betont. „Die Schüler sind heute durch die langen Schultage viel mehr eingebunden als früher. Um das aufzufangen, werden verstärkt Elternlotsen eingesetzt.“ In anderen Fällen werde versucht, den Schulweg selbst sicherer zu machen. „Wo eine Ampel ist, ist kein Lotse nötig.“ Aber auch neue Zebrastreifen, Inseln in der Straßenmitte, gesonderte Wege durch Grünanlagen, Temporeduzierungen, Schulstraßen oder Fahrradstraßen sichern Schulwege.

Essen: Straße gesperrt, Haltestellen für Eltern eingeführt

Eine dieser Schulstraßen ist nun die Essener Bardelebenstraße. Zumindest temporär. Die Straße wird montags bis freitags je von 7.45 bis 8.30 Uhr, von 13 Uhr bis 14.15 Uhr und von 15.45 bis 16.15 Uhr für den Autoverkehr gesperrt. Nur Anwohner können dann noch durchfahren und für die „Elterntaxis“ gibt es sogenannte „Elternhaltestellen“, an denen sie ihre Kinder absetzen können. An Unterrichtstagen seien in der Bardelebenstraße rund 1800 Schüler von der Bardelebenschule und dem angrenzenden BMV-Gymnasium unterwegs, so die Stadt Essen.

Landesverkehrswacht und die Kreispolizei Wesel raten außerdem dazu, den Schulweg mit denn Kindern zu üben. „Nicht immer ist der kürzeste der beste Schulweg“, meint auch Christina Görtz. „Ein sicherer Schulweg ist der, bei dem so wenig Straßen wie möglich überquert werden müssen.“