Maastricht. Die Provinz Limburg nahe der NRW-Grenze hat untersuchen lassen, ob Mini-Reaktoren gebaut werden könnten. Wie es nach dem Ergebnis weitergeht.

AKWs an der Grenze zu NRW? Das könnte in den kommenden Jahren Realität werden. Wie eine von der Grenzregion Limburg in Auftrag gegebene Studie ergeben hat, sind kleine und Mini-Kernreaktoren in der niederländischen Region technisch möglich.

Kleinere AKWs, sogenannte SMR (Englisch: Small Modular Reactors), sind aktuell Hoffnungsträger der Atomindustrie. Kleinere Reaktoren haben eine geringere Leistung und einen kleineren Reaktorkern. Sie werden als sicherer im Vergleich zu Großreaktoren vermarktet, eine Kernschmelze soll ausgeschlossen sein. Doch auch bei den kleinen AKWs gibt es radioaktive Abfälle und Sicherheitsbedenken von Fachleuten.

Provinz Limburg: Mini-AKWs müssen sich auch ohnen

Doch bevor die Provinz Limburg jenseits der Grenze politisch über die AKWs entscheiden kann, stehen weitere Phasen an Untersuchungen an.

Auf Basis der aktuellen Studie wird ab dem kommenden Jahr untersucht, ob sich die Minireaktoren finanziell und ökonomisch überhaupt lohnen, wie eine Sprecherin des Regionalpolitikers Maarten van Gaans-Gijbels auf Anfrage dieser Redaktion mitteilt.

In diesem Zeitraum werde es auch erste Befragungen in der Limburger Bevölkerung geben. Zusammengenommen sollten diese Schritte einen ersten Eindruck darüber geben, ob Mini-AKWs in Limburg gesellschaftlich durchführbar sind.

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Mit der Untersuchung zu Mini-Reaktoren ist die Provinz auf Linie mit der aktuellen liberal-konservativen Regierung unter dem niederländischem Premier Mark Rutte. Aufgrund der Klimakrise und Angst vor Energieengpässen setzt das Kabinett in Den Haag stärker auf Kernenergie und will zwei weitere große AKWs im Land.

Bislang gibt es in den Niederlanden nur ein Kernkraftwerk. Es steht im zeeländischen Borssele. Das Vorhaben für den Bau von zwei weiteren große AKWs steht im aktuellen Koalitionsvertrag festgeschrieben, ist aber vor 2030 wohl nicht realisierbar.

Niederlanden setzten wieder verstärkt auf Kernkraft

Unabhängig von den landesweiten Untersuchungen nach weiteren Groß-AKWs hatte sich die Region Limburg auf den Weg gemacht, Möglichkeiten für die Errichtung von kleine Kernreaktoren zu prüfen.

Der Limburger Liberale Gaans-Gijbels hatte die Studie ins Rollen gebracht. Er selbst befürworte Atomenergie inzwischen, wie er dieser Redaktion bereits im Juni in einem Interview sagte: „Ich selbst dachte, Kernenergie ist sehr unsicher, bis ich mich ins Thema eingearbeitet und die Vorteile gesehen habe – vor allem, was kleine Reaktoren anbelangt.“

Dass aus der niederländischen Bevölkerung aber auch durchaus kräftig Gegenwind kommen könne, weiß van Gaans-Gijbels. Vor allem auf der deutschen Seite der Grenze könnte die Möglichkeit von AKWs in unmittelbarer Nähe zu NRW für Ablehnung in Politik und Gesellschaft sorgen.

AKWs: Limburg noch nicht im Austausch mit NRW

Die Region Limburg ist eigenen Angaben zufolge noch nicht in Abstimmung mit Nordrhein-Westfalen: „In dieser Orientierungsphase, bei der es um die technische Möglichkeit von Kernenergie geht, wurde noch kein Kontakt mit den Grenzgemeinden gesucht.“ Auch Reaktionen von Deutschland aus hätten die Provinz Limburg noch nicht erreicht.

Erste Reaktionen diesseits der Grenze fallen auf Anfrage dieser Redaktion zum Teil sehr negativ aus – auch auf Landesebene. Als „völlig verantwortungslos“ bezeichnet etwa die Grünen-Fraktion im NRW-Landtag die Überlegung.

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Maarten van Gaans-Gijbels hatte den Fokus der Provinz auf Kernenergie damit begründet, dass erneuerbare Energien auf lange Sicht den Energiebedarf in Limburg nicht decken könnten und so die Klimaziele nicht erreicht würden. Es müsse nicht komplett auf Kernenergie gesetzt werden, sei aber ein vorstellbarer Teil im Energiemix.

Grüne NRW: Erste Kritik an möglichen Mini-AKWs

Für die NRW-Grünen ist das aber nur eine „Scheinlösung“ für die Energiekrise. Die FDP-Fraktion im Landtag hingegen sieht in den Mini-Reaktoren eine Chance und findet die Pläne in Limburg unterstützenswert. Ob Limburg mit großer Unterstützung und Verständnis aus NRW rechnen kann, sollten die Pläne für Mini-AKWs konkret werden, scheint derzeit also fraglich.

Doch letztendlich entscheiden die Limburger selbst, denn Kernkraft hat in den Niederlanden einen anderen Stellenwert als hierzulande. Doch selbst wenn sich eine Mehrheit in Limburg für kleine Kernreaktoren findet, ist so schnell noch nicht mit der Umsetzung zu rechnen.

Noch nicht die Zeit für Standortsuche in Limburg

Denn auch die Standortfrage liegt noch gar nicht auf dem Tisch, wie die Sprecherin von Maarten van Gaans-Gijbels bestätigt. „Es ist noch viel zu früh für eine Standortuntersuchung.“ Erst warten noch weitere Untersuchungen und politische Diskussionen auf das Projekt.

„Weitermachen, pausieren oder stoppen sind dann die Optionen“, erklärt die Sprecherin. „Selbstverständlich ist die Provinz Limburg auch abhängig von Beschlüssen in Den Haag.“ So müsse man sich noch mit der niederländischen Regierung abstimmen, bevor es wirklich zu einer Umsetzung kommen könne. „Ein Limburger Alleingang ist ausgeschlossen“, heißt es deutlich.