Aus den Niederlanden. Hochschulen warnen davor, ohne Unterkunft ein Studium in den Niederlanden zu beginnen. Bezahlbare Zimmer sind rar. Unis und Betroffene berichten.

Wenn am 1. September das neue Semester an den niederländischen Unis beginnt, werden noch nicht alle Studierenden ein Zimmer gefunden haben. In den Unistädten im Nachbarland herrscht Wohnungsnot. Deshalb haben mehrere Hochschulen – darunter Venlo, Nimwegen und Maastricht – einen Aufruf gestartet: Wer keine Unterkunft hat, bleibt besser zu Hause.

„Auch wir haben dazu aufgerufen: Wenn du kein Zimmer hast, komm nicht. Das galt vor allem für unsere internationalen Studierenden“, erklärt Wouter Josso, Direktor der Fontys Hochschule Venlo. „Letztes Jahr war die Wohnungssituation besonders schlimm. Wir in Venlo waren zwar weniger betroffen, weil wir ein großes Kontingent an Zimmern haben.“

An anderen Unistandorten seien Studierende unterdessen auf Campingplätzen oder in teuren Hotels gelandet. „Das will man nicht wieder, darum der gemeinsame Aufruf der Unis.“ Die Uni in Venlo versuche bereits, Zimmer frühzeitig zu vermitteln und Studierende aus dem Ausland wissen zu lassen, wenn das nicht klappt. Die Nachfrage bleibe aber größer als das Angebot. „Es wäre eine Lüge, wenn ich sage, wir hätten Platz für alle.“

Wohnungsnot in niederländischen Universitätsstädten

Das könne in der Konsequenz dazu führen, so die Uni Maastricht, dass Studierende sich doch gegen ein Studium in Niederland entscheiden. Die Uni Nimwegen vermittelt eigenen Angaben zufolge so frühzeitig wie möglich Zimmer an Studierende. Deutsche direkt aus der Grenzregion und Studierende aus den Niederlanden seien davon aber ausgenommen. „Wir gehen davon aus, dass sie zur Not pendeln können“, so eine Sprecherin.

Wie schwer günstige und überhaupt zumutbare Zimmer zu finden sind, weiß Lorenz Schulze-Marmeling noch genau. Der 24-Jährige studiert das Fach Niederlande-Deutschland-Studien in Münster. Er verbrachte das vergangene Wintersemester in Amsterdam. Zwei Wochen vor Semesterbeginn fand er nach langem Suchen ein Zimmer – oder eher eine „Bruchbude“.

Heißt konkret: 800 Euro für ein WG-Zimmer ohne Heizung und Internet in einem sanierungsreifen Haus. Weil es kein Waschbecken im Badezimmer gegeben habe, hieß es „Zähneputzen in der Küche oder unter der Dusche.“

+++ Sie wollen keine Nachrichten mehr aus dem Nachbarland verpassen? Dann abonnieren Sie jetzt unseren kostenlosen Niederlande-Newsletter!+++

Zuhause geblieben wäre Schulze-Marmeling wohl nicht. Aber er habe sich in Gedanken darauf eingestellt, im Zweifel ins Hotel zu gehen. „Ich habe Angebote gesehen, da wurden Hotelzimmer als Studierendenzimmer angeboten.“ Er habe mitbekommen, dass einige Mitstudierende noch im November kein festes Zimmer gefunden hätten. „Sie haben viel Geld ausgegeben.“

Wie auch Kommilitonin Eileen, die nach längerer Suche in einem kleinen Appartement in Leiden unterkam – für rund 1000 Euro. Bei einem vorhergegangenen WG-Casting mit mehreren Runden gab es Schimmel und Mäusen zu Begrüßung. „Das war hygienisch kein Zustand.“ Dafür sei das Zimmer aber günstig gewesen -- mit 400 Euro.

Auch Nick Verhoeven bezahlte über 1000 Euro für rund 30 Quadratmeter in Eindhoven. Der Niederländer habe während seines Studiums schon so einige Unterkünfte gesehen. „Die waren alle schmuddelig und teuer.“ Deshalb würden viele Studis aus dem Nachbarland lieber bei den Eltern wohnen bleiben. Auch deutsche Studierende der Fontys Venlo pendeln häufig. „Wir haben genügend Parkplätze“, so der Direktor. Doch der Anteil der Deutschen, die auch ein Zimmer in Venlo hätten, nehme zu. „Das macht das Studienleben auch schöner.“

Uni Venlo: Weniger Einschreibungen durch Aufruf

In Venlo habe der Aufruf bereits Wirkung gezeigt, so Wouter Josso. „Vor allem Studierende, die eine Aufenthaltsgenehmigung brauchen und von außerhalb Europas kommen, haben den Einschreibungsprozess abgebrochen.“

Denn vor Ort zu sein, ist wieder ein Muss: Weder in Nimwegen, Venlo und Maastricht setzen die Unis auf digitalen Unterricht wie während der Pandemie-Hochzeiten. „Das wird ab kommendem Semester nicht mehr möglich sein“, heißt es seitens der Radboud-Universität Nijmegen. Außer, es müssten aus Schutz vor dem Virus tatsächlich wieder strenge Coronamaßnahmen ergriffen werden.

„Der Online-Unterricht war übergangsweise eine reine Notfallmaßnahme“, sagt daher Venlos Unidirektor Wouter Josso und führt aus: „Lernen ist auch ein soziales Miteinander, bei dem man auch voneinander lernt. Wir sind keine Online-Hochschule.“