Schermbeck. In Schermbeck soll ein Wolf erneut bei einer Züchter-Familie zugeschlagen haben – erst kürzlich hatten die Halter in Herdenschutz investiert.

Der Schafsbock Jack ist tot. Vermutlich vom Wolf gerissen. Sein kleines Lämmchen Harry wurde ebenfalls attackiert, an Kehle und Lauf gebissen. Es suchte Schutz im Unterstand. Die 20-jährige Malin Sümpelmann, der die kleine Herde von Ouessantschafen in Schermbeck-Bricht gehört, hofft, dass es die Attacke überlebt. Die junge Frau zeigt sich sichtlich bewegt, besonders weil das verletzte Lamm per Kaiserschnitt geboren wurde. „Das nimmt einen emotional doch sehr mit“, sagt sie traurig. Die Herde mit weiteren zwölf Tieren, die aus der eigenen Zucht stammen, flüchtet am Tag nach der Attacke verängstigt vor den Besuchern.

Noch vor dem großen Regen, der an diesem Mittwochmittag einsetzt, schafft es ein Mitarbeiter vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) Spuren und DNA zu sichern und sich im Maisfeld auf die Suche nach dem verschwundenen Tierkörper zu begeben. Erfolglos. Es ist der zweite mutmaßliche Wolfsriss auf dem Horstkamps Hof, am Waldweg in Bricht. Die Familie Sümpelmann, die den Hof in dritter Generation bewirtschaftet, ist schockiert, traurig und wütend.

Risse in Schermbeck: Vier von fünf Lämmern verloren

Es waren fünf Lämmchen, die im April und Mai geboren wurden. Drei von ihnen wurden bei einem mutmaßlichen Wolfsriss am 20. April getötet, eines in dieser Nacht schwer verletzt. Nun ist noch eines übrig. Malin Sümpelmann sagt: „Das ist natürlich ein Problem für die Zucht“. In den ersten Julitagen hat ihr Vater Markus Sümpelmann einen nach den Vorschriften des Herdenschutzes vorgeschriebenen Zaun gebaut. Zwischen 1,25 Meter und 1,50 Meter ist er hoch, zuzüglich einer Stromlitze und 80 Zentimetern Untergrabschutz, der mit dem Zaun verbunden ist. „Höher geht das gar nicht, dann brauchen wir eine Baugenehmigung“, erklärt Sümpelmann.

An dieser Stelle des extra errichteten Schutzzaunes soll der Wolf auf die Schafweide gelangt sein.
An dieser Stelle des extra errichteten Schutzzaunes soll der Wolf auf die Schafweide gelangt sein. © privat

Überwunden hat der Wolf den Zaun, der mit gerade mal 20 Zentimetern Abstand zum circa 1,70 Meter hohen Mais steht, wohl mit einem Sprung aus dem Stand. Unmittelbar an einer Wohnbebauung und dem Swimmingpool im Garten. Vom Schafsbock sind auf der Wiese nur noch der Pansen und der Hoden zu finden. Mehr hat der Wolf von ihm nicht zurückgelassen. In der Mitte des Zaunes zum Maisfeld finden sich Kratzspuren, sodass die Familie davon ausgeht, dass der Wolf mit dem Schafskörper den Weg über den Zaun zurückgefunden hat.

Der Wolf im Dämmerwald: Zahl der Risse steigt

An die Seite gedrückte Maispflanzen weisen darauf hin, dass er durchs Feld gelaufen sein muss. Die Familie Sümpelmann habe grundsätzlich nichts gegen Wölfe. Aber: „Es gibt Spielregeln.“ Der Wolf, der im Dämmerwald herumstreift, scheint ein sehr großer zu sein. Malin Sümpelmann berichtet, dass bei dem Riss im April Wolfstrittsiegel gefunden wurden, die die Größe eines großen Männerhandtellers hatten. Markus Sümpelmann ist sauer: „So wie das jetzt läuft, geht das nicht.“ Sein Betrieb widmet sich der Rinderhaltung, die Schafhaltung sei das Hobby der Tochter. „Wir reden hier nicht vom finanziellen Schaden“, so Sümpelmann.

Landschaftsschutz sei ein großes Thema im Betrieb, die Schafshaltung dafür ideal. Aber der Wolf bringe Unruhe in die Rinderherde, das sei täglich zu spüren. Die Sümpelmanns fragen sich, was noch passieren muss und wie sie ihre Tiere vor weiteren Wolfsangriffen schützen sollen. Am 19. Juli wurden im Lichtenhagen drei Schafe getötet, am 20. Juli in Uefte vier Schafe, drei weitere Schafe am 26. Juli in Uefte und am 30. Juli drei Schafe in Hamminkeln an der Grenze zum Dämmerwald und nun der Überfall in Bricht. Damit stiege die Zahl der Risse seit 2018 auf 157. Eine offizielle Bestätigung, dass Wölfe dafür verantwortlich waren, gibt es bisher allerdings noch nicht.