An Rhein und Ruhr. Umweltschutz und Klimakrise stehen bei den NRW-Grünen im Fokus des Parteitages im August. Landeschefin Neubaur kritisiert Schwarz-Gelb..
Nicht nur die Bundestagswahl am 26. September 2021 rückt immer näher, auch die im nächsten Jahr in Nordrhein-Westfalen anstehende Landtagswahl beschäftigt zunehmend die Parteien. Die Grünen wollen ihr Kernthema Umwelt sowie den Kampf gegen die Klimakrise in den Fokus rücken. Ein Leitantrag für den Parteitag am 21 und 22. August 2021 in Dortmund schlägt dazu Pflöcke ein - und darf wohl schon getrost als Blaupause fürs künftige Landtagswahlprogramm verstanden werden.
„Vier Jahre Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen waren für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz verlorene Jahre“, klagt die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur gegenüber der Redaktion (05. Juli 2021). Die Landesregierung gefährde „durch Unterlassung den Wohlstand und die Lebensräume derer, die nach uns kommen“. Was man aus Sicht der Grünen besser machen kann, ja machen muss - das zeigt der, der Redaktion vorliegende Antrag. Einige Schlaglichter:
Mehr Flächen für Naturschutz, ein Institut für biologische Vielfalt
Mit der Senne bei Paderborn wollen die Grünen einen zweiten Nationalpark für NRW - und auch sonst weitere Schutzgebiete und mehr „wilden Wald“ (10% raus der forstlichen Nutzung). Über Wiesen und Gewässerränder sollen Schutzgebiete miteinander verbunden werden, damit Tier- und Pflanzenarten wandern können (übergreifender Biotopverbund). Das Vorkaufsrecht für Verbände in Schutzgebieten soll endlich umgesetzt werden.
Viele dieser Forderungen decken sich mit denen der auch von den Grünen unterstützten Volksinitiative Artenschutz. Jene gehört dazu: Der Einsatz von Pestiziden soll in Schutzgebieten verboten und überhaupt zurückgefahren werden soll, gerade auch in Hausgärten und auf nicht-landwirtschaftlichen Flächen. Schottergärten wollen die Grünen über die Landesbauordnung wirksam verbieten.
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Die Grünen wollen eine Aufklärungskampagne zum Schutz der Artenvielfalt, wollen das auch stärker zum Thema in Schulen machen. Und sie drängen auf die Gründung eines zentralen „Instituts für Biodiversitätsforschung“.
Kohleausstieg bis 2030, Windräder auch im Wald
Die Grünen wollen, dass Kohlekraftwerke schneller abgeschaltet werden - nämlich bis spätestens 2030 und nicht erst bis 2038, wie im „Kohlekompromiss“ vorgesehen. Nötig sei das nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern auch weil die Kraftwerke Gifte wie Quecksilber ausstoßen. Landesweit soll es außerdem gerade in direkter Nähe zur Wohnbebauung mehr Messstellen zur Luftqualität geben. Noch immer wisse man „zu wenig über die tatsächliche Belastung dort, wo Menschen wohnen“, heißt es.
Rückendeckung für Kanzlerkandidatin Baerbock
Die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur hat sich hinter die unter Druck geratene Kanzlerkandidatin Anaalena Baerbock gestellt: „Sie ist die Richtige für diese immens wichtige Bundestagswahl“, sagte Neubaur der Redaktion (5. Juli 2021). Die nächste Bundesregierung benötige eine Person an der Spitze, die die Bekämpfung der Klimakrise in den Mittelpunkt stelle, die dabei einen klaren sozialpolitischen Kompass habe, die das Land erneuern wolle und sich nicht am Status Quo festklammere: „Für diesen dringend notwendigen Aufbruch steht Annalena Baerbock“, meinte Neubaur. (dum)
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien wirft Landesvorsitzende Neubaur der CDU/FDP-Landesregierung eine „Blockadepolitik“ vor. Die Grünen wollen, dass bis zu 2% der Landesfläche als Vorrangfläche für Windkraft und andere Energien ausgewiesen werden. „Wir müssen darüber diskutieren, Windräder auch an geeigneten Standorten in Waldgebieten zu bauen“, meinte Neubaur.
Umweltbehörden personell stärken, „grüne Telefone“ einrichten
Windräder im Wald? Das birgt Konflikte. Die Grünen wollen sie bei Infrastrukturprojekten durch bessere Kommunikation und belastbare Umweltverträglichkeitsprüfungen ausräumen. Ganz grundsätzlich gelte es eine „Planungskultur zu erreichen, bei der Umweltregulierung nicht als Fesseln wahrgenommen wird“. Der Flächenverbrauch durch neue Straßen, Wohn- und Gewerbegebiete soll reduziert und das 5-Hektar-Ziel wieder in den Landesentwicklungsplan aufgenommen werden. Bis zum Jahr 2035 aber müsse der Verbrauch auf Null gesenkt werden, dazu sei eine Strategie nötig.
Die Grünen wollen Umweltbehörden personell stärken (und auch das Ehrenamt im Naturschutz). „Grüne Telefone“ sollen als Beschwerdestellen für Missstände im Natur- und Umweltschutz eingerichtet werden. Die von der früheren NRW-Umweltministerin Schulze Föcking (CDU) abgeschaffte Stabstelle NRW-Umweltkriminalität soll zurückkehren.
Tempolimit auf Straßen, höhere Gebühren für laute Flugzeuge
Die Grünen wollen „eine Mobilitätsgarantie für jedes Dorf“ geben. Sie setzen grundsätzlich auf geteilte und emissionsarme Mobilität - sprich: Busse, Bahnen, Fuß- und Radverkehr sollen Vorrang erhalten. Weil sich Straßenlärm schnell durch Geschwindigkeitsbeschränkungen reduzieren lässt, wollen die Grünen Tempo 30 in Städten und Tempo 80 auf Landstraßen.
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Auf Bundesebene will man sich für Tempo 120 auf Autobahnen einsetzen; NRW soll mit Pilotprojekten vorangehen. Reduziert werden soll auch der Lärm an Flughäfen: Der Leitantrag sieht höhere Airport-Gebühren für laute Flugzeuge vor.
Ressourcenschutz und eine naturverträgliche Landwirtschaft
Die Grünen wollen weiter Druck machen für eine naturverträgliche Landwirtschaft. Die Düngeverordnung soll weiter verschärft und Verstöße konsequent geahndet werden. Im Leitantrag stellen sich Grünen gegen überdimensionierte Tiermastanlagen in XXL-Größe. Nachhaltige Landnutzung und Tierhaltung sollen stattdessen stärker gefördert werden. Mit einem „Gesunde-Kantinen“-Programm will man den Absatz ökologisch und nachhaltig erzeugter Lebensmittel steigern.
Grundsätzlich wollen sich die Grünen für ein „Ende der Verschwendung“ einsetzen. Sie wollen, das mit Ressourcen schonend umgegangen und die Recyclingwirtschaft gestärkt wird. Der Leitantrag für den Parteitag fordert ein NRW-Forschungsinstitut für Kunststoffrecycling und einen NRW-Pakt fürs Batterierecycling,. Zudem soll es eine „Bauwende“ geben- Unter anderem wollen die Grünen einen „Ressourcengebäudeausweis“, der deutlich macht, mit welchen Materialien gebaut wurde und wie diese nach Abriss wieder genutzt werden können.
Robert Habeck als Gastredner beim Parteitag erwartet
Gegenüber der Redaktion sagte Landesvorstzende Neubaur: „Im gesellschaftlichen Konsens wollen wir Nordrhein-Westfalen zu einer klimaneutralen Industrieregion entwickeln, wir wollen zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen und eine lebenswerte Umwelt bewahren.“ Zum Parteitag in Dortmund wird auch der Bundesvorsitzende Robert Habeck erwartet. Aktuell planen die Grünen mit einer Präsenzveranstaltung. Bei stark steigenden Corona-Zahlen könne man auf ein digitales Format umstellen, hieß es bei der Landespartei.