Jerusalem. Gemischte Gefühle über Trumps Rückkehr ins Weiße Haus. Seine erste Amtszeit brachte viele Erfolge für Israel, diesmal wächst die Sorge.
In Israel ist die Freude über die Wahl von Donald Trump groß. Das zeigte sich nicht nur darin, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der erste Regierungschef der Welt war, der Trump zum Wahlsieg gratulierte – sogar noch bevor der Sieg offiziell war. Auch viele Menschen in Israel wünschten sich Trump als neuen US-Präsidenten. In Umfragen gaben mehr als zwei Drittel der Israelis an, dass Trump für Israel besser sei als Kamala Harris.
Trump weiß, dass er in Israel äußerst populär ist. „Ich könnte in Israel Ministerpräsident werden, wenn ich hier zur Wahl antreten würde“, sagte er einmal. Das liegt nicht nur daran, dass die Israelis fast immer republikanische Präsidenten bevorzugen – eine Tendenz, die sich in den vergangenen zwanzig Jahren noch verstärkt hat. Es hat auch mit Trumps erster Amtszeit zu tun, die in Israel als positiv wahrgenommen wird.
„Trump war in diplomatischen Belangen sehr großzügig“, sagt der frühere israelische Generalkonsul Asi Shariv. Er hat nicht nur die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem angekündigt, sondern auch die von Israel besetzten Golan-Höhen als Teil des Staatsgebiets anerkannt. In Israel schätzt man diesen Rückhalt.
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Trotzdem gibt es in Israel nicht nur Grund zur Freude über die Wahl. Dass Trump angekündigt hat, die Kriege in der Welt bald beenden zu wollen, hört man in Israels Regierungskreisen nicht gerne. Die Armee will ohne Druck von außen den Krieg in Gaza bis zum Ende führen können. Zudem hat Israels Regierung noch keinen Exitplan für Gaza vorgegeben, und die Kämpfe im Norden Gazas setzen sich fort. Sollte Trump Israel dabei die Unterstützung verweigern, wäre das für Israel eine Herausforderung.
In Israels Regierungskreisen befürchtet man zudem, dass diesmal einiges anders sein könnte als in Trumps erster Amtsperiode als US-Präsident. In der ersten Amtszeit erwies sich Trumps Schwiegersohn Jared Kushner als wichtiger Partner für Israel. Kushner war als Trump-Berater die treibende Kraft für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten in den sogenannten Abraham-Abkommen. Er hat ausgezeichnete Beziehungen in die arabische Welt und setzt sich dafür ein, dass Israel künftig auch Beziehungen mit dem Feindesstaat Saudi-Arabien aufnimmt – und umgekehrt. In Jerusalem rechnet man jedoch damit, dass Kushner diesmal nicht mehr Teil von Trumps Beraterstab sein könnte.
Trumps Schwiegersohn als Herausforderung?
Zur größten Herausforderung für Israel könnte aber ein anderer Schwiegersohn Trumps werden – Michael Boulos. Der Mann von Trumps Tochter Tiffany hat libanesische Wurzeln, sein Vater ist der Geschäftsmann Massad Boulos, der nach der Heirat immer mehr Einfluss auf Trump bekam. Boulos soll gute Beziehungen zur pro-iranischen Hisbollah pflegen, die sich am 8. Oktober dem Krieg der Hamas gegen Israel angeschlossen hat.
Kurz vor der Wahl gab Boulos bekannt, dass er Trumps Sonderbeauftragter für den Libanon werden könnte. „Das macht in Israel viele nervös“, sagt Generalkonsul Shariv.
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Prioritätenwechsel Trumps
Ein weiteres Problem ist Trumps Wahlkampf in Michigan, wo viele muslimische Wähler leben. Sollte sich Trump diesen Wählern stärker verpflichtet fühlen als den jüdischen Stimmen, dann könnte sich das für Israel nachteilig auswirken. Auch Trumps Vizepräsident JD Vance würde ihn davon nicht abbringen – eher im Gegenteil, glaubt Shariv. Der Politiker ist kein Verfechter eines starken US-Engagements in der Welt. Er spricht sich dafür aus, sich in Zukunft mehr auf das Inland zu konzentrieren. Das könnte bedeuten, dass Trump Israel auch finanziell weniger Unterstützung gibt.
Eine ganz konkrete, für Israel negative Auswirkung hält die US-Israel-Expertin des Dvora-Forums Shira Efron für möglich: Trump könnte die unter Biden in Israel stationierten Luftabwehrstellungen sehr bald wieder zurückholen, um sie zum Schutz von US-Truppen einzusetzen. Anders als Biden „hätte Trump keine Angst vor den politischen Konsequenzen, wenn er das tut“, sagt Efron.
Sollte der Konflikt mit dem Iran weiter eskalieren und es nach Trumps Angelobung zu weiteren iranischen Angriffen auf israelischem Boden kommen, dann wäre Israel auf die Unterstützung der USA angewiesen. Die Raketenabwehrstellungen der US-Armee spielen dabei eine wichtige Rolle, weil sie die israelischen Militärbasen vor Einschlägen durch Raketen und Drohnen schützen helfen.
Trumps Loyalität bleibt unsicher
Die größte Gefahr für Israel sei jedoch Trumps „völlige Unberechenbarkeit“, meint der Experte für US-israelische Beziehungen und in Jerusalem lebende Jurist Daniel Seidemann. „Wir können nicht in der geringsten Weise vorhersagen, was er tun wird.“ Seidemann setzt seine Hoffnungen in die nächsten zwei Monate: „Es gibt jetzt diese wundervolle Periode zwischen Wahl und Angelobung. Und da können viele Dinge passieren.“ Das Team des scheidenden Präsidenten Joe Biden hätte weniger Druck und freiere Hand für das Engagement im Nahen Osten. Auch ein Waffenstillstand in Gaza wäre im Rahmen des Möglichen.
Dass die Israelis Trump für einen großen Freund Israels halten, hält Seidemann für einen fatalen Irrtum. „Trump würde uns ans Messer liefern, wenn es ihm nützt. Momentan unterstützt er uns, weil er den Jargon der Rechten beherrscht.“ Das könnte sich aber auch wieder ändern.
Warum trotzdem so viele Menschen auf Trump herein fallen? „Trump kann Theater“, sagt Seidemann. „Und er kann es besser als alle anderen.“
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