Am Niederrhein. Wölfin “Gloria“ gilt für Fachleute der DBBW bislang nicht als auffällig - wird aber weiter beobachtet. Der Herdenschutz müsse besser werden.
Wölfin "Gloria" hat bei Schermbeck verteilt über drei Jahre in wohl mindestens vier von 56 Fällen vorschriftsmäßig aufgestellte Schutzzäune überwunden und Schafe oder andere Weidetiere gerissen. Wölfe stehen unter strengem Naturschutz. Ein immer vehementer geforderter Abschuss von "Gloria" ist nach Ansicht der Umweltbehörden aber rechtlich bislang nicht klar zu begründen. „Unser gemeinsames Ziel ist die Rechtssicherheit jeder Entscheidung", betonte der Kreis Weseler Landrat Ingo Brohl (CDU).
Das NRW-Umweltministerium veröffentlichte an diesem Freitag (19. Februar 2021) Zitate aus einer Stellungnahme der anerkannten Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW). Die Experten halten eine Abschussfreigabe demnach erst für "nachvollziehbar", wenn die Wölfin beginnt, "in zeitlich-räumlich engen Abständen Nutztiere hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen zu töten, so dass man nicht von seltenen Ausnahmen ausgehen kann".
"Wölfe töten Weidetiere nur, wenn bei Gelegenheit"
Das sei aber bislang nicht der Fall. Bei dem Männchen und dem Welpen in Schermbeck gebe es bisher keine Belege, dass sie "gelernt hätten, Tiere hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen zu töten". Die DBBW-Fachleute halten ausdrücklich fest: Die Wölfe in Schermbeck ernährten sich hauptsächlich von Wild, auf Nutztiere seien sie nicht angewiesen - sie "töten Weidetiere nur, wenn sie Gelegenheit dazu haben."
Solche Gelegenheiten gab es aber offenbar reichlich. Mehr als 56 Angriffe mit einer dreistelligen Zahl von gerissenen Weidetieren gehen rund um Schermbeck nachweislich aufs Konto von Wölfen, etwa 18 bis 20 pro Jahr. Nach Angaben des Landesumweltamtes (Lanuv) waren in lediglich vier Fällen davon Herden so geschützt, wie es Empfehlungen vorsehen - durch einen 1,20 Meter hohen Elektrozaun mit durchgehend Strom.
Fördergelder werden kaum abgerufen
Experten vom Lanuv haben alle Nutztierrisse begutachtet, soweit möglich. Bei den vier Fällen beziehen sie sich auf Schafsrisse zweimal im Dezember 2019 in Hünxe, sowie im August 2020 in Schermbeck und im November 2020 in Hünxe. Sonst war der Schutz laut Lanuv schlechter, in Einzelfällen sogar de facto gar nicht vorhanden.
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Schafshalter fühlen sich zu Unrecht dem Vorwurf ausgesetzt, ihre Tiere nicht genug zu schützen. Ein Halter aus dem Kreis Wesel hat beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage auf Vergrämung oder auf Abschuss von "Gloria" eingereicht. Sie soll noch vor Sommer verhandelt werden. Tatsächlich werden Herdenschutz-Gelder bei Bezirksregierungen aber nur wenig abgerufen. Insbesondere Mittel für speziell ausgebildete Schutzhunde, die bei der Wolfsabwehr als besonders effektiv gelten, sind wenig gefragt.
Ministerin Heinen-Esser appelliert an Tierhalter
Die Stellungnahme der DBBW hatte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU in den vergangenen Wochen zweimal mit Landräten und Bürgermeistern aus der Region thematisiert. Mit Interessenvertretern wie dem Gahlener Bürgerforum stehe man ebenfalls im Austausch, hieß es auf Nachfrage der Redaktion aus dem Ministerium.
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Heinen-Esser (CDU) an Schafhalter appellierte, staatliche Hilfen beim Kauf von Elektrozäunen und Schutzhunden stärker zu nutzen. "Nur ausreichender Herdenschutz wird unsere Weidetierhaltung auf Dauer sichern", erklärte die Ministerin - "Wölfe werden sich in NRW dauerhaft etablieren". Selbst bei einer etwaigen Entnahme von "Gloria" sei immer damit zu rechnen, dass andere Wölfe in die wildreichen Wälder bei Schermbeck nachrücken.
Umweltverbände wollen einen Runden Tisch
Umweltverbände fordern einen Runden Tisch, um den Konflikt rund um Gloria zu lösen. „Wir müssen uns auf das konzentrieren, was bei einer guten Koexistenz von Wolf und Weidewirtschaft entscheidend ist - ein konsequent und effektiv umgesetzter Herdenschutz“, meinte Christian Chwallek, stellvertretender Landesvorsitzender des Naturschutzbundes (NABU).