An Rhein und Ruhr. Allein im Kreis Wesel wurden seit 2016 über hundert Nutztierrisse gemeldet. Doch wie viele Wölfe gibt es in NRW und im Kreis Wesel?

Hauptsächlich leben sie in Russland, Kanada und Alaska. In vielen Teilen seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets wurden sie durch menschliche Verfolgung ausgerottet. Seit einigen Jahren werden aber auch in Deutschland immer wieder Wölfe gesichtet. Längere Zeit war es ruhig, doch neue mögliche Risse und Vorfälle in Schermbeck, Hamminkeln und den Niederlanden lassen bei Landwirten, Pferdehaltern und Tierzüchtern wieder Sorgen aufkommen. Wie groß ist die Gefahr wirklich? Wie viele Wölfe leben tatsächlich in NRW? Und wie können Landwirte ihre Tiere schützen?

Es ist etwa 15 Jahre her, dass in NRW wieder einzelne, durchziehende Wölfe nachgewiesen werden konnten, erklärt Malte Wetzel, Sprecher des Landesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, auf Anfrage der Redaktion. Erst 2018 sei der erste Wolf in NRW dann dauernd sesshaft geworden. In den darauffolgenden Jahren wurden in NRW immer mehr Wölfe gesichtet, Schermbeck wurde offiziell zum Wolfsgebiet ernannt und im vergangenen Jahr nochmal vergrößert. Mit dem Naturpark Hohe Mark, dem Ebbegebirge, dem Dämmerwald und Leuscheid gibt es noch vier weitere besetzte Territorien in NRW.

So viele Nutztierrisse gab es bereits im Kreis Wesel

Die Raubtiere sind vor allem Landwirten ein Dorn im Auge, immer wieder werden ihre Schafe und Ziegen auf den Feldern angegriffen – allein im Kreis Wesel waren es schon über 100 Tiere. Die Fälle werden vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz erfasst. Laut diesen Daten wurden seit 2016 im Kreis Wesel insgesamt 130 Nutztierrisse gemeldet. Die Zahl beinhaltet zwar auch einige Falschmeldungen, in den meisten Fällen konnte das Rudeltier aber eindeutig nachgewiesen werden. Der Kreis Kleve wurde hingegen weitestgehend verschont. Im gleichen Zeitraum wurden hier nur 18 Nutztierrisse gemeldet, etwa die Hälfte davon waren Falschmeldungen.

Die tatsächlichen Wolfsnachweise, sei es durch Fotofallen, Nutztierrisse oder Kot- und Urinspuren, erreichten im Kreis Wesel ihren bisherigen Höhepunkt in den Jahren 2020 und 2021. Hier konnten schließlich 63, beziehungsweise 64 Wolfsnachweise bestätigt werden. Im vergangenen Jahr war diese Zahl mit 33 Nachweisen nur noch etwa halb so hoch.

Wolfsangriffe in Hamminkeln und Schermbeck? Ergebnisse noch offen

Im Frühjahr 2024 gab es dann wieder einige Sichtungen, ehe es bis in den Sommer monatelang ruhig wurde. So ruhig, dass sich der Nabu-Verband im Kreis Wesel bereits Sorgen machte, dass vier Wölfe, die zurvor mehrfach im Wolfsgebiet Schermbeck gesichtet wurden, illegal getötet worden sein könnten. Die Naturschutzverbände kritisieren die aus ihrer Sicht unbefriedigende Datenlage. „Bis einschließlich 2022 wussten viele rund um Schermbeck aufgrund der Lanuv-Daten recht gut Bescheid über die hiesigen Wölfe. Jetzt kann niemand genau sagen, ob die Wölfe noch in der Gegend sind, wie viele es sind und ob sie Junge führen. Gerüchte gibt es dazu viele, Fakten wenige. Wir brauchen hier daher wieder ein kompetentes und aktives Monitoring“, meint Rolf Fricke vom Nabu Bottrop.

Am 19. Juli gab es dann aber wieder einen Verdacht: ein Schaf in Schermbeck wurde getötet, das Tier wies große Fraßspuren auf. Zwei weitere Schafe wurden verletzt.

Am nächsten Tag folgten nochmal zwei getötete Schafe in Schermbeck, wenige Tage später wurden auch in Hamminkeln zwei tote Schafe aufgefunden. Wie bei jedem Verdacht, wurden vor Ort DNA Proben entnommen, um herauszufinden, ob tatsächlich Wölfe hinter den Angriffen stecken – die Ergebnisse stehen noch aus.

Acht Wolfsnachweise im Kreis Wesel

Tatsächlich bestätigt werden konnten im Kreis Wesel in diesem Jahr bisher acht Wolfsnachweise (in ganz NRW 115), darunter eine Fotofalle und ein Totfund nach einer Kollision mit einem Fahrzeug. Bei den restlichen Fällen wurden Schafe in Voerde und Schermbeck gerissen. „Teilweise sind dies Nachweise von mehreren Individuen, teilweise wurde aber auch ein Individuum mehrfach nachgewiesen“, erklärt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. In drei Fällen konnten Spuren der territorialen Wölfin GW954f, am Niederrhein besser bekannt als Gloria, zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Wie viele Wölfe gibt es in NRW?

Doch wie viele Wölfe gibt es insgesamt in NRW? Laut dem Landesamt wurden in diesem Jahr bisher 20 verschiedene Individuen in NRW genetisch nachgewiesen, zehn weibliche und zehn männliche Wölfe. Das bedeute allerdings nicht, dass alle davon noch in NRW unterwegs sind, auch durchziehende Tiere und Totfunde wurden hier berücksichtig, merkt Deitermann an.

Wie viele Wölfe gibt es im Kreis Wesel?

Im Kreis Wesel wurden im Jahr 2024 neben Gloria bislang zwei Wölfe nachgewiesen: die Wölfin GW3980f und der Wolf GW3616m. Bei den in diesem Jahr untersuchten Fällen von Übergriffen auf Nutztiere in NRW wurde in 28 Fällen der Wolf als Verursacher nachgewiesen. In sieben Fällen waren Haushunde die Verursacher.

Fördermittel werden nicht vollständig abgerufen

Zum Schutz der Landwirte leistet das Land NRW „eine umfassende finanzielle und beratende Unterstützung, um die Belastungen für die Tierhaltungen durch die Rückkehr des Wolfs so gering wie möglich halten“, heißt es aus dem Umweltministerium. Die Förderrichtlinie Wolf umfasst unter anderem eine Entschädigung von Tierverlusten sowie die Kostenübernahme für Herdenschutzzäune und -hunde.

Zur Verfügung stehen dafür jährlich eine Million Euro, abgerufen wurden im vergangenen Jahr nur rund 600.000 Euro, im aktuellen Jahr bisher 270.000 Euro. Die Maßnahmen würden nicht weit genug greifen, kritisieren Landwirte. Ein Gutachten des Kreises Wesel hat bereits aufgezeigt, dass Wölfin Gloria über die 1,20 Meter hohen Herdenschutzzäune springen kann. (JH)

Kostenlose Beratung

Seit 2022 kümmert sich die Landwirtschaftskammer um die Beratung zum Thema Herdenschutz. Sie empfiehlt vor der Antragsstellung, ihr kostenloses Beratungsangebot zu nutzen. Wie lange es von der Erstellung bis zur Bearbeitung eines Antrags dauere, sei abhängig vom Umfang. „Üblicherweise vergehen etwa vier bis acht Wochen.“

„Besorgte und betroffene Tierhalter sind eingeladen, sich über die Hotline telefonisch über Herdenschutzmaßnahmen, aktuelle Fördermöglichkeiten und das Antragsverfahren zu informieren. Bei Bedarf können nach telefonischem Erstkontakt Vor-Ort-Beratungstermine vereinbart werden“, schreibt die Kammer auf ihrer Internetseite. Dort wird auch auf die zentrale Servicehotline Herdenschutz hingewiesen: 02945/989898 (montags bis donnerstags, 8 bis 17 Uhr und freitags 8 bis 13 Uhr). Außerdem gibt es eine E-Mailadresse für Anfragen: herdenschutz@lwk.nrw.de.